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Radau im Reihenhaus

Radau im Reihenhaus

Titel: Radau im Reihenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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wird’s schon jehn!« Prüfend trampelte er auf den Brettern herum. »Wackeln tut’s ooch. Ob wa nich doch lieber’n paar Türen aushängen und aneinanderlejen? Die Klinken müssen wa natürlich erst abschrauben.«
    Bei Wittingers fuhr ein Lieferwagen vor, der das Firmenschild eines bekannten Düsseldorfer Delikatessengeschäfts trug.
    »Da kommen ja endlich die kalten Platten«, rief Wittinger laut, damit wir es auch alle hören konnten, und eilte davon.
    »Der schmeißt det Jeld aba wirklich zum Fenster raus! Möchte wissen, wie lange det jutjeht. Seit Monaten arbeetet er doch janich mehr.«
    »Aber er geht doch jeden Morgen pünktlich aus dem Haus«, wunderte ich mich.
    »Aba nich zur Arbeet. Der hat doch in Düsseldorf ‘ne Freundin, und der hat er sojar ‘ne kleene Wohnung einje- richtet. Weeßte denn det nich?«
    Offenbar war ich mit dem Siedlungsklatsch mal wieder nicht auf dem laufenden. »Was sagt denn seine Frau dazu?«
    »Gloobste denn, die weeß det? Die hat doch von nischt ‘ne Ahnung. Wir haben’s ja ooch bloß rausjekriegt, weil Hermann ‘ne Kundin hat, die janz zufällig in detselbe Apartmenthaus wohnt. Irjendwie tut mir die Jerlinde ja leid, aba ick misch mir jrundsätzlich nich in andre Leute ihre Anjelejenheiten.«
    Gegen sechs Uhr waren alle Vorbereitungen beendet, und ich konnte mich einem nicht minder wichtigen Problem widmen: Was sollte ich anziehen? Zu festlich durfte es nicht sein, schließlich handelte es sich nur um eine interne Gartenparty, und wenn ich dann auch noch an unseren Tanzboden dachte… Wittingers Hifi-Anlage dröhnte bereits durch die ganze Siedlung. Ich fürchtete für Karsten Vogts ungestörte Nachtruhe. Erwartungsgemäß hatte seine Mutter das eigene Grundstück zur Bannmeile erklärt, »weil der Junge doch seinen Schlaf braucht!«
    »Aber alle Kinder dürfen doch bis zehn Uhr mitmachen«, hatte ich ihr entgegengehalten. »Vorher können sie bei dem Radau ja doch nicht einschlafen. Und dann werden sie hoffentlich müde genug sein!«
    »Karsten darf noch vom Balkon aus ein Weilchen zusehen, aber spätestens um halb neun muß er ins Bett. Das weiß er auch!«
    Armer Kerl. Anscheinend war Frau Vogt niemals Kind gewesen. Sie mußte schon als Erwachsene und mit moralisch erhobenem Zeigefinger zur Welt gekommen sein.
    Lange überlegte ich, ob ich nun das geblümte Sommerkleid mit dem tiefen Ausschnitt anziehen sollte oder lieber das hochgeschlossene aus Chiffon, das so unanständig durchsichtig war. Ich wollte ja nicht nur den Männern gefallen, sondern auch ein bißchen meine Nachbarinnen ärgern. Wozu sonst zieht man sich an?
    Es klopfte an der Schlafzimmertür. »Darf ich reinkommen?«
    Frau Heinze war in mitternachtsblauen Frottee gehüllt. Bodenlang. Beim näheren Hinsehen entpuppte sich das Gewand als Bademantel.
    »Wissen Sie auch nicht, was Sie anziehen sollen? An Ihrer Stelle würde ich das Schwarze nehmen, dann haben die anderen wenigstens was zum Klatschen!« Sie zeigte auf das Chiffonkleid. »Tolle Kreation! Sieht so richtig schön verworfen aus!«
    Suchend sah sie sich um und ließ sich aufs Bett fallen. »Ich muß mich erst mal setzen! Seit einer halben Stunde probiere ich, was mir am besten steht. Gefunden habe ich noch nichts. Die Mädchen werden heutzutage einfach zu schnell groß. Du machst deinen Schrank auf, und dein schönstes Kleid ist fort.«
    »Das kann mir nicht passieren, ich hab’ nur Jungs!« lachte ich.
    »Wer weiß, was die ihn zehn Jahren tragen! Patricia zieht ja sogar Oberhemden und Pullover von ihrem Vater an. Lediglich seine Hosen sind momentan vor ihr noch sicher.«
    Inzwischen hatte ich meine Toilette beendet. Frau Heinze musterte mich kritisch. »Einfach großartig! Die Männer werden begeistert sein, die Frauen werden Sie hinter Ihrem Rücken zerreißen. Morgen erzähle ich Ihnen, was sie gesagt haben!«
    Seufzend stand sie auf. »Langsam werde ich mich wohl auch fertigmachen müssen. Am besten ziehe ich mein graues Jerseykleid an. Das ist schon acht Jahre alt und wird allmählich wieder modern.«
    Rolf steckte seinen Kopf durch die Tür. »Beeil dich ein bißchen, die Prozession formiert sich schon! Als erstes ist ein Rundgang…« Da sah er Frau Heinze. »Entschuldigung, ich wußte nicht, daß ihr beide schon fertig seid. Sie sehen übrigens entzückend aus!«
    Weg war er.
    »War das jetzt ein Kompliment oder eine Frechheit?«
    Die Klärung dieser Frage verschoben wir auf später. Frau Heinze eilte die Treppe hinunter. »In zehn

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