Radau im Reihenhaus
zuständig für Bier. »Aber vom Faß!« versprach er, »das ist doch wenigstens ein Männergetränk. Mir ist von eurem labbrigen Zeug schon jetzt ganz flau!«
»Wenn das nur gutgeht!« zweifelte Rolf, als er sich lauthals gähnend ins Bett legte. »Am besten wäre es, wenn es übermorgen regnen würde.«
Es regnete nicht. Vielmehr schien es ein strahlend schöner und für September auch außergewöhnlich warmer Tag zu werden. Man hätte zum Baden fahren können oder ins Sauerland, man hätte in der Sonne liegen und endlich mal das Buch lesen können, über das alle Welt sprach – statt dessen stand ich in der Küche und schnippelte Zwiebeln für den Salat, während Rolf auf die Leiter hinauf und hinunter turnte und die Weihnachtsbaumbeleuchtung an die Terrassenwände nagelte. Die nicht ganz zeitgemäßen Kerzen sollten später von Lampions verdeckt werden. Ab und zu schielte er über die Trennwand, wo Babydoll in einem winzigen Bikini herumhüpfte und Unmengen von Kreppapier stapelte.
»Sie helfen mir doch nachher beim Dekorieren, nicht wahr?«
Dem schmachtenden Augenaufschlag konnte Rolf natürlich nicht widerstehen. Dem Schlag ans Schienbein aber auch nicht!
»Natürlich, gerne… wenn ich dann noch Zeit habe«, knirschte er mit zusammengebissenen Zähnen. Isabell bekam ein sonniges Lächeln, ich nur einen finsteren Blick. Stumm nagelte er weiter.
»Ich hab’ Sie ja so lange nicht gesehen. Waren Sie verreist? Haben Sie Ihre Neffen besucht?« Das war gemein von mir, aber ich konnte Isabell nun mal nicht ausstehen.
»Habe ich Ihnen das denn nicht erzählt? In Ägypten bin ich gewesen, drei Wochen lang, und alles inklusive. Sehr exotisch das Ganze, aber gefallen hat es mir trotzdem nicht. Nur die Filme auf dem Hin- und Rückflug waren gut.«
Die Leiter fing an zu wackeln, weil Rolf einen Hustenanfall bekam. »Und deshalb sind Sie nach Afrika gefahren?« keuchte er.
Isabell staunte. »Wieso Afrika? In Ägypten bin ich gewesen. Übrigens habe ich in Kairo einen zauberhaften Mann kennengelernt, einen Franzosen. Also so etwas von Charme und Eleganz – das gibt es hier bei uns gar nicht. Bei Gelegenheit muß ich Ihnen mal ganz ausführlich davon erzählen.«
Nur zu oft erweitert Reisen nicht den Horizont, sondern nur die Gespräche. Ich verzog mich lieber wieder in meine Küche.
Es klingelte. Alex brauchte Klebstoff. Und einen Drink. Den brauchte Rolf natürlich auch. Um zwölf kam Karin, um ihren Mann abzuholen.
Das dauerte bis eins. Danach war Rolf leicht beschwipst und ich total erschöpft. Dabei hatte die Party noch nicht mal angefangen!
Mittagessen gab es aus Dosen. Die vielen kochfertigen Gerichte sind für uns Hausfrauen ganz bestimmt ein Segen, aber wir brauchen trotzdem noch eine halbe Stunde, bis die Familie am Tisch sitzt.
»Können wir nicht ein bißchen was von den Salaten kriegen?« maulte Sven.
»Doch, aber erst heute abend.«
Um zwei Uhr kam Felix. Allein. Auf meine erstaunte Frage, wo er denn seine derzeitige Freundin gelassen habe, antwortete er lakonisch: »Wieso Freundin? Nimmst du denn Bier mit, wenn du nach München fährst?«
Offenbar hatte er sich einiges vorgenommen. Er trug einen eleganten hellen Anzug, den ich noch gar nicht kannte, und zum erstenmal harmonierte auch das modische Zubehör.
»Wenn Taschentuch, Socken und Krawatte zusammenpassen, trägt der Mann meistens ein Geschenk.«
»Quatsch!« sagte Felix, während er sich geschmeichelt im Spiegel betrachtete. »Bisher hatte ich nur noch nicht das Geld, um meinen individuellen Geschmack bezahlen zu können. Wie gefallen dir übrigens meine Schuhe? Neuestes Modell!«
Beifallheischend hielt er mir seine glänzenden Slipper entgegen. »Sehr schön! Aber eitel bist du gar nicht, nicht wahr?«
»Ach wo«, lachte Rolf, »aber er nimmt keine heiße Dusche mehr, weil da der Spiegel beschlägt!«
Beleidigt verzog sich Felix auf die Terrasse. Wenig später hörten wir ihn fluchen und hämmern. Isabell hatte ihre rotlackierten Krallen nach ihm ausgestreckt.
»Da ist er wenigstens gut aufgehoben«, sagte Rolf, bevor er sich zu einem kleinen Nickerchen zurückzog, um sich für die Strapazen des Abends zu stärken.
Bei Obermüllers wurde der Tanzboden aufgeschlagen. Unter Anleitung des Hausherrn nagelten Friese und Wittinger robuste kalkbespritzte Bretter zusammen, die sie vorher von einem Baugerüst demontiert hatten.
»Also Tango und Walzer is nich drin, da kriejen wa alle Splitter in die Beene, aber für det moderne Jehopse
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