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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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alles nichts, ich mußte auch in den Keller kommen, bekam ein Glas lauwarmen Sekt in die Hand gedrückt und sollte mit allen Brüderschaft trinken. Vernünftige Leute vergessen derartige Verbrüderungszenen am nächsten Tag, aber die meisten hier sahen nicht so aus, als würden sie sich daran halten. Frau Brauer war wirklich die einzige, mit der ich mich gern geduzt hätte, aber die war verschwunden. Kluge Person!
    Irgendwann platzte ein neuer Gast in unsere Runde, ein Herr mit grauen Schläfen, den niemand kannte, der aber trotzdem ein Glas bekam und bereitwillig mit jedem anstieß. Dann trank er noch ein zweites Glas und ein drittes, knöpfte seinen Mantel auf, setzte den Hut ab und unterhielt sich angeregt mit Frau Obermüller über seelisch bedingte Kreislaufstörungen. Schließlich fragte sie neugierig: »Wo gehören Sie eigentlich hin? Ich meine, in welches Haus?«
    Da schien bei ihm etwas zu dämmern. »Du meine Güte«, sagte er entsetzt, »ich bin ja bloß hergekommen, weil irgendein Auto die Zufahrtsstraße blockiert. Meine Frau sitzt draußen im Wagen und wartet, daß ich den Schuldigen finde!«
    Johlend zogen alle zu den Garagen. Dasaß doch tatsächlich eine beleibte Dame mit Blümchenhut in einer jener Luxuslimousinen, die Michael immer als Bonzenschleudern bezeichnete, weil sein Vater nur einen klapprigen Opel fuhr. Die Dame sah gar nicht lustig aus, bedachte ihren auch schon ziemlich angeheiterten Mann mit einem Blick, der Bände sprach, und forderte energisch die sofortige Entfernung »dieses Blechhaufens, der da so verkehrswidrig parkt«.
    Felix streichelte sein geschmähtes Vehikel, das immer noch »Karoline« hieß, obwohl die betreffende Dame schon längst zu seinen Verflossenen gehörte, und grunzte böse: »Immerhin l-läuft der Wagen auf allen v-vier Rädern und n-nicht auf W-Wechseln, w-was man von den m- meisten Autos nicht be-behaupten kann!«
    Dann suchte er nach seinen Wagenschlüsseln, fand sie nicht und erinnerte sich endlich, daß er sie seiner Freundin gegeben hatte.
    »W-wo is die eigentlich?«
    »Sie schläft!« beruhigte ich ihn.
    »W-wieso schläft sie? Sie hat nicht zu schlafen!«
    »Sie war müde, und du hast sie ja auch gar nicht vermißt!«
    »S-sie war ja gar nich da, w-wie kann ich sie dann v- vermissen?« beharrte Felix eigensinnig.
    Es war hoffnungslos! Ich lief zum Haus, rannte die Treppen hinauf, durchsuchte Bärbels Handtasche, dann den Mantel, die Kostümjacke – nichts! Vorsichtshalber durchwühlte ich auch noch Felix’ Manteltaschen, förderte aber nur einen angebissenen Apfel und zwei Eintrittskarten für ein Catcherturnier zutage. Also zurück zum Schauplatz der Tragikomödie.
    »Ich kann die Schlüssel nirgends finden«, japste ich. »Du mußt sie doch bei dir haben!«
    »Hab’ ich aber nicht!«
    »Denn müssen wir eben schieben! Hoffentlich hat er nich die Handbremse anjezogen!« Obermüller äugte durch die beschlagenen Scheiben. »Ick werd varückt!« jubelte er los, »da stecken ja die Schlüssel! Een Jlück, det hier bloß ehrliche Menschen wohnen!«
    Nachdem der unbekannte Fremde mit seiner inzwischen versteinerten Gattin abgefahren war, löste sich die Gesellschaft auf. Brauer wollte zwar unbedingt noch jedem eine Kostprobe seiner »Stürmischen Nacht« servieren, fand aber nur noch bei Obermüller Zustimmung, und dann wollte der plötzlich auch nicht mehr. Isabell klapperte mit den Zähnen und schien erst jetzt zu bemerken, daß sie so gut wie gar nichts anhatte. »Alf, gib mir dein Jackett!«
    Der sehr jugendliche »Neffe« zog gehorsam die Smokingjacke aus, hüllte Isabell ein und führte sie sorgsam fort. Felix stakste hinterher. »Nicht vergessen, Babydoll, du hast mich zum Frühschoppen eingeladen!«
    Irgendwie gelang es mir, meine beiden Männer ins Haus und dann sogar in die Betten zu verfrachten, d. h. für Felix mußte ein Sessel genügen. Auf der Couch schlummerte Bärbel, und ich war einfach zu müde, die Luftmatratze aus dem Keller zu holen oder irgendeine andere Liegestatt zu improvisieren.
    Als ich endlich das Licht ausknipste, schlug in der Ferne die Kirchturmuhr viermal. Spätestens um halb acht würden die Jungs durchs Haus toben. Kinderlachen ist doch etwas Herrliches – besonders am Neujahrsmorgen!

Siebentes Kapitel
    Der kostenlose Glühwein der Baugesellschaft hatte sich rentiert. Gleich nach Neujahr sichteten wir wieder Handwerker, und dann wußte auch schon Michael, daß das Haus Nr. 8 in Kürze bezogen werden sollte.
    »Hatten

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