Rachsucht
egal, dass Mari Diamond eine Affäre mit Brand hatte?«
»Das ist Sex. Das ist was anderes.«
»Wie bitte?«
»Haben Sie sich Cal Diamond mal angesehen? Wenn Frank sie nicht ordentlich rangenommen hätte, hätte Mari wahrscheinlich den Verstand verloren.«
»Mein Gott, sind Sie primitiv«, sagte ich völlig fassungslos.
»Seit Yvettes Tod ist sie völlig von der Rolle. Dass sie den alten Knacker geheiratet hat, ist der beste Beweis dafür. Sie braucht ständig Nachschub an Männern, damit sie nicht durchdreht. Dafür braucht sie sich nicht zu entschuldigen und ihre Gespielen auch nicht.«
»Soll das heißen …«
»Sagen Sie bloß nichts gegen Mari. Die Frau hat Klasse.«
»Und Sie haben auch ein Verhältnis mit ihr?«
»Hundert Punkte für die Krüppelschlampe.«
Ich schlug ihm ins Gesicht.
Er zuckte zusammen und holte tief Luft. »Darauf warte ich schon die ganze Woche.«
»Sie sind ein Schwein, Rudenski.«
Er lächelte. »Endlich. Jetzt weiß ich zumindest, dass Sie selber auch Emotionen haben und nicht nur Blackburns Lakai sind.«
Es juckte mich, erneut zuzuschlagen.
»Ich gehe.« Damit wandte ich mich ab.
Er legte mir die Hand auf den Arm. »Ich bin ein Schwein, weil ich was mit Mari habe, aber Sie können so pervers sein, wie Sie wollen?«
»Auf das Niveau lasse ich mich gar nicht erst herab.«
»Jetzt kommen Sie aber ganz schön in Fahrt.«
»Lassen Sie mich los!«
»Nicht so eilig. Probieren Sie es doch mit mir. Wir hätten bestimmt viel Spaß.« Seine Zunge spielte zwischen den Zähnen. »Ich würde Sie gern mal so richtig erregt sehen. Wenn Sie wollen, tu ich auch so, als wäre ich behindert.«
»Aufhören!«
Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien, aber er packte mich am Handgelenk und schob mir seinen Oberschenkel zwischen die Beine.
»Zieren Sie sich doch nicht so! Wir wären ein tolles Team.«
Mir wurde schwarz vor Augen. Ich stieß ihn weg und rannte den Abhang hinunter. Hinter mir hörte ich Rudenski lachen. Selbst als ich die Straße erreicht hatte, blieb ich nicht stehen, sondern lief weiter Richtung Friedhofsverwaltung. Nach einer Minute hörte ich, wie der Motor des Porsches angelassen wurde. Als Rudenski mich eingeholt hatte, öffnete er das Fenster.
»Die Einladung steht«, rief er. »Aber wenn Sie mit irgendwem darüber reden, sind Sie erledigt. Mari wird Ihnen die Nieren rausreißen und sie an ihre Hunde verfüttern.«
Damit verschwand er.
Ich wollte nur noch nach Hause und mir den ganzen Dreck abschrubben. Aber als mich das Taxi absetzte, hockte meine Cousine Taylor auf meiner Türschwelle. Sie hatte so viel Haarspray auf dem Kopf, dass sie vermutlich als leicht entflammbar hätte deklariert werden müssen, und stöberte gerade meine Post durch.
Sie hielt einen Umschlag in die Höhe. »Ich wusste gar nicht, dass du eine Goldkarte hast.«
Ich nahm ihr den Brief ab. »Was ist los?«
Sie erhob sich und klopfte sich den Staub von der Rückseite ihrer Shorts. »Wir waren für heute zum Mittagessen verabredet. Hast du das vergessen?«
Meine Stimmung sank in den Keller. »Tut mir leid, das war mir völlig entfallen. Gib mir eine Minute, damit ich mich umziehen kann.«
Ich ging mit ihr ins Café Orleans an der Promenade am Paseo Nuevo. Wir setzten uns nach draußen und aßen die für New Orleans typischen Po-Boy-Baguettes. Dazu tranken wir Eistee. Ich hatte mich immer noch nicht von Rudenskis Anmache erholt und fühlte mich wie beschmutzt, aber Taylor schien das gar nicht zu bemerken. Sie redete ununterbrochen von ihrem Job, und ihre Blaubeeraugen funkelten vor Begeisterung.
»Dessous von Countess Zara. Die Marke kennst du ja bestimmt. Ich bin Vertreterin für die Linie Dazzling Delicates. Sobald ich mich häuslich eingerichtet habe, fange ich hier
mit dem Vertrieb an.« Sie musterte die Passanten. »Ein bisschen Pep und Push-up könnte euch ja nicht schaden.«
Ich starrte geistesabwesend ins Leere. Was hatte Kenny Rudenski mit dieser Szene beabsichtigt? Falls er geglaubt hatte, mit seiner Aktion Mitleid zu erwecken, war er schief gewickelt. Und sollte er gehofft haben, ich würde mit ihm ins Bett springen, war er wirklich krank. Sein Verhalten war absolut kontraproduktiv. Geradezu selbstzerstörerisch.
»Was?«, fragte ich.
»Ist das Buch, an dem du gerade schreibst, so wie das letzte? Raketen und Mutanten?« Sie zupfte an ihrer Uhr und den Armbändern und kontrollierte ihren Nagellack. »Darf ich dir einen Tipp geben? Weniger Bomben und mehr
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