Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt
Prostituierten unglücklich über die unersättliche Sexlust ihrer männlichen Kunden oder gibt es so etwas wie ›glückliche Huren‹?«
»Eine Themenbeilage?«, fragte Cecilie.
Dicte nahm einen Apfel aus der Schale. Inspiriert von den neuen Zeiten der Reinlichkeit hatte einer der Mitarbeiter wohl auch beschlossen, dass ab jetzt nur noch Gesundes auf den Tisch kam. Die Zeiten von Brötchen und Brownies waren Vergangenheit. Sie biss herzhaft in das Obst.
»Ja, genau. Zumindest gibt es viele verschiedene Perspektiven, aus denen man das betrachten kann. Wo befinden sich die Bordelle? Wie viele gibt es davon? Wie hoch ist der Prozentsatz ausländischer Frauen? Wie sieht es mit den Preisen aus? Was sagen die Nachbarn?«
Holger streckte sich und gähnte.
»Das ist doch eine Leichtigkeit. Da rufe ich einfach mal beim Statistischen Landesamt an.«
Cecilie stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite.
»Nein, aber jetzt mal ehrlich. Wie sollen wir diese Etablissements denn finden? Steht man da nicht vor verschlossenen Türen?«
Davidsen griff nach einer Banane und betrachtete sie, als hätte sie ihn beleidigt.
»Wenn die Türen so verschlossen wären, gäbe es ja keine Kunden! Es muss einen Weg geben, um das herauszufinden.«
Er schälte die Banane mit schnellen Bewegungen.
»Natürlich gibt es das.«
Holger ließ die Finger vom Obst und goss sich stattdessen einen Becher schwarzen Kaffee ein. »Wir Männer können uns ja ein bisschen umhören.«
Dicte musste innerlich schmunzeln. Sie waren dabei. Sie konnte ganz deutlich sehen, wie die Begeisterung wuchs, was an sich schon schwer genug war, weil die Journalisten nicht mehr das waren, was sie einmal waren. Vielleicht auch, weil die Zeitungen nicht mehr waren wie früher. Jetzt konnte sie auch den nächsten Schritt machen.
»Ich habe am Wochenende ein bisschen recherchiert.«
Sie holte die Liste mit den Bordellanschriften hervor und erzählte, dass sie diese Adressen zusammengestellt hatte, indem sie alle 0900-Nummern der Kontaktanzeigen in der
Nyheds-Posten
angerufen hatte.
»Aber die Liste ist noch nicht komplett. Ich habe zum Beispiel gehört, dass es in der Anholtsgade noch ein Bordell geben soll. Aber das steht noch nicht hier drin.«
Sie wedelte mit der Liste. Holger griff danach und betrachtete sie mit großem Interesse. Cecilie, seine Freundin, wirkte ziemlich nervös.
»Überlasst das ruhig mir«, sagte Holger, »ich werde schon was aufspüren, das das Statistische Landesamt ganz grün vor Neid werden lässt.«
»Man muss es mit der Recherche ja auch nicht übertreiben, oder? Apropos, wie geht es denn dem Cowboy drüben in der großen Stadt? Hat er seine Stiefel noch an?«
Da war eine Nuance in ihrem Tonfall, die Dicte ganz und gar nicht gefiel. Zu spät erkannte sie die Falle.
»Es wird ihm wohl schwerfallen, sie anzulassen, da der kleine Rotschopf von der
Stiften
auch mit von der Partie ist.«
In ihrem Kopf explodierte die Stille, dann hörte sie gar nichts mehr, als wäre sie taub geworden. Sie hoffte, dass man ihr die Erschütterung nicht ansah.
»Das läuft bestimmt super!«, sagte sie, während der bloße Gedanke daran in ihrem Kopf Bilder vom bösen Wolf und dem Rotkäppchen in den verschiedensten erotischen Stellungen erzeugte.
»Na ja, so wie man ihn kennt, hat er seinen Oswalt Kolle bestimmt nicht zu Hause gelassen«, kicherte Cecilie und warf Helle einen Blick zu, die wahrscheinlich auch schon ihre Begegnung mit dem ortsansässigen Cowboy gehabt hatte.
Dicte spürte, wie sie errötete, und in diesem Augenblick hasste sie Bo. Nicht nur dafür, was er in London anstellte – dafür auch –, sondern auch und vor allem dafür, dass er sie so unvorbereitet ins offene Messer hatte laufen lassen. Er kannte Cecilie und die anderen gut genug. Er wusste genau, dass sie jede Gelegenheit ergreifen würden, obwohl sie natürlich an der Oberfläche alle sehr gute Kollegen waren. Am liebsten wäre sie aufgestanden und gegangen, aber das wäre zu offensichtlich gewesen. Darum zwang sie sich, zu bleiben und sich auf das Einzige zu konzentrieren, was sie ungefähr so gefangen nahm wie die Gerüchte um Bo und Renate Guldberg.
»In Wagners Abteilung gibt es eine Neue. Lena Lund. Kennt die jemand von euch?«
Sie hatte das weiße Auto sofort bemerkt, das ihr von Zuhause bis in die Redaktion gefolgt war.
Sie sah zu Davidsen, der früher Chef der Kriminalredaktion gewesen war.
»Weißt du, woher sie kommt?«
»Ålborg, glaube ich.«
Er wiegte den
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