Rache kann so sinnlich sein...
und ließ es hinter sich zuknallen.
„Ich bin da!“
Oben ertönten laute Schritte. „Gram, sie ist hier!“
Tuck riss sich die Kopfhörer heraus, während er wie ein großes Kind auf dem Treppengeländer nach unten rutschte und geschmeidig wie eine Katze auf den Füßen landete.
„Komm her und nimm mich in die Arme, Fremder“, flüsterte Summer.
Das lange Haar fiel ihm in die Augen, als er verlegen lächelnd gehorchte.
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du bist noch größer geworden“, rief sie lachend.
„Nein, du bist kleiner geworden.“
„Bin ich nicht!“, protestierte sie.
„Ohne dich ist es schrecklich still hier. Es gibt niemanden mehr, mit dem ich mich streiten kann.“
„Ich habe einen Beruf.“
„Muss schön sein“, murmelte er. „Meine berühmte Schwester.“
„Ich tue, was ich liebe, und das ist toll“, erwiderte sie viel zu begeistert. „Und jetzt bin ich hier, um dir etwas über Ehrgeiz beizubringen.“
„Ich habe einen Job! Hat Gram dir das etwa nicht erzählt?“
Bevor sie antworten konnte, betrat ihre Großmutter den Raum und drückte Summer an sich.
„Ich habe mich schon gefragt, wann mein Babygirl sich endlich mal wieder blicken lässt.“
„Nenn mich nicht so!“ Lächelnd dachte Summer daran, wie peinlich ihr der Kosename als Teenager gewesen war.
„Stell dein Gepäck ab und setz dich auf die Veranda. Du auch, Tuck. Ich bringe euch etwas, das du in deiner großen Stadt nicht bekommst, Babygirl. Ein Glas von meinem köstlichen Tee mit Minzgeschmack.“
Summer seufzte. „Gram, ich will nicht, dass du uns bedienst. Tuck, wir helfen ihr, hörst du?“
Tuck, der von Natur aus faul war, runzelte die Stirn, aber da er seine große Schwester vergötterte, widersprach er nicht. Er folgte den beiden Frauen in die Küche, wo er sich an die Wand lehnte und ihnen zusah.
„Trag wenigstens das Tablett nach draußen“, befahl Summer ihm.
Ihr Bruder nahm sich einen Schokoladenkeks. Dann läutete das Telefon, und er verschwand achselzuckend.
Summer brachte das Tablett selbst auf die Veranda und machte es sich auf dem Schaukelstuhl bequem. Endlich kam sie dazu, die Stille zu genießen. In New York und L. A. riefen ständig Leute an. Ihr Agent, Produzenten, Regisseure … und in letzter Zeit immer häufiger Journalisten.
Sie gehörte zu den begehrtesten Schauspielerinnen des Landes. Sie arbeitete hart und lebte ihren Traum. Sie hatte alles erreicht.
Jedenfalls hatte sie das geglaubt. Bis zu dem Tag an dem Edward, der neben ihr die zweite Hauptrolle gespielt hatte und im wahren Leben ab und zu als ihr Liebhaber eingesprungen war, mit ihr Schluss gemacht hatte. Nach der letzten Vorstellung des Erfolgsstücks hatte er vor versammeltem Ensemble erklärt, dass er sie leid war. Seitdem waren die Klatschreporter hinter ihr her, und sie wehrte sich gegen die schmerzliche Erkenntnis, wie leer ihr Privatleben geworden war.
Keine populäre Schauspielerin war jemals wirklich allein, erst recht nicht, wenn sie bald in einem großen Hollywoodfilm mitspielen würde. Selbst wenn sie gerade kein Engagement hatte, konnte sie ihr Apartment nicht verlassen, ohne von wildfremden Menschen fotografiert oder um ein Autogramm gebeten zu werden. Dauernd tanzte sie auf mehreren Hochzeiten – Workshops, PR-Auftritte, Proben. Wer hatte da Zeit für ein Privatleben?
Sie war einunddreißig. Die Vierzig, das Alter, in dem die Karriere einer Schauspielerin meistens zu Ende ging, erschien ihr nicht mehr so weit entfernt. Und als altmodische Südstaatlerin erinnerte ihre Großmutter sie dauernd an die biologische Uhr. Seit Kurzem schickte sie ihr sogar Fotos von all den süßen Kindern, die Summers Freundinnen aus der Schulzeit längst hatten.
„Wo wäre ich ohne dich und Tuck? Denk an meine Worte, du wirst es noch bereuen, wenn du alt und einsam endest“, hatte Gram schon oft gemahnt.
Auch um ihre Großmutter zu besänftigen, hatte Summer keine zwei Wochen nach Edwards Abgang etwas mit Hugh Jones angefangen, dem heißesten Jungstar der Westküste. War sie tatsächlich so verzweifelt gewesen?
Um die trüben Gedanken zu vertreiben, griff Summer nach ihrem Glas und trank einen Schluck Eistee. Wo blieb ihre Großmutter? Und warum telefonierte Tuck so lange? Sprach er etwa mit Zach?
Sie nahm noch einen Schluck Tee.
Immerzu fragten Reporter sie, ob sie in Hugh verliebt war. Leider war Hugh nicht der Mann, der ihr einfiel, wenn sie das Wort Liebe hörte. Nein, für sie gehörten
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