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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Patterson
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die Sache, mein schlechtes Gewissen nur noch schlimmer.
    »Es wird alles wieder gut«, beruhigte ich sie. »Du wirst nicht sterben.«
    Dann blickte ich mich um, sah aber nur den leeren Bahnsteig hinter mir. Doch er war nicht leer. Das wusste ich, und Torenzi wusste es mit Sicherheit auch.
    Langsam traten die sechs Männer der Sondereinheit, die Keller eingesetzt hatte, aus ihren Verstecken. Sie waren mit
Sturmgewehren mit Hochleistungszielfernrohren bewaffnet. Laut ursprünglichem Plan hätten sie Torenzi schnappen sollen, sobald er von Elizabeth ausreichend weit entfernt gewesen wäre.
    Doch jetzt hatte Torenzi alle Fäden in der Hand. »Steig mit dem Mädchen in den Zug«, wies er mich an. »Erster Waggon.«
    Es war verdammt entnervend, ihn nicht sehen zu können. Ich sah nur Elizabeth, die mit ihrem Blindenstock vor mir stand. Was er doch für ein feiges Schwein war. Und nicht nur er, denn auch D’zorio musste in diese Sache verwickelt sein. Und seine anderen Männer. Allein konnte Torenzi dies hier nicht durchziehen. Oder doch?
    Ich ging den Bahnsteig entlang und griff nach Elizabeths Hand. »Ich halte dich fest«, sagte ich.
    »Lass mich nicht wieder los«, füsterte sie.
    »Werde ich nicht«, versprach ich.
    Kaum waren wir gemeinsam in den Zug gestiegen, schlossen sich die Türen hinter uns. Der noch laufende Motor heulte auf, und der Zug setzte sich wackelnd in Bewegung.
    Aber wohin?
    Und wo steckte Torenzi?
    »Willkommen an Bord«, hörte ich plötzlich seine Stimme. Allerdings nicht mehr über Lautsprecher.
    Ich drehte mich um. Dort stand er, etwa vier Meter entfernt, neben der Fahrerkabine. Er trug denselben Anzug und dieselbe Sonnenbrille und strahlte dieselbe »Versuch’s erst gar nicht«-Haltung aus. In einer Hand hielt er ein kleines Gerät, das wie ein Klapphandy ohne Klappe aussah. Es war der Zünder.
    In der anderen Hand hielt er eine Waffe. Sie war auf den Kopf des Zugführers gerichtet.

    »Und jetzt?«, fragte ich Torenzi.
    Er nickte langsam. »Das wirst du schon sehen. Ein Schritt nach dem anderen.«

94
    Torenzi war uns einige Schritte voraus. Er stand über allem, und das war beängstigend. Er hatte über die Sicherheitskameras in der Fahrerkabine alle Türen überwacht, so dass kein ungeladener Gast, auch kein Revolverheld, in den Zug steigen konnte. Nur der Fahrer, Nick Daniels und Daniels’ Nichte befanden sich im Zug. Ein hübsches kleines Trio, das leicht zu handhaben war. Jedenfalls so lange, wie er die drei brauchte.
    Ja, Torenzi stand über allem. Allerdings nicht auf dem Zug.
    Dort nämlich befand sich Agent Keller.
    Das Dach wurde nicht von Kameras überwacht. Zudem befand sich ein Deckel auf dem Triebwagen, der sich von außen öffnen ließ. Zumindest hatte ihm das ein Mitarbeiter der städtischen Verkehrsbetriebe gesagt, bei dem er in der Grand Central Station einen Schnellkurs auf einem entsprechenden Zug absolviert hatte.
    »Glauben Sie mir, Sie werden den Deckel sehen, sobald Sie oben sind«, hatte der Mitarbeiter ihm versichert.
    Und so war es auch.
    Sobald sich Plan A zerschlagen hatte, hatte sich Keller auf Bahnsteig 19 von einem der Stahlträger über dem Zug aufs Dach gleiten lassen. Das letzte Mal hatte er so etwas zwölf Jahre zuvor in Quantico getan. »Man kann nie wissen«, hatte sein Ausbilder gesagt.
    Und auch der Ausbilder hatte recht gehabt.
    Keller war auf dem Dach gelandet, bevor sich der Zug knapp eine Minute später wieder in Bewegung gesetzt und
den Bahnhof verlassen hatte. Er löste den Karabinerhaken und duckte sich wie ein Surfer, der auf einer Monsterwelle ritt. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Die Luke auf dem Dach befand sich keine drei Meter von ihm entfernt. Während er darauf zukroch, griff er nach den beiden Werkzeugen, die ihm der Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe gegeben hatte. Das erste war ein Akku-Schraubendreher mit 3200 Umdrehungen pro Minute, ausgestattet mit einem Halb-Zoll-Flachkopf-Bit, um das Drehmoment zu maximieren. Das zweite Werkzeug war etwas primitiver: eine Brechstange.
    »Wenn Sie die vier Schrauben gelockert haben, müssen Sie den Deckel mit viel Schmackes abheben«, hatte ein Techniker ihm erklärt. »Das Ding lässt sich nur schwer öffnen.«
    Die Luke bot die einzige Möglichkeit, unentdeckt ins Zuginnere zu gelangen. »Muss ich noch was wissen?«, hatte Keller den Techniker gefragt.
    »Nein, ich glaube, das war’s.«
    Denk noch mal nach!
    Von seinem eigenen technischen Talent geführt, löste Keller rasch die vier Schrauben.

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