Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
dein verdammtes Taschengeld, und wie dankst du es ihr?«
Chelsea fragte überrascht: »Sie zahlt – was?«
In Margarets Stimme lag grimmige Befriedigung. »Ja, meine Liebe. Irgendwann hättest du es ja ohnehin rausbekommen. Es gibt kein Erbe, dein Vater hat rein gar nichts mehr übrig gehabt, als er sich umgebracht hat. Es ist Amber, die die ganze Zeit für dich zahlt. Und was gibst du ihr dafür zurück?« Sie zischte nun wie ein Kessel unter Druck. »D-du dankst es ihr, indem du ihren Namen in den Schmutz ziehst! Du … Hallo? Chelsea? Bist du noch da?«
Aber die Leitung war tot.
Margaret hatte den Hörer noch nicht wieder auf die Gabel gelegt, als sie bereits ein schlechtes Gewissen bekam. Sie war viel zu hart mit Chelsea gewesen.
Margaret konnte es nicht ausstehen, im Unrecht zu sein. Aber vielleicht ließ sie Ärger an Chelsea aus, den diese gar nicht zu verantworten hatte. Sie hatte schließlich keinen Einfluss auf die Umstände und den Zeitpunkt ihrer Geburt gehabt, und sie konnte auch nichts dafür, dass Margaret jedes Mal, wenn sie ihre ältere Tochter ansah, ein Stück von dem einzigen Mann entdeckte, den sie je geliebt hatte.
Um sie herum wurden Kulissen geschleppt. Man richtete die Szene ein, während sie auf Amber warteten. Margaret verließ das Atelier und trat hinaus in den strahlenden Tag. Nach dem dämmrigen Licht im Inneren schmerzte das Weiß des hangarartigen Gebäudes in den Augen. Einen Moment lang stand sie nur da. Wieder dachte sie an den Abend, an dem sie den toten George gefunden hatte, und blinzelte. Sie würde doch hoffentlich nicht hier und jetzt ohnmächtig werden!
Bitte, bitte sagt meiner geliebten Chelsea, dass es nicht ihre Schuld war. Ich musste es tun, hätte es längst tun sollen. Ich kann nicht mehr lügen. Sagt meinen Töchtern, dass ich sie liebe.
Bitte. Georges Abschiedsbrief. Margaret schluckte und strich sich eine unsichtbare Falte in ihrem Rock glatt.
Sie dachte nur an George, wenn sie unbedingt musste. Sie hatte sich darauf getrimmt, ihn zu vergessen – zumindest, soweit es möglich war. Fragen nach ihrem verstorbenen Ehemann beantwortete sie mit einer mechanischen Höflichkeit, die verhinderte, dass sie sich ernsthaft mit seinem Selbstmord auseinandersetzen musste. Noch immer hatte sie sich nicht dem gestellt, was in jener Nacht wohl passiert sein mochte.
Die Leiche des eigenen Mannes zu entdecken war schlimm. Festzustellen, dass der eigene Mann am Rand des Bankrotts stand, war ebenfalls schlimm. Aber dann noch herauszufinden, dass er schwul gewesen war … Hm. Wenn sie ehrlich war, musste Margaret sich eingestehen, dass sie nicht wusste, was sie empfand. Sie war seit so langer Zeit bemüht, aus jeder Situation das Beste zu machen und ihre wahren Gefühle zu unterdrücken, dass alles, was nicht in diesen Plan passte, bald in der Versenkung verschwand.
Mit Derek sprach sie nur, wenn es nicht anders ging. George verdrängte sie zunehmend aus ihren Erinnerungen. Und mit Chelsea tat sie, wie ihr plötzlich aufging, genau dasselbe!
Sie nahm das Telefon und wählte. Trotz allem liebte sie ihre älteste Tochter, natürlich tat sie das. Das Kind hatte viel durchmachen müssen. Vielleicht war es an der Zeit, die Vergangenheit wirklich hinter sich zu lassen.
»Die von Ihnen gewählte Nummer ist zurzeit nicht verfügbar«, sagte die mechanische Frauenstimme vom Band. »Bitte überprüfen Sie sie und versuchen Sie es erneut. Die von Ihnen gewählte Nummer ist zurzeit nicht verfügbar.«
Sie versuchte es weiter, sowohl auf dem Festnetz als auch auf Chelseas Handy.
Keine Antwort.
Als Margaret zwei Stunden später bei der Telefongesellschaft anrief, weil sie sich Sorgen zu machen begann, informierte man sie, dass die Verbindung getrennt worden war. Der Mobilanbieter sagte dasselbe – der Vertrag war aufgelöst worden, die Nummer sei nicht erreichbar. Chelsea hatte die Wohnung verlassen und war fort.
Und trotz ihrer festen Vorsätze, es wirklich zu versuchen, hätte Margaret ganz und gar nicht gutgeheißen, was Chelsea als Nächstes tun würde.
Das Gespräch gab Chelsea den Rest.
Sie war wirklich ganz unten angekommen. Das erkannte sie jetzt.
Sie ließ den Hörer sinken, aus dem noch die quäkende Stimme ihrer Mutter drang, während ihr die Tränen über die Wangen strömten.
All die Jahre über hatte sie also auf Kosten ihrer Schwester gelebt. Lauthals hatte sie über Amber geschimpft, die sich und ihre schöne Stimme verkauft hatte, aber Amber konnte
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