Rachel ist süß (German Edition)
mich bitte nicht auf ein Knie sinken und bekennen, dass Abende mit dir wirklich lustiger sind als Abende mit zweifelhaften Aufsätzen. Geh einfach mit mir tanzen.“
Kai hielt ihr schweigend die zum Handkuss abgeknickte Handfläche entgegen, die Inga spielerisch zur Seite schlug. Daraufhin streckte Kai ihren erhobenen Zeigefinger drohend vor Ingas Gesicht. „In einer Woche kannst du dich wieder ganz auf die ,ernsthaften Dinge‘ konzentrieren, bis dahin gehörst du mir.“
Bis dahin gehöre ich dir, dachte Inga und fühlte sich gleichzeitig lebendig und schuldig.
Am Sonntagmittag erwachten sie beide mit dem gleichen brüllenden Kopfschmerz in ihren getrennten Zimmern.
Inga schleppte sich, ihre schmerzenden Knochen und ihre pelzige Zunge ins Arbeitszimmer und setzte sich neben Kai auf die Luftmatratze. „Ich muss sterben und du bist schuld, Cocktail-Königin!“ Kai hob kurz den Kopf und sank dann mit einem Mitleid erregenden Seufzer wieder zurück auf die eigenartig flache Matratze. „Die Luft ist raus“, murmelte sie mit der Hand über den Augen.
„Was?“ Inga versuchte vergeblich, die Welt am Rotieren zu hindern.
„Die Matratze.“ Kai ließ sich nicht zu ganzen Sätzen hinreißen.
Inga fühlte über die blaue geriffelte Fläche und stellte fest, dass Kai die Nacht quasi auf dem Boden verbracht hatte. „Warum bist du nicht aufgestanden?“
„Wie denn? Es dreht sich doch alles.“
„Los komm.“ Inga zog Kai an einer Hand hoch und ignorierte die eigene Übelkeit und das Jammern der jungen Frau. „Ich koche uns einen Tee und wir schlafen danach in meinem Bett weiter.“
Kai ließ sich im Schlafzimmer willenlos in Ingas Bett fallen und zog sich sofort die Decke über den Kopf. „Inga ist nett. Tanzen ist nett. Cocktails sind bunt und böse“, hörte man sie unter der Bettdecke flüstern. Inga beschloss, den Tee auf später zu verschieben, und rollte sich mit unter die große Decke. „Rück ein Stück, mach die Augen zu, schlaf weiter und es kann sein, dass wir beide überleben.“ Kai legte sich dicht hinter sie und seufzte tief. „Du wirst das wissen, du bist älter.“ Dann schlief sie ein und Inga befahl ihren wild hin und her laufenden Blutkörperchen, Pantoffeln anzuziehen, um Kai nicht mit ihrem Getrappel zu wecken. Irgendwann schlief sie ein und machte sich glauben, dass ihre Hand sich erst im Schlaf auf den weichen Schenkel hinter ihr verirrt hatte.
„Wie bin ich denn hierhingekommen?“ Am späten Nachmittag schlug Kai als Erste die Augen wieder auf. Inga rückte schuldbewusst ein wenig von dem warmen Körper neben ihr ab und sagte mit heiserer Stimme: „Ich habe dich heute morgen in kritischem Zustand von deiner luftleeren Matratze gerettet.“
„Echt?“ Kai überlegte einen Augenblick. „Stimmt. Ich habe furchtbaren Durst. Was ist eigentlich aus dem Tee geworden?“
„Nichts. Mir war zu übel.“
„Dann mache ich uns jetzt einen.“ Sie erhob sich sehr vorsichtig und drehte den Kopf probeweise nach rechts und links. „Bis zur Küche wird es gehen.“
Sie verbrachten den Rest des Nachmittags im Bett und lachten gemeinsam über die vergangene Nacht. „Ich glaube, dieser Sven stand auf dich.“ Inga imitierte die ausladenden Tanzbewegungen des Studenten der Ostasienwissenschaft, den sie in der Nacht kennengelernt hatten. Kai imitierte einen schlimmen Übelkeitsanfall.
„Was war denn falsch an Sven? Es wäre doch wunderbar, wenn du hier jemanden kennenlernst, dann würdest du an den Wochenenden oft hier sein und wir könnten in Zukunft zu viert ausgehen.“ Das einzige, was Inga an diesem Plan gefiel, war die Tatsache, Kai regelmäßig zu sehen. Kai sah sie mit dem Kopf auf ihrem nackten Arm liegend an. „Könnte ich dich nicht auch ohne Sven besuchen?“ Inga ließ sich auf ihr eigenes Kissen sinken und schaute in das ernsthafte, schöne Gesicht, das so nah neben ihrem lag. Plötzlich konnte sie verstehen, was Männer an jungen Frauen fanden. Sie wollte auch über diese glatten, weichen Wangen streichen, wollte ihre Hand über diesen Hals fahren lassen und den Puls an der bläulichen Ader fühlen. Das Leben liegt neben mir, dachte sie, das ganze Leben.
„Du kannst uns jederzeit besuchen, das weißt du doch.“ Ihr eigener Satz riss sie zurück in die Realität und sie wechselte das Thema. „Hast du überhaupt schon einmal eine längere Beziehung gehabt?“
„Die letzten drei Jahre. Aber es ist
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