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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auf, wie viel er nach einem Kauf tatsächlich in den Händen halten würde.
    All diese Gedanken trommelten in seinem Kopf wie der Regen aufs Autodach, als er das Haus an der Klippe erreichte. Hatte My hier Unterschlupf gesucht? Hatte sie die Nase von Miriam und seiner Liebschaft voll gehabt, war sie vielleicht sogar eifersüchtig geworden? Oder gab es einen anderen Grund, weshalb sie sich Kaj geschnappt und die Wohnung in der Anholtsgade so unerwartet verlassen hatte, wie sie im Wald von Ry aufgetaucht war? Ihm fiel kein anderer Ort ein, an dem sie hätte Zuflucht finden können. Denn sie würde niemals freiwillig zurück in das Kollektiv gehen, die Einrichtung für betreutes Wohnen psychisch Kranker, von dem sie ihm voller Abscheu erzählt hatte, aber wo sie während seiner Haft mehrere Male gewohnt hatte. Es wäre für sie unmöglich, alleine im Wald von Ry zu überleben, deshalb war er sich ziemlich sicher, dass sie nicht dorthin gegangen war. Hatte sie sich auf die Suche nach Cato gemacht? Hatte sie gedacht, sie könnte ihm imponieren oder ihm gar auf ihre unbeholfene Art helfen?
    Er parkte vor dem Haus und stieg aus. Es regnete noch immer. Er hatte sich nicht vorstellen können, wie einsam und leer es sich anfühlen würde ohne sie. Der Schlüssel lag unter dem weißen Stein, er fragte sich ängstlich, was ihn im Inneren wohl erwarten würde. Die Gardinen waren zugezogen. Von außen sah alles unverändert aus und gleichzeitig auch nicht. Es wäre Zeit für einen neuen Anstrich und ein paar Reparaturen. Immerhin war er vier Jahre lang nicht mehr hier gewesen.
    Er schloss auf. Der Gestank war das Erste, was ihm entgegenschlug. Rauch. Es musste jemand vor kurzem im Haus gewesen sein, und zwar ein starker Raucher. Allerdings sah das Wohnzimmer nicht so aus, als hätte sich dieser Jemand dort häufig aufgehalten. Die Möbel standen an ihrem angestammten Platz, alles sah unbenutzt aus, mit Ausnahme einer Decke und eines Kopfkissens mit Troddeln, die zerknüllt auf dem Sofa lagen.Er ließ die Bilder an den Wänden unbeachtet und ging direkt ins Schlafzimmer.
    Dort sah es aus wie nach einem Einbruch, hatte die Polizei das Schlafzimmer auf der Suche nach ihm so zugerichtet? Wohl kaum. Er vermutete vielmehr, dass vor den Beamten einfach ein sehr unachtsamer Gast dort gewohnt hatte. Das Bettzeug war dreckig und zerknittert, und es roch noch stärker nach Zigarettenrauch. Neben dem Bett standen überquellende Aschenbecher. Er sah in den Papierkorb und fischte eine leere Schachtel heraus. Camel. Cato war also in seinem Haus gewesen. Warum war er nicht früher auf die Idee gekommen, dass Cato dort eine Zwischenstation auf seinem Feldzug machen würde?
    Er ließ sich aufs Bett sinken. Vermutlich hatte er mittlerweile zu viel Distanz zu allem gewonnen, um es mit Catos Plänen in Verbindung zu bringen, wenn er denn welche hatte und nicht einfach nur in seine alten Gewohnheiten zurückgefallen war. Nichtsdestotrotz. Er war da gewesen und wieder verschwunden. Aber wohin?
    Er ging in die Küche, auch hier herrschte Chaos: Gebrauchte Teller lagen übereinandergetürmt, Töpfe mit Essensresten, die am Boden festgebrannt waren, alte Pizzakartons, leere Bierdosen. Aber keine Anzeichen von Drogen. Keine benutzten Spritzen, kein Gummiband, um den Arm abzubinden, kein Silberpapier, keine angekohlten Löffel, auf denen kleine Klumpen Heroin über brennender Flamme aufgelöst worden waren. War Cato am Ende tatsächlich clean geworden?
    Er begann aufzuräumen, Teller und Töpfe abzuwaschen, fuhr kurz zum nahegelegenen Supermarkt, kaufte große, schwarze Müllsäcke. Im Wohnzimmer schüttelte er die Kissen und Decken aus und wischte die größten Spinnenweben weg.
    Es dauerte, bis er sich an die Bilder gewöhnt hatte. Er hatte lang mit ihnen gelebt, und sie waren ein Teil von ihm gewesen. Jetzt aber waren sie nur noch Fremdkörper und Feinde. Er hatte sie gemalt, um sich zu erlösen. Damals hatte er gedacht, wenn die Esche in Flammen aufging, würden sie alle in die Freiheit entlassenwerden. Aber der Baum hatte nicht gebrannt. Er stand nach wie vor an seinem Platz, er hatte ihn selbst gesehen. Und in ihm gab es ihn auch noch, er wuchs beständig. Aber damit hatte er seinen Frieden gefunden. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu akzeptieren, dass in ihm ein Baum wuchs und mit seinen Wurzeln die Eingeweide umschlang. Das hatte er in Horsens gelernt.
    Er fand sie, als er die Säcke raustrug und sie neben den Mülleimer stellte. Sie lag hinter

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