Rache einer Hure ROTE LATERNE Band 9 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
eingeladen hat. Mann, Polly war auf hundertachtzig.«
»Du ... du!« stieß er zwischen den Zähnen hervor. »Am liebsten würde " ich dich ...«
»Ich weiß, am liebsten würdest du mich umbringen. Aber da bleiben dir die Zähne sauber. Vergiss nicht, dass du noch immer mein Geld willst, und ich habe absolut nicht die Absicht, dich als meinen Erben einzusetzen, du Mistbock.«
»Pitty, gib mir 'nen Schnaps!«, keuchte Malten. »Die macht mich fertig.«
»So ist es gut«, sagte Vera. »Richtig schön wütend sollst du werden. Überkochen sollst du, wie ich gekocht habe, damals. Aber tröste dich, mein Junge, es kommt noch dicker. Ich glaube, dass Polly bald einmal die Klappe aufmacht und redet.«
Er drehte sich um. Es war eine direkt ruckartige Bewegung.
»Vera«, drohte er mit dunkler Stimme. »Vera, ich warne dich zum letzten Mal. Hör auf damit, diesen alten Käse aufzuwärmen, sonst passiert etwas, das schwöre ich dir.«
»Es kann mir nur recht sein, wenn etwas passiert. Ich werde Polly heißmachen, verlass dich darauf. Ihr kriegt alle euer Fett - alle!«
Iris Pollmann bewohnte eine schäbige Altbauwohnung in Sankt Georg. Hier in dieser Wohnung, die mitten im Dirnenviertel lag, wickelte Polly auch ihre Geschäfte ab. Sie stand zusammen mit anderen Prostituierten vor der Haustür auf der Straße. Dort pendelten die Freier vorbei, um sich eines der Mädchen auszusuchen. Manchmal hatte Polly mehr Glück und manchmal weniger. Die Konkurrenz schlief nicht, wie man zu sagen pflegte.
Doch jetzt hatte Polly zum ersten Male richtige Existenzangst bekommen. Vera war ja zurück, und Polly wusste genau, dass Vera stets eine magische Anziehungskraft auf Hubert Malten ausgeübt hatte. Iris Pollmann wusste nicht mit Sicherheit zu sagen, ob sie Hubert wirklich liebte. Nein, es war eher ein Abhängigkeitsverhältnis, geboren aus der Furcht vor Einsamkeit und Verlassenheit. Hubert gab ihr nämlich wenigstens manchmal das Gefühl eine völlig normale Frau zu sein. Er führte sie öfter einmal aus, und während dieser Stunden gelang es ihr, das elende Leben als Prostituierte in jenem schmutzigen Stadtviertel zu vergessen.
Musste Polly nun befürchten, dass diese Zeit vielleicht zu Ende ging? Sie war rasend eifersüchtig auf Vera Wassilowski. Gleichzeitig empfand sie Wut auf Hubert. Sie hatte es als einfach schamlos empfunden, dass Hubert sich mit Vera in den Austernstuben getroffen hatte. Die Blamage, die sich Polly dabei gegeben hatte, war ihr völlig gleichgültig. Sie wollte nur nicht verlieren, was sie besaß, oder was sie zu besitzen meinte. Freilich war es ein Irrtum, anzunehmen, dass ihr der Zuhälter treu sein sollte. Iris wusste nicht einmal genau, ob und wieviel andere Mädchen noch für ihn arbeiten gingen. Sie verschloss vor diesen Tatsachen ganz einfach die Augen ...
Eben setzte sich Iris Pollmann die blonde Perücke auf und zupfte die Locken sorgfältig zurecht. Ihre »Schicht« begann. Polly schminkte sich stark. Sie war heuer achtunddreißig geworden und wirkte eigentlich schon recht verlebt. Durchzechte Nächte, Alkohol, Nikotin und Männer hatten in ihrem Gesicht Spuren hinterlassen, die sie nun immer wieder mühsam zu übertünchen versuchte. In der Nacht sah man ihr das Alter nicht an. Aber unter dem erbarmungslosen grellen Tageslicht kam es zum Vorschein. Nicht selten war ein Freier an ihr vorbeigegangen und hatte sie »alte Kuh« genannt. Nicht selten war Iris auch nach oben in ihre Wohnung geflüchtet, hatte sich auf das breite Bett geworfen und geheult, bis die dicke Schminke von den Tränen weggewaschen war.
Jetzt stöckelte Polly zur Wohnungstür. In diesem Augenblick läutete das Telefon. Vielleicht war es Hubert. Sie hatte Hubert seit zwei Tagen - seit dem Skandal im Restaurant - nicht wiedergesehen. Sie hatte Sehnsucht nach ihm.
Daher trippelte sie rasch in den beinahe ärmlich eingerichteten Wohnraum zurück und riss den Hörer hoch.
»Ja, hallo?«, fragte sie atemlos.
»Ich bin es - Vera!«
»Du?«, keuchte Polly. »Was willst du?«
»Du musst sehr sauer auf mich sein, Polly!«
»Bin ich auch«, gab Iris Pollmann mit eisig klingender Stimme zurück. »Wenn du es genau wissen willst, könnte ich dich umbringen, verstehst du?«
»Ja, ja, das verstehe ich«, sagte Vera. »Deshalb rufe ich ja auch an. Ich wollte dir sagen, dass es nicht meine Schuld war. Ich wollte ja gar nicht mit ihm zum Essen gehen. Aber er bestand darauf. Ich würde dir so gerne erklären, worum es
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