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Rache ist lavendelblau

Rache ist lavendelblau

Titel: Rache ist lavendelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Ennser
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Bischofsstadt. Heidrun griff nach ihrer Tasche; das wenige Gepäck, das sie auf die Reise mitgenommen hatte, lag im Wagen, der auf dem Parkplatz vor dem Ortseingang abgestellt war. „Hoffentlich verglüht nichts, bei der Hitze heute.“ Schnellen Schrittes folgte sie, der Sonne ausweichend, einer steinernen Hausfassade ins Zentrum.
*
Ein entgegenkommender Radfahrer klingelte.
„Welcher Narr fährt in dieser Gluthölle mit dem Fahrrad?“, entschlüpfte es ihr halblaut. Ein Schatten mit einem Strohhut auf dem Kopf huschte fast lautlos an ihr vorbei. Beinahe zeitgleich vernahm sie aufgeregtes Hundegell und das jäh einsetzende quietschende Geräusch von bremsenden Reifen auf holprigem Pflaster. „Bin ich dem im Weg gestanden?“, schoss es ihr schuldbewusst durch den Kopf.
„Heidrun?“
Heidrun erschrak.
Ein Blitz traf ihr Gedächtnis. Sie erkannte die Stimme sofort. Es konnte nur die Stimme jenes Mannes sein, dessentwegen sie hierhergekommen war und den sie zu treffen hoffte. Eine Begegnung, die nicht vereinbart, nicht abgesprochen worden war, und deren Ausgang ausschließlich vom Wohlwollen des Aufgesuchten abhing. Heidruns Herz pochte und ihr Atem ging schnell, während sie sich langsam in Richtung jenes Radfahrers umdrehte, dessen Fahrtwind soeben noch ihren Arm gestreift hatte.
„Heidrun!“
Der Radfahrer schob sein Gefährt neben sich her und kam ihr lachend entgegen. Den Strohhut, der ihm beim Abspringen in den Nacken gerutscht war, nahm er kurzerhand ab und stopfte ihn in den Korb hinein, der sich über dem Hinterrad befand.
Heidrun stand, aufrecht und wie eine aus Stein gemeißelte Säule, vor Conradin.
„Heidrun, was machst du denn hier?“, waren seine ersten Worte an die Erstarrte.
„Ich, ich mache hier Urlaub“, log sie und wurde dabei ein wenig verlegen. Mit einem Schlag waren all ihre Pläne und Vorbereitungen zunichte. Das so perfekt einstudierte Erscheinen in seinem Haus, das erste Zusammentreffen mit ihrem Mann, alles hatte sie minutiös geplant und wiederholt geübt. Und jetzt, jetzt lief alles anders als sie es sich zurechtgelegt hatte. Heidrun fühlte sich wie auf einer Bühne, wie ein schlechter Schauspieler, der seinen Text vergessen hatte.
Heidrun ergriff wie im Trance wortlos die ihr entgegengestreckte Hand und starrte Conradin an.
„Er sieht noch immer gut aus, obwohl, sein Gesicht sieht ziemlich zerknittert aus, aber schlank ist er noch immer. Was soll ich sagen, was tun?“, überlegte sie krampfhaft. S chwitze ich gar? Ach, wie peinlich! Ich dumme Ziege, wieso komme ich überhaupt her? Was werden die Kinder sagen? Wie bringe ich ihnen das bei? Ich laufe davon, nein, nicht, halte durch! Mein Gott!
Conradin hatte ihre Verlegenheit bemerkt. Er ging um sein Fahrrad herum, lehnte es an die Steinbank, die an der Hausmauer mit dem groben Verputz entlangführte, in deren Schatten sie gerade aufeinandergetroffen waren und legte einen Arm um ihre Schulter.
„Schön, dich hier zu treffen. Erzähl, wo logierst du? Bist du schon lange hier? Bist du alleine?“ Conradins Fragen prasselten auf Heidrun ein, der es schwerfiel, seinem Redefluss zu folgen.
„Man sieht, dass er einige Jahre älter geworden ist, aber er ist noch immer so temperamentvoll, das weiße Leinenhemd steht ihm gut, ob er schon Brillen trägt?“ Heidrun konnte ihre Gedanken nicht ordnen, sie war zu aufgewühlt.
„Hast du Zeit? Ich möchte dich in mein Haus einladen, bitte, sag´ nicht, dass du nicht kannst.“ Ohne Heidruns Antwort abzuwarten, griff er zum Telefon. Conradin schaute Heidrun aufmunternd an, die noch immer wie eine fast Unbeteiligte vor ihm stand. Jemand nahm seinen Anruf entgegen. Ein kurzes Gespräch entspann sich, Conradin sprach schnell und leise, sodass Heidrun, deren Italienischkenntnisse gerade für touristische Belange reichten, nichts von dem so hastig Vorgetragenen verstand. Conradin lächelte und nickte zustimmend, nahm sein Fahrrad auf, dessen am Randstein scharrender Kotflügel ein kratzendes Geräusch von sich gab.
„Komm mit, Chiara erwartet uns.“
Heidruns Knie zitterten, ihr Mund war staubtrocken und die Zunge klebte am Gaumen.
„Conradin, das will ich nicht, das ist mir nicht Recht, ich will keinen Ärger in deine Familie tragen“, stammelte sie.
„Heidrun, Chiara sieht das ganz entspannt. Wir sind nicht verheiratet, weil sie das nicht wollte. Er betonte das „sie“. Irgendwann muss doch der Augenblick kommen, wo wir uns unvoreingenommen gegenübertreten können. Übrigens, die Kinder

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