Racheschwur (Flammenherz-Saga, Band 2) (German Edition)
ganz so muskulös wie Caleb war.
Als wir ihn erreichten, öffnete er galant die Tür und machte eine übertrieben höfliche Verbeugung. Ich trat ein und sah mich neugierig um. Mein Blick fiel sofort auf die seltsam aussehende Konstruktion an der Wand.
»Was ist das?«, fragte ich, während ich näher herantrat, jedoch genügend Sicherheitsabstand ließ. Ich konnte mir beim besten Willen nicht zusammenreimen, um was es sich handelte. Caleb legte von hinten zärtlich die Arme um meine Taille.
»Das ist deine neue Dusche«, flüsterte er mir ins Ohr. Ich betrachtete das Gebilde erneut, noch immer skeptisch. Es sah ähnlich aus wie der missratene Trockner, nur mit einigen zusätzlichen Anbauten. Ganz oben erkannte ich einen großen Holzeimer, der sich in einer Art Kippvorrichtung befand. Ich stieg vorsichtig hinein, um mir die Konstruktion genauer anzusehen und war erstaunt, als ich die geschnitzte Holz-Brause sah. Caleb hatte sie genau nach meinen Schilderungen herstellen lassen. Vom Aussehen her gab es kaum einen Unterschied zu einer Brause aus dem 21. Jahrhundert, nur, dass diese hier aus Holz bestand.
»Dort oben wird warmes Wasser eingefüllt«, begann Caleb zu erklären und deutete auf den Eimer in der Kippvorrichtung. Anschließend griff er ein Seil, das an dieser angebracht war und zog vorsichtig daran. Der Eimer neigte sich langsam zur Seite. Wasser lief in den Holztrichter und schoss dann wie ein sanfter Regenschauer aus den vielen kleinen Löchern. Es war tatsächlich kaum ein Unterschied zu einer Dusche, wie ich sie kannte, abgesehen von dem spärlichen Wasserdruck.
»Sobald du an dem Seil ziehst, läuft das Wasser durch diese Vorrichtung. Wenn du duschen möchtest, musst du es nur einer der Mägde sagen. Sie werden Wasser erhitzen und es in den Eimer geben, so dass du duschen kannst. Es darf natürlich nicht zu heiß sein«, erklärte er mahnend.
»Das ist wunderbar«, sagte ich ehrlich erfreut und war ungemein stolz auf meinen Mann. Er lächelte und stieß sanft mit dem Fuß gegen eine weitere Vorrichtung am unteren linken Rand. Dort verlief ein Rohr, welches aus einem ausgehöhlten, dünnen Baumstamm bestand. Es war so angebracht, dass es leicht abfallend in der Außenwand verschwand.
»Das verbrauchte Wasser läuft direkt dort hinaus und landet im Garten«, erklärte Seamus. »Das war übrigens meine Idee«, fügte er stolz hinzu. Ich warf ihm einen anerkennenden Blick zu.
»Möchtest du sie ausprobieren?«, fragte Caleb erwartungsvoll. Ich nickte und musste mir selbst eingestehen, dass ich es kaum erwarten konnte die Dusche zu testen.
Seamus verließ das Zimmer. Während ich mich entkleidete und eine junge Magd dabei beobachtete, wie sie eine wacklige Leiter nach oben stieg, um warmes Wasser in den Eimer zu füllen, wurde Caleb nach unten gerufen.
»Entschuldige mich einen Augenblick. Ein Bote ist eben angekommen. Ich werde mir anhören, was er zu sagen hat und komme so schnell wie möglich wieder zu dir zurück«, versprach mein Mann und zog mich in eine feste Umarmung. Er verließ das Zimmer, zusammen mit der Magd, die mir freundlich zulächelte.
Calebs Dusche war einfach wunderbar. Zwar war die Wassermenge begrenzt und es ähnelte mehr einem Frühlingsregen, der sanft auf mich herabfiel, aber es fühlte sich sagenhaft an. Ich wusch mich und genoss das angenehm warme Wasser auf meiner Haut, während ein Lächeln über meine Züge huschte. Ich hatte den wundervollsten und fürsorglichsten Mann, den man sich vorstellen konnte. Aber nicht nur das, er sah auch noch umwerfend aus.
Wo Caleb nur so lange blieb? Hatte er nicht gesagt, er wolle sich nur rasch anhören, was der Bote ihm zu sagen hatte und dann sofort wieder zurückkommen? Ich hatte so sehr gehofft, dass er noch zu mir unter die Dusche schlüpfen würde, doch irgendwann war der Eimer leer und das Wasser versiegte. Seufzend griff ich nach dem Leinentuch und trocknete mich ab.
Ich zog mir ein neues Kleid an und steckte mein noch immer nasses Haar nach oben. Ein Königreich für einen Fön, dachte ich und klemmte eine letzte widerspenstige Strähne fest. Anschließend machte ich mich auf den Weg nach unten.
In der Eingangshalle angekommen blickte ich mich suchend um, konnte jedoch niemanden sehen. Plötzlich öffnete sich die Tür der Bibliothek und Mistress Graham eilte heraus.
Die mollige Haushälterin war tief in Gedanken versunken. In der Hand hielt sie ein Tablett, auf dem eine leere Flasche bedenklich hin- und herschwankte. Ihr
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