Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
Auffassung gekommen, es sei eine gute.
Mit enormer Anstrengung gelang es mir, nicht unter dem Schock zusammenzubrechen und vor Margaret und Paul so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Dann, mitten in mein Unglück hinein, das mir fast die Sinne raubte und den Magen umdrehte, sagte Margaret: »Rachel, du musst mit nach Hause kommen. Dad hat schon einen Platz für dich in Cloisters reserviert.« Ich hatte das Gefühl, dass man mir eine Rettungsleine zuwarf.
Cloisters! Cloisters war berühmt.
Hunderte von Rocksängern hatten sich in das ehemalige Kloster in Wicklow einweisen lassen (wo sie sich gleichzeitig dem Zugriff ihres Finanzamtes entzogen, das war ja klar) und blieben dort die erforderlichen zwei Monate. Und bevor man Zeit hatte zu sagen: »Für mich bitte ein Sprudelwasser«, hatten sie aufgehört, Kleinholz aus Hotelzimmern zu machen und ihre Autos in Swimmingpools zu fahren, und brachten stattdessen ein neues Album heraus, traten in jeder Talkshow auf, sprachen leise und freundlich und hatten die Haare sauber geschnitten und gekämmt, während die Kritiken von einer anderen Qualität und einer neuen Dimension ihrer Musik sprachen.
Ich hätte nichts dagegen, nach Cloisters zu gehen. Das wäre keine Schande. Ganz im Gegenteil. Und man wusste nie, wem man dort begegnen würde.
Dass Luke mit mir Schluss gemacht hatte, warf ein ganz neues Licht auf mein Leben.
Vielleicht wäre es nicht das Schlechteste, wenn ich eine Weile aus New York verschwand, dachte ich. Besonders, da es ja so schien, als würde mir der Spaß an diesem Leben gründlich verdorben. Es musste ja nicht für immer sein, nur für ein paar Monate, bis es mir wieder besser ging.
Was konnte es schon schaden, da ich jetzt sowieso keine Arbeit und keinen Freund mehr hatte, die mich halten konnten. Eine Stelle zu verlieren, war nicht so schlimm, schließlich konnte ich mir jederzeit eine neue suchen, aber den Freund ... nun ja ...
»Was meinst du, Rachel?«, fragte Margaret besorgt. »Hast du dich entschieden?«
Natürlich musste ich erst noch ein bisschen protestieren. Ich konnte ja nicht zugeben, dass mein Leben so wertlos war, dass ich es ohne mit der Wimper zu zucken einfach hinwerfen konnte. Also leistete ich einigen Widerstand, aber es war nur leeres Gehabe.
»Wie würde es dir gefallen, wenn ich in dein Leben hineinmarschierte und sagte: ›Los, Mags, jetzt verabschiede dich mal von Paul und deinen Freunden, von deiner Wohnung, deiner Arbeit und deinem Leben, und dann bringen wir dich in eine Klapsmühle dreitausend Meilen von hier, obwohl dir gar nichts fehlt.‹Was würdest du dann sagen?«
Margaret war den Tränen nahe. »Rachel, es tut mir leid. Aber es ist keine Klapsmühle und ...«
Ich konnte die Show nicht lange aufrechterhalten, weil ich es nicht ertrug, wenn ich Margaret unglücklich machte. Auch wenn sie komisch war, ihr Geld zusammenhielt und den ersten Sex erst in der Ehe hatte, so mochte ich sie doch. Und als ich sagte: »Margaret, wie kannst du mir das ruhigen Gewissens antun? Wie kannst du nachts ruhig schlafen?«, hatte ich meinen Widerstand schon auf- gegeben.
Brigit, Margaret und Paul wechselten erleichterte Blicke, als ich sagte: »Also meinetwegen, ich komme mit«, und das ärgerte mich, weil sie so taten, als sei ich leicht debil.
Nachdem ich mich erst einmal an den Gedanken gewöhnt hatte, schien es mir eine gute Idee, an einen Ort zu kommen, wo ich mich entspannen konnte. Eine großartige Idee sogar.
Ich hatte seit Ewigkeiten keine Ferien gemacht. Ein bisschen Ruhe und Erholung konnten mir nur guttun. Ein Ort, wo ich mich verstecken und mir meine Luke-förmigen Wunden lecken konnte.
Die Worte von Patrick Kavanaghs Advent gingen mir im Kopf herum: »Wir haben zu viel geschmeckt und gekostet, Geliebter, durch einen zu breiten Spalt dringt kein Staunen.«
Über Cloisters hatte ich schon viel gelesen, und es klang wunderbar. Ich stellte mir vor, dass ich mich, in ein großes Badetuch gewickelt, auf einer bequemen Liege entspannen würde. Ich träumte von Dampfbad, Sauna, Massage, Algentherapie und dergleichen mehr. Ich würde nur Obst essen, gelobte ich, Obst und Gemüse. Und ich würde literweise Wasser trinken, mindestens acht Gläser pro Tag, um meinen Körper durchzuspülen und mich zu reinigen.
Bestimmt würde es mir guttun, mal einen Monat ohne Alkohol und ohne Drogen auszukommen.
Einen ganzen Monat, dachte ich plötzlich voller Panik. Doch in dem Moment zeigte das Valium seine beruhigende Wirkung. Zum
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