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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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gerade in den Flitterwochen, aber davon abgesehen waren sie nett und sympathisch.
    Zu dieser Ansicht war auch Michael gekommen, der jetzt dauernd mit Hendrik zusammensteckte. Er hatte sich davon überzeugt, daß »dieser Fatzke« ein sehr erfindungsreicher Knabe mit einem ausgesprochenen Hang zu Lausbübereien war. Erstes Opfer wurde Herr Vogt.
    Eines Tages beobachtete ich verblüfft, wie er auf der menschenleeren Straße mit einer leichten Verbeugung den Hut zog und offensichtlich jemanden grüßte, der gar nicht da war. »Siedlungskoller!« dachte ich und vergaß die Sache wieder.
    Zwei Tage später das gleiche Bild: Herr Vogt schritt an Heinzes Mülltonne vorbei, lüftete den Hut und ging weiter. Nun hatte ich zwar schon länger bemerkt, daß er mich niemals ansah, wenn er mich grüßte, sondern rein automatisch den Hut zog, sobald ich »Guten Tag« sagte. Aber einen Menschen mit einer Mülltonne zu verwechseln, traute ich nicht einmal ihm zu.
    Beinahe täglich wiederholte sich das Spiel. Herr Vogt kam von den Garagen herauf, stiefelte den Weg entlang und grüßte die Mülltonne. Ob man nicht mal seiner Frau Bescheid sagen…? Seitdem es so kalt geworden war, begrüßte sie ihren Mann nicht mehr vor dem Haus, sondern wartete, bis er klingelte. Aber dann stand sie auch schon mit dem Handfeger parat und bürstete den Schnee von seinen Schuhen. Die merkwürdige Zeremonie konnte sie also noch gar nicht gesehen haben. Schließlich fragte ich Hendrik: »Habt ihr eigentlich eine besonders elegante Mülltonne?«
    »Nein. Wieso?« grinste er scheinheilig.
    »Weil Herr Vogt jeden Abend den Blechkübel grüßt.«
    »Haben Sie das auch gesehen?« prustete er los. »Wir haben unterm Deckel einen kleinen Lautsprecher versteckt, und jedesmal, wenn er kommt, flötet einer von uns ›Guten Abend, Herr Vogt!‹ ins Mikro. Prompt zieht er den Hut und antwortet.«
    »Wer ist denn ›wir‹?«
    »Na, Michael und ich. Bei den beiden alten Tanten haben wir das auch schon probiert, aber die sind bloß schreiend weggelaufen, als Michael geflüstert hat: ›Wo wollt ihr beiden Hübschen denn jetzt noch hin?‹«
    Kein Wunder, daß die Damen Ruhland seitdem nur noch hinten herum über den Feldweg und dann beim Köbes vorbei zur Straße gingen. Das war zwar erheblich weiter und erheblich unbequemer, aber dort standen wenigstens keine Mülltonnen mit unlauteren Absichten.
    Kinder erziehen ist die einfachste Sache von der Welt – vorausgesetzt, man hat die Geduld eines Anglers, die Nerven eines Astronauten und die Gabe, mit einem Minimum an Schlaf auszukommen. Wünschenswert wäre auch ein sechsstelliges Jahreseinkommen. Sascha hatte die Badezimmerwaage kaputtgespielt, und als ich ihn energisch zur Rede stellte, fragte er bloß: »Wozu is’n die eigentlich da?«
    »Ich weiß nur, daß man sich draufstellt und davon wütend wird«, erklärte ihm Sven, womit die Fragwürdigkeit dieses Gegenstandes hinreichend definiert war.
    Dann hatte ich einen Dialog zwischen Sven und Sabine Brauer darüber mitgehört, wer abends zeitiger schlafen gehen müsse, und der hatte damit geendet, daß Sven ganz entsetzt rief: »Mich steckt sie schon um acht ins Bett. Meine Mutter ist ja noch eine halbe Stunde gemeiner als deine!«
    Wenig später gab es Gebrüll, weil Sascha seinem Bruder einen Bonbon stiebitzt hatte, den der unbedingt wiederhaben wollte. »Gib ihn sofort zurück! Das ist meine Lieblingssorte, die schmeckt genau wie Heuschrecke!«
    Für einen halben Vormittag reichte es!
    Dabei hatte es eigentlich schon in der Nacht angefangen. So gegen drei Uhr war Sascha ins Schlafzimmer gestolpert, hatte das Licht angeknipst und uns unsanft aus dem Schlaf geholt.
    »Was ist denn los, Sascha? Fehlt dir etwas?«
    »Nein, Mami.«
    »Hast du schlecht geträumt?«
    »Nein, Mami.«
    »Tut dir etwas weh?«
    »Überhaupt nichts.«
    »Himmeldonnerwetter noch mal, weshalb kommst du dann mitten in der Nacht hier anmarschiert?«
    »Ich wollte dir bloß sagen, Papi, daß du recht gehabt hast. Ich will meine Bratkartoffeln von gestern abend doch noch essen!«
    Nun hatte ich mir gerade die Haare gewaschen und wollte mich nach bewährter Methode unter die lärmende Trockenhaube setzen, um ungestört durch Kindergeschrei und Telefongebimmel die Zeitung durchzublättern, als mir einfiel, daß Samstag war und die Geschäfte in zwei Stunden schließen würden. Natürlich hatte ich noch nichts eingekauft, und natürlich hatte sich Rolf wieder rechtzeitig verdrückt.
    »Ungelernte

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