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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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dänischen Frauen sei. Keine Thaifrauen. Keine afrikanischen oder osteuropäischen Frauen.
    Bei den Nummern, die kein Band laufen ließen, wurde sie sehr freundlich und zuvorkommend behandelt und erhielt Details über die verschiedenen Leistungen, die angeboten wurden, sowie die Preise. Sie bekam auch andere Serviceinformationen: über den jeweiligen Hygienestandard, Zeiteinheiten und Diskretion.
    Nach ein paar Stunden war sie fertig und hatte eine Liste mit fünfzehn Adressen in Århus und Umgebung. Sie fuhr in die Stadt und wollte sie systematisch aufsuchen, wohl wissend, dass ihre Erfolgschancen relativ gering waren. Es war Jahre her, dass der Bauer aus Djursland Peter Boutrup in Begleitung mit den zwei Prostituierten gesehen hatte. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch heute noch in diesem Gewerbe tätig waren und vor allem noch in Århus lebten?
    Die beiden ersten Adressen auf der Liste waren Nieten. Weder in der Langelandsgade noch in der Trepkasgade wurde geöffnet. Sie sah auf die Uhr. Es war halb elf, und es war Sonntagmorgen. Wahrscheinlich nicht die optimale Öffnungszeit für so ein Etablissement. Vielleicht gab es ja doch so etwas wie Ruhe- und Feiertage für das Personal im horizontalen Gewerbe.
    Trotzdem fuhr sie die dritte Adresse auf ihrer Liste an. Das Souterrain eines Wohnhauses in der Samsøgade war mit einer Gittertür verschlossen. Daran hing ein Schild, das den Besucher aufforderte, die Klingel zu betätigen, wenn er Zugang zum Keller wünschte. Dicte drückte auf die Klingel, und kurz darauf wurde die Tür einen Spalt geöffnet. Eine blonde Frau Anfang dreißig tauchte hinter der Sicherheitskette zwischen Tür und Rahmen auf. Dicte stellte sich vor.
    »Ich habe heute Morgen angerufen. Sind Sie Tammi?«
    »Ach, Sie.«
    Dicte nahm das als eine Bestätigung. Tammi schloss die Tür,nahm die Sicherheitskette ab und bat die Besucherin einzutreten. Sie führte sie durch einen Flur, der in einer Art Vorraum endete, in dem ein paar Stühle und Sofas standen, die einen sofort an Haushaltsauflösung denken ließen. Auf einem Couchtisch stand eine Vase mit verstaubten Plastikblumen, daneben lag eine Packung Marlboro Light, darauf ein grünes Feuerzeug. Das hier war auf jeden Fall kein Luxusbordell.
    »Ehrlich gesagt bin ich auf der Suche nach jemandem.«
    Dieses Geständnis sorgte zunächst für Irritation. Und es sah ganz danach aus, als würde die Frau anheben, um etwas von Zeit verschwenden zu sagen und dass sie keine Servicekraft sei, die zufälligen Passanten irgendwelche Informationen geben würde.
    »Ich bin gerne bereit, für die Zeit zu bezahlen, die Sie sich für mich nehmen«, fügte sie schnell hinzu, nicht wissend, ob das ein richtiger Zug gewesen war.
    Schweigend standen sie sich einen Augenblick gegenüber und taxierten einander. Ihr Beruf ließ sich nicht an ihrem Äußeren ablesen, weder an ihren Augen noch am Gesichtsausdruck oder an der Kleidung. Sie war ungeschminkt. Ihre Haut war glatt und jung, das blonde Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie trug Jeans und ein grünes T-Shirt. Ihre Augen waren freundlich, lediglich ihre Bewegungen wirkten eine Spur zu nervös: die Hand, die ins Haar griff; eine unbedachte Kopfwendung.
    »Okay«, sagte Tammi nach einer Weile Bedenkzeit. »Zehn Minuten. Dreihundert Kronen.«
    Sie wedelte mit der Hand und deutete an, dass sie sich setzen sollte. Dicte holte das Foto aus der Tasche und schob diskret ihre Visitenkarte hinterher. Eine von denen, die nur ihren Namen und ihre Telefonnummer nannten und nichts über ihren Beruf verrieten.
    Tammi betrachtete das Foto.
    »Ich glaube, den habe ich schon mal gesehen. Wer ist das?«
    »Er wird wegen Mordes gesucht.«
    »Und Sie sind?«
    Was sollte sie darauf antworten? Sie wählte einen anderen Weg.
    »Haben Sie Kinder?«
    Eigentlich erwartete sie keine Antwort, bekam aber eine.
    »Ich habe einen fünfjährigen Sohn. Warum?«
    »Ich habe auch einen Sohn. Ich war sechzehn, als ich ihn bekam und zur Adoption freigegeben habe.«
    Die Frau nickte zum Foto auf dem Tisch.
    »Ist das Ihr Sohn?«
    Dicte antwortete, indem sie schwieg. Tammis Blick klebte an der Aufnahme.
    »Ich konnte mich damals nicht um ihn kümmern. Ich dachte, ich hätte das Richtige getan.«
    Tammi schluckte, erwiderte jedoch nichts.
    »Aber ich hoffe, dass ich ihm jetzt helfen kann. Ihm die Hilfe zukommen lassen kann, die ich ihm damals nicht geben konnte.«
    Klang das wie aus einer schlechten Soap? Ja, das tat es. Und die Ironie

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