Radau im Reihenhaus
Alex amüsierte sich köstlich.
»Wenn dieser Schuppen nicht schon zugewesen wäre, hättest du die Weibsbilder tatsächlich kommen lassen. Du hattest ja schon Geld fürs Taxi gesammelt. Zum Glück war wohl nur ein etwas vertrottelter Kellner am Apparat, der gar nicht richtig mitgekriegt hat, was du eigentlich von ihm wolltest.«
»Davon habe ich keine Ahnung!« beteuerte Rolf. »Das mußt du mir glauben!« Er sah mich ganz zerknirscht an. »Irgendwo fehlen mir ein paar Meter Film. Ist ja auch kein Wunder. Erst das widerlich süße himbeerrote Gesöff von Isabell, und dann der Whisky. Diese Mischung haut den stärksten Eskimo vom Schlitten!«
»Ist alles bloß Übungssache!« Alex zeigte nicht das geringste Verständnis. »Dann weißt du wohl auch nicht mehr, wie du Babydoll zu einem Spaziergang überredet hast, weil du ihr hinter Köbes’ Scheune die karierten Maiglöckchen zeigen wolltest?«
»Ist sie mitgegangen?« fragte Rolf entsetzt.
»Nee. Du bist über den Liegestuhl gestolpert und vorsichtshalber gleich drin sitzen geblieben.«
»Tu mir den Gefallen und hör auf!« jammerte Rolf. »Erzähl mir das nachher, wenn ich wieder aufnahmefähig bin. Oder noch besser, behalt es ganz für dich!«
»Kommt gar nicht in Frage«, protestierte ich. »Mich interessiert das nämlich brennend.«
»Widerwärtiges Klatschweib!« schimpfte Rolf, bevor er die Badezimmertür hinter sich zuschlug.
»Damit hat er doch wohl nicht mich gemeint?« fragte Alex verwundert. Unten wurde der Hörer auf die Gabel geknallt. »Anscheinend ist sie schon weg«, klagte Felix. »Aber zu Hause ist sie auch nicht.«
»Entschuldige dich mit ein paar Zeilen und schick ihr einen Rosenstrauß!« riet ich.
»Glaubst du, das hilft? Aber ich werde lieber Nelken nehmen. Um diese Jahreszeit sind sie billiger.«
Eine halbe Stunde später saßen die drei Partylöwen einträchtig auf der Terrasse, löffelten Gulaschsuppe und renommierten mit ihren Heldentaten.
»Wo bist du eigentlich abgeblieben, Felix?« examinierte Rolf. »Ich hab’ dich überhaupt nicht mehr gesehen. Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt ist Dorle auch verschwunden.«
»Aber nicht mit mir!« wehrte der empört ab. »Ich habe bloß ein bißchen mit der niedlichen Krabbe von gegenüber geflirtet. Patricia heißt sie, oder so ähnlich. Mitten beim Tanzen fragte sie plötzlich, wie alt ich bin, und ich Idiot habe prompt die Wahrheit gesagt. Darauf sie: ›Für Ihr Alter haben Sie sich aber ganz passabel gehalten!‹ Was denkt dieses Gör sich eigentlich?«
Rolf grinste. »Im Leben eines Mannes gibt es drei Abschnitte: Jugend, Mannesalter und die Zeit, wo die Leute sagen: ›Sie sehen aber gut aus!‹«
Felix streckte ihm die Zunge raus. »Ekel!«
»Alles in allem war es aber doch eine gelungene Sache«, behauptete Alex. »Ich hab’s ja immer gesagt: Man soll die Feste feiern, wie sie fallen.«
Davon war ich nun gar nicht überzeugt. Mir fiel Frau Heinzes Morgenvisite ein und ihre blumenreiche Schilderung der vergangenen Nacht. Vielleicht sollte man das Sprichwort ein bißchen abwandeln, etwa so: Man soll die Feiern fallenlassen, bevor sie feste ausarten!
Dreizehntes Kapitel
Die Gemüter beruhigten sich wieder. Eine Zeitlang waren sich die jeweiligen Kontrahenten aus dem Weg gegangen oder hatten sich geflissentlich übersehen, aber so nach und nach einigten sie sich auf die nicht zu widerlegende Version, daß man wohl allgemein ein bißchen zuviel getrunken habe und folglich Anspruch auf den Paragraphen einundfünfzig Komma zwo erheben könne. Schließlich lud Babydoll die verfeindeten Parteien zu einem Versöhnungsabend ein, an dem dann die letzten Streitigkeiten beseitigt und zu später Stunde neue angefangen wurden. Aber auch die lösten sich in bierseliger Verbrüderung wieder auf, und im Morgengrauen verkündeten alle Teilnehmer dieser Party mehr laut als melodisch, daß so ein Tag, so wunderschön wie heute, nie vergehen dürfe und alle, alle in den Himmel kämen. Ich war allerdings vom Gegenteil überzeugt. Wegen des Radaus hatte ich die ganze Nacht kaum ein Auge zugemacht und die Sangesbrüder allesamt zum Teufel gewünscht.
Die Siedlung hatte ein neues Gesprächsthema. Frau Heinze hatte beschlossen, den Führerschein zu machen und zwar heimlich. Schätzchen durfte nichts davon wissen, hatte er doch seiner Frau die Zustimmung mit dem Hinweis verweigert: »In deiner Hand wäre das keine Fahrerlaubnis, sondern ein Waffenschein! Kommt nicht in Frage!«
»Nun erst recht!«
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