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Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt

Titel: Rachlust - Dicte Svendsen ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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leiden«, sagte er. »Er war, ehrlich gesagt, ziemlich gewissenhaft. Uns hat er nie etwas getan, war immer freundlich und so. Darum war das ja so ein Schock.«
    Sie schwieg. Plötzlich wusste sie, dass sie zuhören musste. »Meine Tochter. Sie war damals zehn Jahre alt.«
    Er senkte den Kopf. »Sie hat eine Behinderung, Mongolismus.«
    Er stand auf und holte aus dem Wohnzimmer ein gerahmtes Foto. Vater, Mutter und Kind vor dem nagelneuen Haus in der Sonne. Das Mädchen strahlte übers ganze Gesicht, das die charakteristische Flächigkeit und die schräg gestellten Augen hatte. Ihre Haare waren zu Zöpfen geflochten, in denen weiße Schleifen saßen.
    »Sie heißt Andrea.«
    »Sie sieht süß aus.«
    Sie sah, wie er schluckte.
    »Sie ist unser einziges Kind. Peter war wirklich nett zu ihr, sein Hund war immer mit dabei, ein Schäferhund, und dann haben sie zu dritt gespielt. Sie haben Ball gespielt oder Stöcke geworfen oder so was, es war immer, als ob …«
    Er blinzelte und schüttelte wieder den Kopf.
    »Es war, ehrlich gesagt, so, als ob Peter, aber auch der Hund einen ganz besonderen Zugang zu Andrea hatten, sie strahlte immer so. Ich weiß gar nicht, wen sie mehr liebte, Peter oder Thor.«
    Er hatte also einen Hund gehabt, der Thor hieß.
    »Das war ein toller Hund. Folgte ihm auf den Fuß, gehorsam wie nur irgendwas. Grenzenlose Liebe.«
    Er stellte den Bilderrahmen auf den Küchentisch und betrachtete das Foto eine Weile gedankenversunken. Seine Frau war drall, hatte Lachgrübchen und dunkles, kurzgeschnittenes Haar. Die Tochter hatte ihre Augenfarbe: Dunkelblau.
    »Was ist mit dem Hund passiert?«
    Er riss sich vom Foto los.
    »Der ist doch erschossen worden. Was ich gehört habe, ist, dass es irgendwie zu einer Auseinandersetzung kam, und jemand hat den Hund erschossen, und den hat Peter dann wohl umgebracht. Obwohl keiner wirklich weiß, was da abgelaufen ist. Soweit ich weiß, hatte er gestanden, und das war es dann.«
    Wieder musste er schlucken.
    »Das klingt vielleicht total verrückt, aber dieser Hund bedeutete ihm wirklich sehr viel. Vielleicht war ihm einfach alles andere egal, als er getötet wurde.«
    Dicte schloss die Augen. Sie hatte diese Geschichte schon einmal gehört, aber noch nicht so, voller Emotionen. Der Mann leerte seinen Becher und sah auf die Uhr.
    »Na, dann wollen wir mal zusehen, dass wir Sie da aus dem Matschloch holen. Zum Glück haben wir ja einen Traktor.«
    Sie verließen das Haus. Es war nicht mehr so diesig wie zuvor, so, als hätte sich der Nebel über der Küste gelichtet, damit das Licht an Kraft gewinnen konnte. Der Traktor machte seine Sache gut, und Dictes Fiat war innerhalb von Sekunden befreit.
    »Sie haben vorhin gesagt, dass es zu einer Auseinandersetzung gekommen war. Wissen Sie, was er für Freunde hatte?«
    Der Mann lächelte.
    »Na, eher so von der Schattenseite der Gesellschaft, würde ich sagen. So von allem etwas. Einmal sind wir ihm begegnet, da hatte er zwei … sagen wir leichtlebige Damen an seiner Seite. Die waren aus Århus zu Besuch gekommen, wo sie ein Bordell betreiben. Aber das wirkte nicht so, als wäre das ein Geheimnis …«
    »Eine letzte Frage noch.«
    Sie hatte die Fahrertür geöffnet, bereit, sich zu verabschieden.
    »Als ich in dem Haus von Peter war, habe ich Bilder an den Wänden gesehen. Die waren alle mit PEB signiert.«
    Er nickte.
    »Das kann schon hinkommen. Er hat mir erzählt, dass er das Licht hier draußen so gerne mochte.«
    »Viele von den Arbeiten haben einen brennenden Baum als Motiv. Sie wissen nicht zufällig, warum?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wissen Sie, ob er religiös war?«
    Er schien angestrengt in seiner Erinnerung zu graben.
    »So gut kannten wir ihn auch nicht. Aber einmal hat er gesagt, dass er sich gut vorstellen könnte, dass es eine Hölle gibt. Denn er hätte sie mit eigenen Augen gesehen.«

KAPITEL 38
    Es war Samstagmorgen um halb acht, und die Kirche war menschenleer.
    Francesca ging langsam durch den Mittelgang auf den Altar zu. Ihr Haar war mit einem Tuch bedeckt, den Kopf hielt sie gesenkt. Sie trug einen langen schwarzen Mantel, der bis zum Boden reichte. Ihre Beine fühlten sich schwer an, wie Fremdkörper schleppte sie sie hinter sich her. Auch ihr Herz war schwer.
    Sie war früh am Morgen von Telefonklingeln geweckt worden. Ein Journalist, Karl Henriksen, hatte sie um einen Kommentar zu einer Geschichte gebeten, die in der Sonntagsausgabe seiner Zeitung, der
NyhedsPosten,
erscheinen sollte. Sie

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