Rachels Geheimnis: Verräterisch klopfendes Herz (German Edition)
deutete auf die dünne Narbe auf seiner Wange. „Ein Kampf?“
„Ja. Du solltest den anderen Kerl mal sehen.“ Seine Lippen zuckten. „Hat keinen Kratzer abgekriegt.“
Janine musste unwillkürlich lachen. Inzwischen hatte sie ein paar Becher gefunden, die sie schnell ausspülte, bevor sie den Kaffee aufgoss. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass du dich in Messerstechereien verwickeln lässt.“
„Habe ich auch nicht.“ Slade berührte die Narbe mit den Fingerspitzen. „Es ist letzten Winter passiert. Ich war skifahren.“
„Du bist gestürzt?“
„Eine Lawine.“
„Wirklich?“, erwiderte Janine lachend, weil sie es erst für einen Scherz hielt. Aber sein Gesichtsausdruck blieb ernst. „So schlimmkann es nicht gewesen sein. Du hast überlebt.“
„Ich bin eben ein Glückspilz“, erwiderte Slade. Die Ironie in seinem Tonfall war nicht zu überhören, und ein angespannter Zug erschien um seine Mundwinkel.
„Es waren noch mehr Leute dabei“, vermutete sie und schenkte den heißen Kaffee vorsichtig in die Becher. „Du warst nicht allein.“
Slade biss die Zähne zusammen und starrte auf den Boden. „Stimmt.“ Sie schwiegen. Nur das Brummen des Kühlschranks war zu hören und Löffelklirren, als sie den Kaffee umrührte.
„Warst du mit jemandem zusammen unterwegs?“
„Ja.“
Offenbar war es nicht einfach irgendjemand gewesen. Als sie Slades gequälte Miene sah, wurde sie von Eifersucht auf die unbekannte Frau erfüllt. „Ist sie … okay?“
„Sie ist tot.“
„Oh.“ Janine hatte das Gefühl, als ob die Erde bebte. „Ich hatte keine Ahnung … bitte entschuldige.“ Ihr Herz raste. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie einen Hauch Eifersucht auf die arme Frau verspürt hatte. Die Sekunden verrannen wie in Zeitlupe. Nanas Uhr im Wohnzimmer tickte unerbittlich laut. „Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
„Es gibt nichts zu sagen.“ Slade hielt ihren Blick einen Moment lang fest und ging dann wieder zum Fenster. Daran lag es also … dieser Schmerz, den sie in seinem Blick entdeckt hatte. Er trauerte immer noch.
Janine reichte ihm einen Becher, schaute ihn an und stellte fest, dass ihm viel an der Frau gelegen haben musste. So viel, dass ihr Tod ihn immer noch innerlich aufwühlte. Aber vielleicht war es auch mehr als nur Trauer, die sie in seinem Blick entdeckte; vielleicht fühlte er sich schuldig, weil er überlebt hatte.
„Möchtest du darüber reden?“
„Nein.“ Slade nippte am Kaffee.
Plötzlich klingelte ihr Mobiltelefon im Esszimmer. „Bitte entschuldige.“ Janine stellte den Herd aus und verbrannte sich beinahe an der heißen Platte. „Ich muss rangehen.“
Slade nickte. Sie eilte an ihm vorbei und griff nach dem Handy auf dem Esszimmertisch. „Hallo?“
„Hi“, grüßte Chuck.
„Hi.“ Warum um alles in der Welt musste er ausgerechnet jetzt anrufen? Janine warf einen Blick in die Küche und bemerkte, dass Slade sie unverhohlen beobachtete. Er tat so, als wäre es die natürlichste Sache auf der Welt. Entschlossen drehte sie ihm den Rücken zu und konzentrierte sich auf das Gespräch.
„Wie läuft es? Hast du dich heute mit Thorne McCafferty und seinen Brüdern getroffen?“, wollte Chuck wissen.
„Ja, vorhin“, bestätigte Janine leise.
„Ist es gut gelaufen?“
In geschäftlicher Hinsicht ein Volltreffer. Und persönlich eine Katastrophe. „Ich glaube, dass ich die Sache ziemlich schnell hinter mich bringen kann.“
„Und was ist mit dem Haus deiner Großmutter?“
Janine ließ den Blick über den alten Geschirrschrank schweifen, über die Wände, die mindestens zweimal gestrichen werden mussten. Und über die Fenster, die eine neue Isolierung gebrauchen konnten. „Das wird ein bisschen länger dauern.“
Janine schaute aus dem Fenster in den Garten, wo der Schnee silbrig im Mondlicht glänzte. In der spiegelnden Fensterscheibe sah sie Slade mit ihrem dampfenden Kaffeebecher auftauchen. Sie drehte sich um, nahm ihm den Becher ab und schaute ihn kurz an. Nur einen Wimpernschlag lang. Und sofort hatte sie den Faden ihrer Unterhaltung verloren.
„Janine?“ Chuck riss sie aus ihren Gedanken.
„Ja, was?“
„Wie lange, habe ich gefragt.“
„Ich kann es nicht genau sagen. Ich bin noch bei der Bestandsaufnahme“, erklärte sie, „aber ich komme so schnell wie möglich nach Missoula zurück.“
Slade blieb im Esszimmer und setzte sich auf einen Stuhl. Janine zuckte innerlich zusammen, als er mit den Stiefeln
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