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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmidt
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notorischen Säufer nachmittags 13.00 Uhr fertig auf dem Docht und horchten in die Matratze. Jedenfalls hat Wackernagel für diese Gaststätte einen Beikoch mit sofortigem Einstieg gesucht. Eine Kochkraft ohne Zertifikat zu finden, ist eben einfacher. Natürlich war ich in der Lage, einfache Gerichte, wie z.B. Röstkartoffeln, Suppen, verschiedene Salate und auch ein Bratengericht mit hohem Zeitaufwand herzuzaubern, nicht aber im Simultanverfahren eine ganze Speisekarte abzuarbeiten. Mir fehlte eben die Routine, um die vielen Zwischenschritte während der Kochprozesse zu absolvieren. Außerdem hatte ich große Probleme mit dem Dosieren von Würzmitteln bei großen Portionen z. B. in Kochkesseln. Trotzdem, ich habe erst einmal angebissen und mich als Tausendsassa verkauft – ein Fehler, wie es sich später herausgestellt hat! Mir wurde klar, dass Wackernagel den Lohn nur für eine Art Hilfskoch übrig hatte, aber volle Leistung verlangte. Ich zog meinen besten Anzug an, band eine Krawatte um und stiefelte in Wackernagels Büro. Da stand ich nun als Erstbewerber vor meinem künftigen Chef. Er fragte mich, ob ich in meiner albernen Montur auf den Strich gehen wolle. Dabei gaffte er mich an, als sei ich ein Außerirdischer. Sollte ich mich etwa so transvestitisch gekleidet haben? Die Karten waren also völlig anders gemischt, als ich dachte. Bevor ich beleidigt war, hat mich Wackernagel tatsächlich als Beikoch eingestellt. Anschließend sollte ich mich in den Umkleideraum begeben und mir passende Küchenklamotten von der Stange nehmen. Dabei hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er mich nur deshalb beschäftigen würde, weil in seiner Küche auf äußerste »Not am Mann« sei. Dann sagte er mir ins Gesicht, dass ich ihm unsympathisch sei, aber das läge einzig und allein an mir selbst, daran hätte die Firma Wackernagel keine Aktie. Ich hatte plötzlich das Gefühl, als sei ich überflüssig auf dieser Welt – mein Selbstwertgefühl war also wieder mal dahin. Wackernagel fand mich eben zum Kotzen, obwohl er mich vorher nie gesehen hatte. Es war eben Abneigung auf den ersten Blick und das sollte ich schnell zu spüren bekommen. »Na ja«, dachte ich mir, »vielleicht kann ich dem Wackernagel eines Tages Paroli bieten!«
    Kaum hatte ich mich als Koch verkleidet, als ich über die Putzfrau den Befehl erhielt, mich vor Antritt der Küchenarbeit beim Wutscher zu melden. Ich fragte, wer Wutscher sei. Da grinste die Putzfrau und erklärte mir, dass man dem Wackernagel den »Wutscher« als Spitznamen angehängt hat. Gleichzeitig hat sie mich davor gewarnt, den Wutscher in Gegenwart des zickigen Wackernagels in den Mund zu nehmen, das könnte ich bei Strafe meines sofortigen Rausschmisses gern riskieren, nur Wackernagel selbst dürfe alles. Jetzt sollte ich nur schnellstens zu ihm »wutschen«, was laut Wörterbuch wohl auch ,schnell bewegen’ heißt. Ich bin also zu Wackernagel gewutscht, um mich erst einmal in die Mangel nehmen zu lassen. »Den Kontrakt gibt’s erst nach der Probezeit!«, sagte er und glotzte mich wieder von oben bis unten an. Zum Schluss blieb sein Blick auf meinen »Samba-Latschen«, also dem sandalenähnlichen Schuhwerk, hängen. Das musste ich sofort durch feste Lederschuhe ersetzen. Die Zeit die ich dafür benötigte, inklusive des Weges nach Hause und zurück, zog er mir natürlich gleich vom Lohn ab. Ich habe mich dann wieder zurückgemeldet, weil Wackernagel die Schuhe »abnehmen« wollte, ähnlich einem so genannten TÜV. Wackernagel hat nun mit großer Befriedigung festgestellt, dass meine Absätze schiefgelatscht waren und eine Art Mängelprotokoll angefertigt. Dann gab er mir die Anweisung, dass die Schuhe aus hygienischen Gründen ab sofort der Straße fernzuhalten sind und diese nur während des Einsatzes in der Küche zu tragen seien. Zähneknirschend bin ich die weite Strecke wieder nach Hause getrampt, um meine Sandalen zurückzuholen. All das dauerte dem Wutscher viel zu lange. Aus diesem Grund hat er letztendlich den ganzen Tag von der Lohnzahlung ausgeschlossen.

    Auf der Speisekarte standen in der Regel immer fünf Hauptgerichte und etliche Suppen vom Ochsenschwanz bis zur Tomate. Dazu gab es an jedem Tag, aber nur von Montag bis Freitag, ein billiges Tagesessen. Heute, ab 11.30 Uhr, sollte es Kohlroulade mit Kartoffelpüree geben. Mein Blick ist deshalb nur auf dieses Gericht gefallen, weil ich mit Schrecken feststellte, dass es schon 9.30 Uhr war. 9.35 Uhr hat mir Wackernagel

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