Racheklingen
fragen? Wie … unhöflich. Ich fürchte, Sie sind viel zu sehr Soldat und zu wenig Politiker. Ich fürchte, ich bin das Gegenteil. Worte mögen mächtiger sein als Klingen, wie Juvens einmal sagte, aber ich habe inzwischen teuer für die Erkenntnis zahlen müssen, dass es Zeiten gibt, in denen spitzes Metall durch nichts zu ersetzen ist.«
»Wir leben in den Blutigen Jahren.«
»In der Tat. Wir alle sind die Gefangenen unserer Lebensumstände, und diese Umstände haben mir ein weiteres Mal keine andere Möglichkeit als den bitteren Rückzug gelassen. Der edle Lirozio, Herzog von Puranti und Besitzer dieses wunderbaren Badehauses, war ein so standhafter und kriegerischer Verbündeter, wie man ihn sich nur wünschen konnte, solange Herzog Orsos Macht sich nur bis zu den Stadtmauern von Musselia erstreckte, viele Wegstunden entfernt. Sie hätten hören sollen, wie er mit den Zähnen knirschte und wie sein Degen danach dürstete, aus der Scheide zu fahren und heißes Blut zu vergießen.«
»Männer reden gern über das Kämpfen.« Monza ließ den Blick über die trotzigen Gesichter von Rogonts Beratern gleiten. »Manche kleiden sich auch gern entsprechend. Aber es ist dann doch etwas anderes, Blut auf die Uniform zu bekommen.«
Zornige Kopfbewegungen bei einigen der Pfauen, aber Rogont lächelte nur. »Das habe ich inzwischen ebenfalls bedauernd festgestellt. Inzwischen wurden dank Ihnen die Stadtmauern von Musselia gestürmt, dank Ihnen fiel Borletta, und auch Visserine wurde niedergebrannt. Das Heer von Talins, das eindrucksvoll von Ihren früheren Kameraden, den Tausend Klingen, unterstützt wird, plündert inzwischen das Land direkt vor Lirozios Schwelle, und die Begeisterung unseres braven Herzogs für Trommeln und Trompeten ist längst stark geschwunden. Mächtige Männer sind so unbeständig wie das dahinströmende Wasser. Ich hätte mir schwächere Verbündete suchen sollen.«
»Ist jetzt ein bisschen spät dafür.«
Der Herzog blies die Backen auf. »Zu spät, zu spät, das wird einmal auf meinem Grabstein stehen. Bei Föhrengrund kam ich zwei Tage zu spät, und der hitzige Salier hatte bereits ohne mich gekämpft und verloren. Und daher war Caprile hilflos Ihrem wohl dokumentierten Zorn ausgesetzt.« Das war eine närrische Darstellung dieser Geschichte, aber Monza sagte dazu einstweilen nichts. »In Musselia traf ich mit all meinen Mannen ein und war bereit, die großen Mauern zu verteidigen und die Pforte von Etris gegen Sie zu halten, aber ich musste feststellen, dass Sie die Stadt bereits einen Tag zuvor eingenommen und völlig ausgeplündert hatten, um sich selbst hinter der großen Stadtmauer zu verschanzen.« Das war eine noch größere Verdrehung der wahren Ereignisse, aber Monza hielt ihre Zunge im Zaum. »Am Hohen Ufer dann wurde ich unvermeidlich vom verspätet eintreffenden General Ganmark aufgehalten, während Herzog Salier, ebenfalls verspätet, fest entschlossen war, sich nicht noch einmal von Ihnen übertölpeln zu lassen, und dann doch erneut zum Narren gehalten wurde. Sein Heer wurde in alle Himmelsrichtungen zerstreut wie Spreu von einem starken Wind. Und Borletta …« Er schob sich die Zunge zwischen die Lippen, deutete mit dem Daumen auf den Boden und machte ein lautes Furzgeräusch. »Und der tapfere Herzog Cantain …« Er zog mit dem Finger eine Linie über seine Kehle und blies noch einmal durch Zunge und Lippen. »Zu spät, zu spät. Sagen Sie mir, Generalin Murcatto, wie kommt es, dass Sie stets als Erste auf dem Schlachtfeld sind?«
»Ich stehe früh auf, gehe vor dem Morgengrauen kacken, achte darauf, in die richtige Richtung zu schauen, und lasse mich von nichts aufhalten. Und ich versuche natürlich auch wirklich, das Schlachtfeld zu erreichen.«
»Was wollen Sie damit sagen?«, verlangte ein junger Mann neben Rogont zu wissen, der noch zornesröter aussah als die anderen.
»Was ich damit sagen will?«, äffte sie ihn nach und zog ein Idiotengesicht, bevor sie sich wieder an den Herzog wandte. »Dass Sie Föhrengrund hätten erreichen können, aber beschlossen, lieber zu trödeln. Denn Sie waren sich völlig darüber im Klaren, dass der stolze, dicke Salier lospissen würde, bevor er sich die Hosen vernünftig heruntergezogen hatte, und höchstwahrscheinlich seine ganze Kraft verschwenden würde, ob er nun gewann oder nicht. Er verlor und sah aus wie ein Narr, während Sie als der weisere Partner dastanden, genau, wie Sie gehofft hatten.« Nun war es Rogont, der
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