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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Minuten bin ich fertig!«
    Es dauerte dann aber doch noch eine halbe Stunde, bevor sie, ganz in Weiß, zu uns stieß, die wir gerade Obermüllers Garten bewunderten. Überall zwischen den Unkräutern standen kleine Windlichter, vom Balkon hingen Luftballons und Papierschlangen – es sah eigentlich mehr nach Fasching aus als nach Sommerfest. Am eindrucksvollsten aber war die Tanzfläche. Die Bretter waren mit blauer Plastikfolie überzogen – »wejen die Splitterjefahr!« wie uns Obermüller erklärte – und unter Verwendung von vier kleineren Gerüstleitern und drei aneinandergehefteten hellgrünen Bettlaken sogar überdacht.
    »Sieht aus wie’n jroßet Himmelbett, nich wahr?« freute er sich. »Is bloß nich janz so bequem. Ihr braucht det also janich erst ausprobieren!«
    Bei Frieses ging es bayrisch zu. Ein großes Bierfaß stand auf der Terrasse, daneben ein Holzhammer, drumherum stapelten sich die von uns allen zusammengepumpten Gläser – angefangen bei Bleikristall und endend bei Keramikhumpen mit silbernen Gamsbartdeckeln (die stammten garantiert von Vogts!). Blauweiße Papiergirlanden hingen überall da, wo Friese etwas zum Befestigen gefunden hatte, und das war nur bei seinen Stachelbeersträuchern der Fall gewesen. Die bekränzten Büsche sahen aus wie ein Ehrenspalier zum Empfang des bayrischen Ministerpräsidenten.
    »Jetzt kannst du die Beleuchtung einschalten, Gerlinde!« rief Wittinger ungeduldig über den Zaun. »Wir kommen!«
    Im selben Augenblick wurde der ganze Garten in gleißend-buntes Neonlicht getaucht. Zwischen den Blumen mußten überall Lampen verborgen sein, die in unregelmäßigen Abständen aufflammten und wieder verloschen. Die Terrasse, ohnehin schon mit Infrarotheizung ausgestattet, hatte noch zusätzliche Neonstrahler bekommen, und in dem gespenstisch grellgrünen Licht sahen wir alle aus wie Wasserleichen.
    »Wie haste det bloß fertigjekriegt, Rudi? Sonst kannste doch nich mal’n Stecker zusammenschrauben.«
    »Ich habe heute früh einen Elektriker kommen lassen«, sagte Wittinger.
    »Ach so. Den hab’ ick rumkriechen jesehn. Ick hab’ aba jejloobt, du hast wieder’n Järtner anjeheuert, damit der die Blattläuse von deine Rosen sammelt.« Obermüller warf einen anerkennenden Blick auf das kalte Büfett. »Sieht zwar allet ‘n bißchen wie Seetang und Sülze aus, aba wenn de nachher die Tanzschuppenbeleuchtung ausmachst, wer’n wa ja sehn, wat de Schönet uffjjefahrn hast.«
    Übrigens trug Wittinger als einziger einen Smoking und Gerlinde – auch als einzige – ein großes Abendkleid.
    Als nächstes war unser Garten dran. Die Christbaumkette mit den bunten Lampions machte sich wirklich gut. Hinten am Zaun hatten wir auch noch welche aufgestellt, und ganz zum Schluß hatte Rolf einen lachenden Vollmond in Isabells Birke gehängt.
    Plötzlich fiel mir ein, daß ich Babydoll noch gar nicht gesehen hatte. Und Felix auch nicht mehr. Nur das entnervende Gehämmer hatte bis zum Einbruch der Dämmerung angedauert.
    Wie auf Kommando äugten die beiden um die Trennwand. »Ihr hättet keine Minute früher kommen dürfen, wir sind gerade erst fertig geworden. Darf ich euch einladen in die Welt von Tausendundeiner Nacht?«
    Zuvorkommend reichte mir Felix die Hand. Neugierig stieg ich über den Zaun.
    »Ach du liebe Zeit!« war alles, was ich sagen konnte.
    Die ganze Terrasse war mit bonbonrosa Kreppapier verkleidet, rosa Papierampeln hingen von der Decke, auf dem Boden lagen Berge von Kissen, und mittendrin saß Isabell, eingehüllt in einen sackartigen Kaftan mit viel Silber dran.
    Auf der schwarzen Perücke prangte ein glitzerndes Diadem, die grüngeschminkten Augen waren mit Goldstaub beklebt, und in der Hand hielt sie einen riesigen Fächer aus rosa Federn. Ich war einfach überwältigt! Die anderen auch, denn es herrschte allgemeines Schweigen. Dann platzte Obermüller heraus:
    »Doll! Wie im Puff!«
    Mit hoheitsvoller Geste faltete Isabell ihren Fächer zusammen.
    »Du hast wohl noch nie etwas von Kleopatra gehört?«
    »Doch. Aber wo is Cäsar? Noch mit die Elefanten über die Alpen unterwegs?«
    »Das war Hannibal, du Trottel!
Mein
Cäsar kommt erst nachher.« Sie erhob sich, was ihr etwas schwerfiel und nur mit Felix’ Hilfe gelang, und verschwand im Haus.
    »Jetzt habt ihr sie beleidigt«, sagte Felix vorwurfsvoll. »Dabei ist sie so stolz auf ihre rosa Kemenate.«
    »Die gehört nun wiederum in die Ritterzeit«, bemerkte Rolf. »Aber Geschichte ist ja noch nie deine

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