Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
immerhin von dem leben, was sie verdiente, während sie selbst, Chelsea, im Bett blieb, mit Fremden schlief, jeden Tag fetter wurde … sie war eine widerliche Schlampe, sie hasste sich selbst.
Sie wurde subventioniert von einer Schwester, die nicht einmal mit ihr reden wollte. Die sie nur finanzierte, weil sie nicht wollte, dass sie in der Gosse verreckte, denn mochte es auch das passende Ende für Chelsea Stone sein – Amber würde es in keinem guten Licht dastehen lassen.
Sie rappelte sich auf und sah sich in der Wohnung um, in der sie nun seit Jahren unglücklich war. Langsam nickte sie.
Es war Zeit, etwas zu verändern.
Vielleicht musste sie erst ganz unten ankommen, um ihren Stolz zurückzuerhalten. Rasch bewegte sich Chelsea von Zimmer zu Zimmer, packte nur das Allernötigste ein und ließ alles andere, das wahrscheinlich mit Ambers Geld bezahlt worden war, zurück.
Dann zog sie die Tür hinter sich zu und ging hinunter in den schäbigen Eingangsbereich mit dem abgewetzten Teppich und der alten, abgestoßenen Tapete an der Wand. Vor der Eingangstür blieb sie stehen. Draußen warteten noch immer die Reporter, sie hörte sie durch die Tür wie das böse Summen eines Wespennests. Was sollte sie tun?
Sie klopfte an die Tür der Parterrewohnung.
»Joan«, sagte sie zu der misstrauisch dreinblickenden alten Dame, die schließlich die Tür öffnete. »Joan, können Sie mir einen Riesengefallen tun?«
Joan verdrehte die Augen. »Wieder mal den Schlüssel verloren, meine Liebe?«
»Nein.« Sie blinzelte. Sie durfte nicht weinen. »Ausnahmsweise nicht.« Sie hievte sich den Riemen der großen Tasche über die Schulter. »Ich muss von hier weg. Aber draußen stehen die Fotografen.«
»Ich hab’s schon gesehen«, sagte Joan grimmig. »Was hast du denn jetzt wieder angestellt?«
»Nichts, gar nichts«, gab Chelsea hastig zurück. Dann sah sie Joan in die Augen. »Oh, okay, ich habe mal wieder Mist gebaut. Aber es ist niemand zu Schaden gekommen. Die Sache ist die.« Tiefer Atemzug. »Ich werde für eine Weile fort sein, und ich will nicht, dass mich jemand gehen sieht. Ich muss hier weg.«
Sie schluckte, holte wieder tief Luft, schluckte wieder.
Joan musterte sie. Chelsea war eine Alptraumnachbarin – laut, versoffen, unberechenbar. Sie hatte sie schon einige Male bewusstlos auf der schmutzigen Treppe gefunden, einmal sogar auf der Türschwelle! Sie brachte merkwürdige Leute mit nach Hause, mit denen sie in ihrer Wohnung weiß Gott was machte – Joan wollte es sich lieber gar nicht vorstellen.
Aber seltsamerweise mochte sie das Mädchen. Einfach so. Chelseas Lachen war ansteckend, sie war lustig und benahm sich Joan gegenüber nicht herablassend wie so viele junge Dinger, wenn sie mit alten Leuten sprachen. Manchmal brachte sie ihr Doughnuts mit, sie tranken zusammen Tee, und sie fragte Joan interessiert nach ihrer Vergangenheit als Gaiety Girl im West End.
Ja, Joan mochte sie. Sie erinnerte sie manchmal sogar an sie selbst, als sie noch jünger war.
»Komm rein«, sagte Joan mit einem Blick auf das tränenverschmierte Gesicht, das trotz aufgeschwemmter und fleckiger Haut noch immer schön war. Sie tätschelte Chelseas Schulter. »Hinten im Garten ist ein Tor, da kommst du direkt vor der U-Bahn raus. Geht das?«
»Oh, Joan, vielen Dank.« Chelsea zog die alte Dame in die Arme. »Sie sind echt eine verdammte Heilige. Ich revanchiere mich irgendwann, versprochen.«
»Nicht fluchen«, tadelte Joan und löste sich aus Chelseas Klammergriff. »Und mach dir keine Gedanken, Schätzchen. Sieh einfach zu, dass du dich wieder in den Griff kriegst, okay? Du bist ein gutes Mädchen.« Sie tätschelte Chelseas Wange.
»Okay«, sagte Chelsea und lächelte zum ersten Mal seit langer Zeit. Sie rückte den Riemen über ihrer Schulter zurecht und verschwand im Garten.
Als sie bei der Station Ladbroke Grove angekommen war, nahm sie ein Taxi nach Soho, wo sie in einer teuren Bürogegend, ganz Glas und Beton, ausstieg und ein Gebäude betrat. Man schickte sie in die oberste Etage.
»Hallo, mein Schatz«, sagte der Mann, der auf sie zukam. »Du steckst in Schwierigkeiten, nicht wahr? Was kann ich für dich tun?«
Chelsea wusste, wie man eine Rolle spielte. »Hallo, Onkel Derek. Deine Lieblingsnichte braucht Hilfe.«
Sie sah ihn abwartend ab. Derek sagte nichts. Er stand nur da, lächelte und spielte mit seinem goldenen Manschettenknopf.
»Also?«, fragte er schließlich. »Was willst du? Ich tue alles für
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