Rachewahn: Thriller
Augen. Er saß direkt neben ihr am Bett und hielt ihre Hand.
„Die Ärzte haben gesagt, dass du nur einen Schwächeanfall erlitten hast. Du wirst wieder auf die Beine kommen. Das haben sie mir hoch und heilig versprochen.“
„Ich … ich weiß nicht, ob ich das überhaupt will.“ Tränen rannen über ihre Wangen. „Mark ist tot. Unser kleiner Junge wurde ermordet! Ich halte das nicht aus. Ich kann nicht mit dieser abscheulichen Gewissheit leben.“
„Wir werden diese Zeit gemeinsam durchstehen. Es wird die Hölle werden, aber wir schaffen das. Ich garantiere es dir.“ Auch Albert rang mit den Tränen. Vor dem geistigen Auge sah er seinen ermordeten Sohn im Bad liegen.
„Die Polizei muss den Mörder schnappen. Das ist das Mindeste. Wenn die Beamten das nicht hinkriegen, dann will ich nicht mehr auf dieser Erde sein. Dann ist alles, woran ich jemals geglaubt habe, an diesem Tag gestorben.“ Veronikas Atem begann zu zittern. „Es kommt mir vor wie gestern, dass ich Mark auf dem Arm gehalten habe. Ich sehe es genau vor mir. Ich sehe auch, wie ich ihn zu seinem ersten Schultag bringe. Ich sehe ihn bei seinem Abitur. Ich … ich … Er bedeutet mir einfach alles. Und jetzt ist er nicht mehr da. Er wird nie wieder zurückkommen.“
„Die Kommissare werden den Verantwortlichen identifizieren. Sie werden ihn bestrafen. Aber du musst mir versprechen, dass du wieder auf die Beine kommst. Bitte, versprich es mir.“
„Das kann ich nicht. Ich würde es so gerne machen. Aber es geht nicht. Nicht jetzt. Nicht hier.“
Als sich die Tür öffnete, trat Werner Mallon ein. Wortlos schloss er die Tür wieder hinter sich und ging auf das Krankenbett zu.
„Was haben Sie hier verloren?“, pflaumte Albert ihn an.
„Ich wollte mich lediglich vergewissern, wie schlecht es um das Leben Ihrer Frau bestellt ist.“
„Wie bitte?!“
„Erinnern Sie sich an meine Sätze von vor einigen Stunden? Ich sagte, dass Ihr Geiz und Ihr Hochmut eines Tages auf Sie zurückfallen werden. Zwar hätte ich nicht gedacht, dass das so schnell geschehen würde, aber es ist die gerechte Strafe. Eine Strafe Gottes.“
„Ich gebe Ihnen den guten Rat, auf der Stelle wieder zu verschwinden. Sonst kann ich für nichts mehr garantieren. Dann könnten Sie auch ein Zimmer hier im Krankenhaus beziehen.“
„Nicht nur geizig, sondern auch aggressiv“, erkannte Werner. „Sie wissen genauso gut wie ich, warum Mark und Stefanie sterben mussten. Das ist alles Ihre Schuld. Ihre Lebensart ist auf die beiden zurückgefallen.“
„Sie unverschämter Kerl“, wimmerte Veronika. „Wie können Sie es wagen, so etwas zu behaupten?“
„Weil es die Wahrheit ist.“
Albert stand von seinem Stuhl auf und trat ganz dicht vor Werner. „Es mag durchaus sein, dass ich ein geiziger Mensch bin. Aber Sie sind definitiv der widerlichste Mensch, der auf dieser Welt herumläuft. Von Anstand und Taktgefühl haben Sie noch nie etwas gehört, oder?“
„Und ob. Aber ich bin der Meinung, dass Sie das nicht verdient haben. Hätten Sie doch einfach eine Spende für meine Stiftung getätigt. Dann wäre das alles vielleicht nie passiert.“
„Soll das heißen, dass Sie etwas mit den Morden …?“
„Wo denken Sie hin? Ich bin kein gewalttätiger Mensch. Schon gar kein Mörder. Ich wollte nur andeuten, dass Sie mit einer Spende Ihr Karma aufgewertet hätten. Und wer weiß, ob Gottes Strafe dann nicht gnädiger ausgefallen wäre?“
„Hauen Sie ab. Los! Verschwinden Sie!“ Albert schrie so laut, dass die Wände wackelten. Er zeigte zur Tür und blickte Werner schnaufend an.
„Schon gut. Sie müssen nicht so brüllen. Ich habe bereits gesehen, was ich sehen wollte.“ Werner warf noch einen letzten Blick auf Veronika. Dann lächelte er zufrieden und verließ das Zimmer.
„Was für eine Bestie!“, stieß Veronika aus. „Ich hasse diesen Mann. Ich hasse ihn so sehr!“
Albert nickte. „Es gibt keine passenden Wörter, um meine Gefühle für den Kerl auszudrücken. Aber der wird noch sein Blaues Wunder erleben. Glaub mir. Der wird diesen Besuch noch bereuen.“
45
Samstag, 8. Juni 2013
Der Einsatzwagen raste mit neunzig Stundenkilometern über die Weender-Landstraße . Bis zur Uniklinik waren es noch anderthalb Kilometer.
„Die gesamte Geiselnahme diente also nur der Ablenkung“, sagte Nora fassungslos. Sie rutschte unruhig auf dem Beifahrersitz herum und warf einen Seitenblick auf Tommy, der am Steuer saß.
„Es sieht ganz so aus. Aber wer könnte
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