Rachel ist süß (German Edition)
nicht wirklich warum. „Wir können ja heute Abend, wenn ihr wieder da seid, zusammen essen.“ Kai sah sie kurz verwundert an und drehte sich dann um. „Ich ziehe mich an und dann kann es losgehen.“ Vor ein paar Minuten hatte ihre Stimme noch viel lebendiger geklungen. Christian stand mitten im Flur und sah den beiden Frauen, die in unterschiedlichen Zimmern verschwunden waren ratlos, hinterher. War vielleicht doch alles etwas anstrengender für Inga, als es am Telefon geklungen hatte, überlegte er. Die beiden schienen nicht sehr wild darauf zu sein, mehr Zeit als nötig miteinander zu verbringen.
Was immer auch Inga an diesem Samstag anfing, erschien ihr bedeutungslos und unendlich langweilig. Sie stelle sich vor, wie Christian Kai all die Ecken der Stadt zeigte, die sie zusammen mit ihr hatte entdecken wollen. Hoffentlich schleppte er sie in irgendeines der langweiligeren Museen, wo sie sich dann mit seinem Hobby, der Heimatkunde, beschäftigen durfte. Geschähe ihr recht. Was ist denn nur los, fragte sie sich, als sie bemerkte, dass sie die Seiten des spannenden Krimis, den sie sich für einen solchen Moment aufgehoben hatte, gar nicht umblätterte. Was tut dir so gut daran, mit dieser jungen Frau zusammenzusein? Sie stellte sich vor den Badezimmerspiegel und suchte in ihrem Gesicht nach der Antwort. Ihr Gesichtszüge und der leicht verschmierte Spiegel schwiegen beharrlich. Es musste dieses Gefühl von Jugend und Aufbruch sein, das Kai umgab. In den letzten Wochen vor Kais Ankunft hatte Inga sich mehr und mehr alt und festgefahren gefühlt. Wie eine Modelleisenbahn, die man auf einen Weg gesetzt hatte, auf dem sie von nun an immer die gleiche Runde fahren würde. Alles schien so absehbar, seit Christian seine Versetzung bekommen hatte. Sie würden heiraten, sobald er sich eingelebt hatte, sie würde schwanger werden und dann würden sie mit dem ersten Kind an den Stadtrand ziehen, wo das zweite Kind schon direkt einen großen Garten mit Schaukel vorfand, wenn es auf die Welt kam. Sie wusste, dass Christian nach der Enttäuschung seiner ersten Ehe diese Ruhe und Verlässlichkeit im Leben suchte, und sie hatte nie daran gezweifelt, dass sie das auch tat. Wenn sie eines nie hatte ertragen können, dann war es, anders als die anderen zu sein. Warum also sollte sie plötzlich andere Vorstellungen vom Leben haben? Und warum sollten diese Vorstellungen mit Kai zusammenhängen? Ich bin keine Neunzehnjährige mehr und sollte aufhören, mich so zu benehmen, dachte sie grundlos wütend und beschloss, einen romantischen Abend mit Christian zu planen.
Christian war ein wenig überrascht, als sie ihm am Abend vorschlug, alleine essen zu gehen und danach in einem kleinen Hotel am See zu übernachten.
„Aber Kai …“
„Kai ist kein Kind mehr und hat bestimmt nichts dagegen, oder, Kai?“ Sie erhob die Stimme, so dass die junge Frau, die in der Küche einen Apfel schälte, sie hören musste.
„Was ist mit mir?“ Ihre Stimme klang jetzt, wo sie Inga antwortete, wieder fröhlicher und in ihren Augen lag wieder dieser Schalk, der sie heute Morgen ganz aus der Nähe angefunkelt hatte.
„Du hast doch nichts dagegen, wenn ich meinen Verlobten für einen romantischen Nachtausflug entführe. Du hättest die ganze Wohnung für dich und auch mal etwas Ruhe vor den Senioren, die dich ständig bemuttern.“
Kai sah sie nur ganz kurz an, dann blickte sie wieder auf ihren Apfel und Inga sah wie die Schale, die sie schnitt dicker und dicker wurde, während sie antwortete. „Wie könnte ich soviel Romantik im Wege stehen?“
„Siehst du und jetzt komm.“ Inga zog ihren unentschlossenen Verlobten hinter sich aus der Tür. Im Wagen hätte sie sich ohrfeigen können und wäre eigentlich am liebsten zu Kai zurückgegangen, hätte ihr den Apfel aus der Hand genommen und sie fest an sich gezogen. Und was hättest du danach getan, fragte sie sich und hatte keine Antwort, die sie ertragen konnte.
Als sie später an der Nacht Christians sanftem Drängen nachgab und unter seinem Körper für einen Augenblick Kais Hände, die den Apfel hielten, vor sich sah, schwor sie sich, den Abstand zu der jungen Frau zu vergrößern. Wer den Apfel hielt, der hielt auch die Sünde und das Verderben. Sie glaubte zwar nicht an Gott, aber sie glaubte daran, dass die falschen Entscheidungen einem das ganze Leben ruinieren konnten. Sie warf sich mit einer Intensität in den sexuellen Akt, die Christian mitriss.
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