Rachewahn: Thriller
suchte das erstbeste Versteck für das Messer.“
„Das glaube ich nicht. In Panik hätte der Kerl das Messer sicherlich im Körper des zweiten Opfers stecken gelassen und wäre so schnell wie möglich verduftet.“
„Auch wieder wahr - obwohl viele Menschen in einer Extremsituation nicht gerade rational handeln.“ Thomas blickte zum Fenster. Dieses war geschlossen und führte zur Westseite des Gebäudes hinaus. Draußen konnte der Kommissar lediglich Bäume und Sträucher erkennen.
„Ich frage mich weiterhin“, grübelte Nora, „wie die beiden Morde genau abgelaufen sind. Das Brautpaar liegt nicht zusammen in einem Zimmer. Wer von den beiden wurde zuerst getötet? Wie hat der Mörder das angestellt? Wusste er, wo die beiden waren?“
Sie hatte diese Fragen kaum zu Ende gestellt, da tauchte einer ihrer Kollegen in der Tür auf und teilte ihr und Tommy mit: „Hinter dem Absperrband ist soeben ein junges Paar aufgetaucht. Angeblich haben die beiden wichtige Informationen für Sie. Ich dachte mir, dass ich Sie sofort informieren sollte.“
„Sie haben richtig gedacht“, erwiderte Nora. Dann sah sie zu Tommy und sagte: „Ich bin sehr gespannt, was wir jetzt erfahren werden.“
„Und ich bin gespannt, wer uns nun unter die Augen treten wird.“
27
Samstag, 8. Juni 2013
Nora sah mit einem beklemmenden Gefühl auf den Gullydeckel, der sich drei Meter hinter ihr befand.
„Da ich jetzt wohl endlich Ihre Aufmerksamkeit habe, stelle ich hiermit meine Forderung“, ertönte Annas Stimme im mobilen Einsatztelefon. „Ich verlange, dass Sie Gerhardt Frost in spätestens einer Stunde in diese Straße bringen. Ich will ihn von meiner Position aus gut sehen können. Das bedeutet, dass er direkt hinter der nördlichen Absperrung stehen muss. Haben Sie das verstanden? Ist das soweit klar, Frau Feldt?“
Nora sah noch immer zum Gullydeckel. Dabei hauchte sie matt: „J-ja. Ich habe es verstanden.“
„Über die Konsequenzen bei Nichteinhaltung dieser Forderung muss ich Sie nicht noch einmal aufklären. Sie sind schlau genug, um meine Bestrafung an fünf Fingern abzählen zu können. Immerhin waren Sie so intelligent, die Morde an Mark und Steffi aufzuklären. Dann dürfte das hier ein Kinderspiel für Sie sein. Sehen Sie das nicht auch so?“
Nora drehte sich wieder zum Bus. „Was haben Sie genau vor? Sie können unmöglich davon ausgehen, dass wir Ihnen Frost auf dem Silbertablett servieren.“
„Nein? Wieso nicht? Um meinem Bauch befindet sich ein schlagkräftiges Argument.“
„Hören Sie zu. Ich kann verstehen, dass Sie zornig und verzweifelt sind. Sie waren Stefanies beste Freundin. Sie waren ihre Brautjungfer. Es muss unglaublich schmerzhaft sein, sie verloren zu haben. Aber das, was Sie jetzt machen, ändert nichts an der Tatsache, dass Stefanie tot ist. Sie machen alles nur noch schlimmer. Ihre Freundin würde das nicht wollen. Sie sind auf dem besten Weg, Ihr eigenes Leben auch noch zu zerstören. Denken Sie noch einmal darüber nach. Wenn Sie jetzt aufgeben, dann wird alles noch ein gutes Ende nehmen.“
„Sind Sie fertig mit Ihrem Vortrag, Frau Professorin Feldt?“
„Ich appelliere an Ihren Verstand“, sagte Nora mit Nachdruck. „Geben Sie auf. Sonst ist alles zu spät.“
„Das lassen Sie mal meine Sorge sein. Kümmern Sie sich darum, dass Frost in sechzig Minuten hier ist. Alles andere ist unwichtig.“
„Aber Sie haben …“
Anna beendete das Gespräch.
„Verflucht! Diese sture Kuh!“, schrie Nora, ehe sie das mobile Einsatztelefon zurück in ihre Tasche steckte und mit dem Fuß aufstampfte.
„Was ist los? Was will sie?“, fragte Tommy seine Kollegin.„Und warum hast du eben so seltsam auf den Gully gestarrt?“
„Wir haben richtig vermutet: Sie verlangt Frost. Sie will, dass wir ihn hierher bringen.“
„Ja, das war abzusehen. Hat sie ein Ultimatum gestellt?“
„Wenn er nicht spätestens in einer Stunde hier ist, dann wird sie wieder Gewalt anwenden. Deshalb habe ich auch zum Gully gestarrt. Sie hat eine Andeutung gemacht. Womöglich befindet sich Sprengstoff unter dem Deckel.“
Thomas schluckte. „Wie bitte? Das ist ein Scherz, oder?“
„Wie lange braucht das SEK samt Sprengstoffeinheit noch?“
„Bestimmt noch eine knappe Stunde.“
„Das ist viel zu lange!“ Nora fuhr sich aggressiv über ihre Haare. „Wie weit ist Kortmann denn mit der Staatsanwaltschaft? Können wir Frost hierher holen?“
„Keine Ahnung. Kortmann hat sich noch nicht wieder
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