Rachsucht
kann ich verzichten.«
»Ich war an der Fakultät für Computerwissenschaften, als der Cyberspace geboren wurde. Der Campus hier war der dritte Knoten im Internet. Als dieser Planet online ging, war das uns zu verdanken.«
Sein markantes Gesicht bekam einen stahlharten Glanz.
»Nächste Woche fliege ich zu einer Besprechung mit dem Minister für Heimatschutz nach Washington. Ich erstatte dem Militärausschuss des Kongresses Bericht. Das sind wichtige Angelegenheiten, junge Frau. Und ich lasse nicht zu, dass ein verbitterter Versager wie Franklin Brand Sie dazu benutzt, meine Firma in den Dreck zu ziehen.«
Er drehte um und machte sich auf den Rückweg, hielt aber plötzlich inne und fuchtelte mit dem Zeigefinger in meine Richtung.
»Wie können Sie es nur wagen, Kenny als Brands Komplizen zu bezeichnen? Wie kommen Sie dazu, einem Kriminellen bei der Vernichtung meines Sohnes zu helfen?«
»Weil ich den Mann schützen muss, den ich liebe.«
Der Finger hing noch einen Augenblick länger in der Luft, aber die Empörung in seinen Augen erlosch.
»Mr. Rudenski, das ist kein billiger Trick«, sagte ich. »Wir haben es mit einem Polizistenmörder zu tun, der Verbindungen zu Mako hat.«
»Ich bringe Sie zu Ihrem Auto«, erwiderte er.
»Ich muss mit Ihrem Sohn sprechen.«
»Kommt nicht infrage. Sie werden nicht in meiner Firma herumschnüffeln.«
Machte er sich was vor oder deckte er jemanden? Er wollte nichts hören, nichts über Brand, nichts über Mako und schon gar nichts über seinen Sohn.
»Richten Sie Ihrem Sohn Brands Botschaft aus. Sagen Sie ihm, ich will mit ihm sprechen.«
Aber er hatte sich abgewandt, und ich redete nur noch mit seinem Rücken.
Den restlichen Vormittag verbrachte ich über Abhandlungen gebeugt und an meinem Bleistift kauend in der juristischen Bibliothek. Als ich nach draußen trat, hatten sich die Wolken aufgelöst. Der Wind war warm und der Himmel strahlend blau. Die vorbeifahrenden Autos reflektierten das Sonnenlicht, und die durch die Straßen schlendernden Menschen wirkten farbenfroh wie Konfetti. Ich pilgerte zum Coffee Bean and Tea Leaf. Als ich zahlen wollte, legte Jakarta Rivera die passenden Münzen auf die Theke.
»Ich lade Sie ein. Betrachten Sie es als Anzahlung auf das erste Kapitel.«
»Danke, nicht nötig. Die erste Zeile bekommen Sie von mir kostenlos.«
Ich nahm den Pappbecher mit nach draußen. Sie folgte mir.
»Wer einmal lügt, dem …«, begann ich.
»Sie sind ein richtiger Scherzkeks, was?«
»Mein Leben ist so lustig, dass ich keine weiteren humoristischen Einlagen gebrauchen kann.«
»Ich war neun Jahre lang beim D.O. Taipeh, Bogotá, Berlin.«
»Als CIA-Agentin«, sagte ich sarkastisch.
»Und Sie haben sofort verstanden. Das bestätigt unsere Einschätzung.«
Sie setzte eine Chanel-Sonnenbrille auf. Ihr Seidenpullover und der Tiermusterrock betonten ihre Ballerinafigur und verströmten eine mühelose Eleganz, die mich an Paris denken ließ. In Santa Barbara war solches Stilgefühl selten. Jakarta Rivera dagegen hatte nicht nur eine sichere Hand bei der Auswahl ihrer Outfits, sondern auch das richtige Selbstbewusstsein, um sie zu tragen.
»D.O. – Directorate of Operations, die frühere Koordinierungsstelle der CIA«, erwiderte ich. »Jeder Tom-Clancy-Fan kennt diese Kürzel.«
»Aber nicht jeder hat einen Bruder, der eine Hornet fliegt und in China Lake Testpilot ist.«
Allmählich wurde ich sauer.
»Und nicht jeder hat einen Vater, der an geheimen Waffenprojekten der Marineflieger beteiligt war.«
»Jetzt reicht’s.« Ich hob die Hand.
Sie schnitt mit hocherhobenem Kinn und geradem Rücken durch die Menge der Fußgänger wie eine Jacht durchs Wasser.
»Wollen Sie noch mehr hören?«, fragte sie. »Sie gehen öfter zur Kirche, als Sie es Ihrem Lebensgefährten gegenüber zugeben. Sie spenden Blut. Sie glauben an die Ehe und sind davon überzeugt, dass Lee Harvey Oswald Präsident Kennedy im Alleingang erschossen hat. Aus Ihrer Sicht ist die amerikanische Marine notwendig, um die Demokratie zu verteidigen. Sie können mit einem Gewehr umgehen und reagieren für eine Zivilistin unter Beschuss relativ besonnen. Sie schlafen mit einem Querschnittsgelähmten, besorgen sich
aber regelmäßig die Antibabypille, sind also Optimistin. Ihre schulischen Leistungen waren gut, aber Ihr Betragen ließ zu wünschen übrig. Und nein, Sie haben keine FBI-Akte, falls Sie das fragen wollten.«
Sie warf mir einen Seitenblick zu. »Im Gegensatz zu
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