Rache ist lavendelblau
mehr im Haus, das vereinfachte alles.
Conradin saß vorneübergebeugt da und starrte auf den Boden, so als suchte er im Muster eines alten, abgetretenen Teppichs nach einer passenden Antwort.
„Wie geht´s den Kindern?“, fragte er - wie beiläufig,- legte dabei aber seine Stirn in Falten.
„Wie immer unverändert. Claus scheint langsam vernünftig zu werden. Heuer hat er endlich sein Abitur bestanden, aber das weißt du ja ohnedies, nehme ich an.
„Ja, er hat´s mir geschrieben.“
„Aha, Unterstützung angefordert, oder nannte er es Belohnung? Übrigens, er hat seit längerer Zeit eine Freundin. Textildesignerin ist sie, ganz nett, aber ob das mit ihr weitergeht, wenn er im kommenden Herbst mit dem Architekturstudium beginnt? Jedenfalls gibt sie ihm zurzeit eine gewisse Stabilität.“
„Ist das jetzt sicher mit der Architektur?“
„Ich denke schon, kannst dich schon vorsorglich auf weitere Zahlungen einstellen“, ätzte Heidrun.
„Was macht Romana eigentlich, von der höre ich nie etwas.“
„Romana blockt ab, sie will weiterhin nichts von dir wissen.“
„Aber du weißt schon, dass ich immer wieder versuche, mit Romana Kontakt aufzunehmen, sie bekommt ja nach wie vor regelmäßig Taschengeld von mir.“
„Conradin“, Heidrun stockte einen Moment. „Romanas Problem kannst du nicht mit Taschengeld lösen.“ Heidrun rutschte auf ihrem Stuhl hin und her, so, als wollte sie sich eine gute Ausgangsposition verschaffen, bevor sie weitersprach. Sie hüstelte kurz und setzte dann sehr bedacht ihre Worte: „Ihr Problem bist du. Das Mädchen hat dein Weggehen nie verwunden, sie war gerade acht, als du uns Hals über Kopf verlassen hast. Sie ist jetzt sechszehn geworden, sie trinkt viel, kifft, hat schon laufend Männerbekanntschaften, und die Sache mit den Joints in der Schule ist auch noch nicht ausgestanden. Obendrein hat sie sich die Arme tätowieren lassen, sie sieht grauenhaft aus. Ich mache mir echt Sorgen um unser Kind, und du solltest das auch tun.“ Heidrun legte eine kurze Pause ein und nahm einen Schluck Wasser aus einem bereitstehenden Glas.
„Was war mit den Joints in der Schule? Davon weiß ich nichts.“
„Glaube ich dir gerne, dass du davon nichts weißt“, fauchte Heidrun, der längst klar geworden war, dass Claus seinem Vater nur die geschwisterlichen Erfolgsgeschichten zutrug, die das Zeug dazu hatten, das monatlich eintrudelnde Taschengeld wieder einmal aufzustocken.
„Sie hat in der Schule gedealt, sagen ihre Freunde, Romana streitet es aber vehement ab. Jetzt soll in einer Konferenz über ihren Schulausschluss entschieden werden. Ich weiß wirklich nicht, wie es dann mit ihr weitergehen soll.“
„Eine andere Schule?“
„Conradin, sei nicht blauäugig, keine Schule im Bezirk nimmt sie auf. Und ein Internat fernab kann ich mir nicht leisten. Ich muss froh sein, dass sich das Jugendamt nicht eingeschaltet hat.“
Conradin schwieg.
„Conradin, ich bin nicht auf Urlaub hier“, gestand sie ihm. „Ich bin hierhergekommen um mit dir über unsere Kinder zu reden. Am Telefon geht das immer so schlecht. Komme Romana wenigstens einmal besuchen, oder nimm sie auf eine Reise mit und wenn´s nur ein paar Tage sind. Ich sorge dafür, dass sie dein Angebot annimmt.“
„Aber sie will doch gar nichts von mir wissen“, brauste er auf, Heidrun unterbrach ihn brüsk.
„Sie will; aber mit ein paar belanglosen Brieflein im Jahr, und mit Taschengeld, das sie schon längst als „Vaters Sühnegeld“ verspottet, kannst du sie nicht gewinnen.“
„Ich habe halt auch ein schlechtes Gewissen“, seufzte Conradin, und nahm noch einen kräftigen Schluck. „Magst du auch noch einen?“, fragte er und deutete auf das leere Glas Heidruns, das diese neben sich am Fensterbrett abgestellt hatte. Sie verneinte und stellte das Glas, in dem der Wein dunkelrote Schlieren hinterlassen hatte, eilig auf das Tablett zurück.
*
Das Haus war klein, aber doch irgendwie gemütlich, fand Heidrun inzwischen, obwohl ihr erster Eindruck dem nicht entsprochen hatte. Das Anwesen, bestehend aus Wohnhaus, Nebengebäude, Garten und Weinberg gehörte Chiaras Eltern, einem Apothekerehepaar aus Florenz, das selten hierher kam und froh darüber war, dass sich die Tochter entschlossen hatte, mit ihren Kindern das kleine Landgut, wenigstens für ein paar Jahre, zu bewohnen. Es sollte einmal der Eltern Alterssitz werden.
„Die Kinder hat die Oma vor einigen Tagen mitgenommen, sie sind für ein paar Tage ans Meer gefahren. Schade,
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