Rachel ist süß (German Edition)
starrten mich erschreckt an. Ich winkte mit fröhlichem Lachen zurück und stürmte davon. „Das Leben ist doch gerecht, Wilfried! Morgen gehen wir beide eine neue Bratpfanne für dich kaufen“, giggelte ich ins Telefon, bevor ich auflegte und singend nach Hause fuhr. Ich applaudierte auf der Rückfahrt wiederholt anerkennend nach oben und damit in die Richtung, in der ich das Schicksal vermutete. Gute Arbeit! Die junge Frau, für die mein Mann mir das Herz und ich ihm die Nase gebrochen hatte, hegte gleichstarke Gefühle für ihre Kosmetikerin und Konventionen. Das hatte sie wohl gezwungen, ihren bevorstehenden Hochzeitstermin leise aus dem Palmpilot zu löschen und heimlich zu verschwinden. In Wendys wunderbarer Welt war es offensichtlich einfacher, eine Zeit lang für tot als lebenslang für lesbisch gehalten zu werden. Mir wäre ehrlich gesagt, was Wendy anging, tot immer noch ein bisschen lieber gewesen, aber eine Leiche hätte in den vielen Telefongesprächen, die ich jetzt führen würde, die Stimmung stärker belastet als eine Lesbe.
Und ich hätte nicht jedes Mal unkontrolliert kichern dürfen, wenn ich an Konrad dachte und wie er jetzt erfahren würde, was es heißt, für eine junge attraktive Frau verlassen zu werden. Ich hoffte, dass die beiden demnächst alle ihre Bedenken überwanden und sich voller Stolz in der Öffentlichkeit zeigten. Sie waren ein wirklich schönes Paar. Ich jedenfalls wünschte ihnen ein langes, glückliches Leben.
So hätten wir alle länger etwas davon!
Das Ende vom Lied
2007
Die wahre Liebe erschien so plötzlich und übergroß vor ihr, dass Inga unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. Dann fing sie sich und musterte die flackernde Aufschrift auf dem unnatürlich bunten Schiffsbug mit einem müden Lächeln. Die Abteilung Schicksal schien wohl gerade mal wieder zu erproben, wie sie sich ohne brennende Dornbüsche verständlich machen sollte. Während die riesige Schiffschaukel, begleitet von einem lang gezogenen Schrei der Fahrgäste, wieder aus ihrem Blickfeld verschwand, suchte sie den kreischenden, bunten Rummel um sich herum nach Christian und dem Rest ihrer Freunde ab und fand sie vor einer Gruppe bizarrer Riesenstofftiere, die an glitzernden Schnüren vor einer Losbude baumelten. Da stand ihr Mann, wie immer nahe bei Kai, die ihn gerade mit einem in Schokolade getauchten Eis fütterte. Beide lachten und gestikulierten und verteilten dabei Eis und Schokolade über Hände und Kleidung. Hinter ihr stieg die wahre Liebe wieder laut seufzend in die Luft. Inga hob ohne es zu wollen schützend die Schultern. Immer wenn sie Christian und Kai beim Reden zusah, musste sie an zwei Jongleure denken, die mühelos acht brennende Fackeln in der Luft hielten. Reden und jonglieren, dachte sie, beides sah nur so lange leicht aus, bis man es selbst versuchte. Ihre Freundin Judith tauchte neben ihr auf, hielt ihr das ketchupverschmierte Ende einer Bratwurst unter die Nase und sie biss widerstandslos hinein. Bevor Judith selbst in die Wurst biss, deutete sie mit ihrem Bierglas auf die beiden, die immer noch mit ihrem Eis kämpften. „Ich weiß ja, dass Kai lesbisch ist und seine Ex-Schülerin und eine gute Freundin und was sonst noch alles, aber bist du nicht doch manchmal eifersüchtig?“
„Bin ich nicht.“ Inga schüttelte gleichgültig den Kopf, aber als Kai genau in diesem Moment zu ihr herüber sah und sich einen kleinen Tropfen Vanilleeis von der Lippe leckte, musste sie schlucken. Wenn du wüsstest, dachte sie, wenn ihr alle wüsstet. Sie biss noch ein großes Stück von Judiths Bratwurst und begann mit ihr herumzualbern. Kai und Christian kamen zu ihnen herüber geschlendert und gemeinsam zogen sie weiter zur Wasserbahn. Die Lichter der hektisch blinkenden Karussells taten Ingas Augen weh und so folgte sie lieber Kais dunklem Zopf durch das Gewirr aus Lichtern, Geräuschen und Gerüchen. Sie stellte sich vor, wie sie vorsichtig die Spange öffnete, Strähne für Strähne aus dem dichten dunklen Strang löste und immer wieder durch ihre Hände gleiten ließ. Ich weiß nicht wie lange ich das noch aushalte, dachte Inga unruhig, als sie sich vor Christian in den schaukelnden Baumstamm setzte. „Ich muss noch zu euch, die anderen wollen mich nicht!“ rief Kai in diesem Moment und wartete, dass Inga ihre Beine öffnete, um sich lachend dazwischenzusetzen. Als der Baumstamm die steile Konstruktion hochgezogen wurde, lehnte Kai sich zurück und
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