Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
wahnsinnig, abwegig war es nicht. Sie hatte nichts zu tun. Die Dreharbeiten für ihren nächsten Film würden nicht vor der kommenden Woche beginnen, und sie hatte niemanden, mit dem sie reden konnte – außer mit ihrer Mutter vielleicht, aber jetzt hätte sie eine Freundin gebraucht.
Es gab Millionen Menschen auf dieser Welt, die ihre Filme mochten, und sie war reich, schön und erfolgreich, aber das alles bedeutete ihr nichts, und dafür verabscheute sie sich selbst. Wieso konnte sie sich nicht darauf konzentrieren und ließ sich stattdessen niederschmettern von einer Schwester, die sie offensichtlich nicht ausstehen konnte, und einem Mann, den sie, wie sie sich eingestehen musste, vielleicht nie wirklich geliebt hatte?
Und dann rief Sally an.
»Hi«, trällerte sie, als sei alles vollkommen in Ordnung. »Wie geht’s dir?«
Amber lag auf dem riesigen cremefarbenen Sofa, hatte ein Glas Wein in der Hand und blätterte lustlos durch das entsetzlich abgedroschene Drehbuch zu Secret Sisters, den zu drehen sie eingewilligt hatte. Sie wusste nicht, wieso – es war derselbe Schwachsinn wie immer, vielleicht sogar noch langweiliger als ihre bisherigen Filme, und plötzlich schämte sie sich dafür. »Wie es mir geht?«, fragte Amber. Wie konnte man eine solche Frage stellen? »Tja, also …« Sie hatte keine Ahnung, was sie darauf antworten sollte. Sie blickte aus dem Fenster. Es war ein kühler, grauer Tag, sehr ungewöhnlich für diese Gegend, aber er passte zu ihrer Stimmung.
»Ich würde gerne etwas mit dir besprechen«, sagte Sally. »Würde es dir jetzt passen?«
»Willst du mir helfen, Leo umzubringen, zu zerstückeln und zu kochen?« Amber fühlte sich leicht angetrunken. »Gerne.«
»Haha.« Das Lachen klang arg bemüht. »Wow, es ist gut, dass du Witze darüber machen kannst! Und deshalb lieben die Leute dich auch so!« Sie senkte die Stimme. »Also. Leo würde dich gerne treffen und …«
»Ich will ihn aber nicht treffen«, unterbrach Amber. »Ich will ihn nie wieder sehen.«
»Das weiß er«, sagte Sally. »Er ist vollkommen fertig, Amber, absolut am Boden zerstört. Und er möchte unbedingt mit dir reden.«
Und plötzlich zerriss etwas in Amber, und das war die letzte Verbindung zu Leo. Sie war nicht wütend, obwohl sie es werden würde, das wusste sie. Aber im Augenblick fühlte sie sich vor allem müde. Sehr müde.
»Ich komme rüber«, sagte sie.
»Keine gute Idee – du wirst gar nicht reinkommen. Überall sind Fotografen, auch vor unserem Haus.«
»Das ist mir egal«, sagte Amber. Sie stand auf. »Sag ihm, ich bin in einer Stunde da. Und sag ihm, er ist ein dreckiges Schwein.«
»Ähm … mach ich«, sagte Sally.
Amber legte den Hörer auf.
»Tja«, sagte sie langsam, »das war’s dann wohl …«
Sie hatte keine Ahnung, wie sie sich fühlen sollte, aber schließlich spürte sie Zorn in sich aufkeimen, und das tat verdammt gut.
Sie stieg in ihren nagelneuen Wagen, setzte sich die riesige Sonnenbrille auf, wies Carlos an, das Tor zu öffnen, und gab Gas, brauste hinaus, an der Küste entlang, in die Stadt und hinauf nach Beverly Hills, um ihrem Liebhaber einen letzten Besuch abzustatten.
Leo begrüßte sie mit ernster Miene, als habe er eine tödliche Krankheit. »Hallo, Amber.« Er legte ihr die Hand ans Haar und nickte ihr aufmerksam zu, obwohl sie noch kein Wort gesagt hatte. »Danke, dass du gekommen bist.«
»Eines würde ich gerne wissen«, sagte Amber ruhig und stellte ihre Tasche auf den schmiedeeisernen Tisch am Pool. »Bist du glücklich?«
»Hier geht es nicht um mich«, sagte Leo.
»Oh, doch, Leo«, erwiderte sie. »Es geht immer um dich. Es geht darum, was du willst und wie du es bekommst. Und ich habe es jahrelang mit mir machen lassen.«
»Amber. Ich fühle mich schrecklich. Das musst du mir glauben.«
»Nein, das tust du nicht.« Sie konnte ihn nicht ansehen. Sie spürte Tränen in den Augen, aber es war ungemein wichtig, dass sie nun nicht zusammenbrach. »Das tust du wirklich nicht. Ich will nur wissen – bist du glücklich? Hast du bekommen, was du wolltest, indem du mit uns beiden geschlafen hast?«
»So ist es nicht, meine Liebe …«
»Ich habe dir die besten Jahre meines Lebens geschenkt, Leo. Du warst für mich wie …« Sie hatten ein Vater sagen wollen, aber das klang so fürchterlich falsch. Und dennoch war es die Wahrheit. »Du warst alles für mich, Leo … wie konntest du das nur tun?«
Er kam auf sie zu, seufzte tief. »Baby, das ist
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