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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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geschehe!«
    Was war Gottes Wille mit ihr? Was wollte er ihr mit den Ereignissen, die ihr gerade widerfuhren, sagen? War es ein Test? Hatte er ihr am Ende doch nicht vergeben? Oder hatte er das, wollte aber sichergehen, dass
sie
sich vergab?
    Zwei Stunden lang saß sie und betete und spürte, wie sie ihre alte Kraft wiedererlangte, und ihre Konzentration auf die Gebete wurde größer und größer. Da tauchten Erinnerungen auf, die Rituale und Stimmungen aus ihrer Kindheit. Die Tage in Italien, in der kühlen Kirche, an der Hand der Großmutter. Die Messen in Dänemark, die sie mit Vater und Mutter besucht hatte, die zur Hochzeit konvertiert war. Sie erinnerte sich an ihre eigene Hochzeit mit William in England. An die Beerdigung ihres Vaters in Italien und die lange Prozession seines Sarges durch den Ort. Eine Perlenkette an Ereignissen, wie der Rosenkranz durch eine dünne, aber feste Schnur miteinander verbunden, die sich wie ein roter Faden durch ihr Leben zog.
    Sie beendete ihr Rosenkranzgebet mit dem Mariengebet: »Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, O heilige Gottesgebärerin;verschmähe nicht unser Gebet in unseren Nöten, sondern erlöse uns jederzeit von allen Gefahren, O du glorreiche und gebenedeite Jungfrau. Amen.«
    Die Schnur konnte jederzeit reißen. Nur die Gebete und der Rosenkranz hielten im Moment die Welt und den unausweichlichen Zusammenbruch auf Distanz. Nur die Gebete konnten ihr die Kraft geben, weiterzumachen und den Teufel in die hinterste, dunkle Ecke des Aberglaubens zu verbannen.
    Als sie sich erhob, wusste sie genau, was sie zu tun hatte.
     
    Kaum hatte sie ihre Haustür aufgeschlossen, griff sie zum Telefon, rief den Fraktionsvorsitzenden an und erzählte ihm die ganze Geschichte und wie sie vorzugehen gedachte.
    Nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, sagte er: »Du spielst ein gefährliches Spiel. Das könnte zu einem herben Rückschlag bei der Sympathie der Wähler führen.«
    Das war möglich, darüber war sie sich im Klaren. Aber es gab noch eine andere Möglichkeit, und daran klammerte sie sich.
    »Ich glaube, dass es in die andere Richtung geht. Ich habe viele weibliche Wähler. Die werden mich verstehen und unterstützen, wenn ich die Sache so schildere, wie ich es vorhabe.«
    Am anderen Ende der Leitung wurde schwer geatmet.
    »Mir gefällt das gar nicht«, sagte er.
    »Aber die Alternative ist um ein Vielfaches schlimmer. Eine Lüge kommt früher oder später immer ans Licht der Wahrheit.«
    Er hatte große Zweifel, aber am Ende gab er ihr recht.
    »Ja, vielleicht gibt es im Moment tatsächlich keinen anderen Weg.«
    »Ich weiß, was ich tue«, sagte sie. »Es ist zeitgemäß, dass auch Frauen sich auf diesem Gebiet so verhalten.«
    Exakt um 15 Uhr rief sie in der Redaktion der
NyhedsPosten
an und bestätigte die Story, verweigerte allerdings jeden Kommentar. Danach kontaktierte sie Hans Erik Lemvig von der Zeitung
Stiftens,
der ihr immer wohlgesonnen gewesen war, und bat um ein vertrauliches Gespräch unter vier Augen.

KAPITEL 39
    Der Baum war grau, kein einziges Blatt hing daran. Er sah tot aus, als hätte ein minderbegabter Künstler ihn aus Asche geformt.
    Aber selbst so durfte er nicht lange verweilen. Eine Feuerkugel kam wie ein Meteor aus dem Nichts angeschossen und stürzte auf ihn herab; in Sekundenschnelle standen Zweige und Äste in Flammen. Und plötzlich türmte er sich vor ihr auf, der Höllenbaum, flammend und lodernd, als würde er alles in seiner Nähe mit in dieses infernalische Nichts reißen.
    Die Hitze war extrem, wie auch das Böse, das ihr das Feuer entgegentrieb. Sie hatte sich zu nah herangewagt. Eine unsichtbare Kraft hatte sie in den Bann der siedenden, brennenden Luft gepresst. Ihr lief der Schweiß in Strömen herunter. Sie hatte das Gefühl, zu zerschmelzen, ihre Haut tropfte, löste sich auf. Es würde nicht lange dauern und die Höllenflammen hätten sie für immer verschlungen.
    Ihr blieb nur die Hoffnung, dass jemand sich ihrer erbarmen würde und ihr einen kalten Lappen auf die Stirn legte, um das Feuer in ihr zu ersticken.
    Kurz bevor sie zu verschwinden drohte, geschah das Wunder. Etwas Kaltes berührte ihre Hand. Es stieß immer wieder dagegen und winselte.
    Sie wachte auf, das Knistern der Flammen hallte in ihren Ohren nach. Aber das Kalte an ihrer Hand war noch da. Ein Stoß, noch einer. Sie sah in Svendsens besorgte Augen und spürte die kalte Hundeschnauze an ihrer Hand.
    »Braver Hund. Brav.«
    Der Traum begann sich

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