Radau im Reihenhaus
herabgesetztes Einzelstück gewesen.
Eines Tages rief Herr Heinze am frühen Vormittag an und bat seine Frau, ihm einen Handkoffer zu packen, weil er kurzfristig für zwei Tage verreisen müsse. Seine Maschine gehe um elf Uhr, und vorher werde er den Koffer noch abholen.
Natürlich hatte ausgerechnet an diesem Tag die Putzfrau telefonisch abgesagt, weil sie dringend zum Zahnarzt mußte. Herr Heinze bedauerte sein armes Liebchen, das nun ganz ohne Hilfe zurechtkommen mußte, und ließ der Putzfrau gute Besserung wünschen.
»Das wäre beinahe schiefgegangen!« japste Frau Heinze, als Schätzchen samt Koffer im Auto und sie bei mir am Küchentisch saß. »Hoffentlich kommt so etwas nicht noch mal vor!«
Es kam aber! Diesmal waren es Besprechungsunterlagen, die er liegengelassen hatte und unbedingt noch am Vormittag brauchte.
»Kommen Sie bloß schnell rüber! Wir müssen meinen Mann irgendwie ablenken! Er darf auf keinen Fall nach oben gehen!«
»Und warum nicht?«
»Ich kann doch meine Putze nicht schon wieder krank sein lassen! Dann kriegt er es fertig und schmeißt sie raus!«
Etwas verstört bezog ich Posten am Badezimmerfenster, um Frau Heinze rechtzeitig Bescheid sagen zu können, wenn der Wagen ihres Mannes auf den Garagenhof fuhr. In der Zwischenzeit schleppte sie alles ins Wohnzimmer, was sie auf dem Schreibtisch an Papieren fand, und breitete die Aktenstöße auf dem Eßtisch aus.
»Ist das nicht ein bißchen zu auffällig?« fragte ich zweifelnd.
»Ich mach das schon!« sagte Frau Heinze und schaltete die Kaffeemaschine ein.
Ein dunkelgrüner Wagen bremste vor den Garagen. »Ich glaube, er kommt!«
»Dann gehen Sie jetzt in die Küche und schreiben irgendein Rezept ab! Wir müssen einen Vorwand für Ihr Hiersein haben. Kochbuch und Papier habe ich schon zurechtgelegt. Ich mache jetzt hier oben weiter!«
Gehorsam trabte ich in die Küche und begann, die recht langatmige Zubereitung von Cordon bleu abzuschreiben, während Frau Heinze den Wasserhahn der Badewanne aufdrehte und anschließend den Staubsauger im Arbeitszimmer einschaltete. Bei dem Radau hätte ich beinahe das Klingeln überhört, aber sie kam schon die Treppe heruntergefegt und öffnete.
»Nanu, Schätzchen«, rief sie überrascht, »du bist ja schon da! So schnell habe ich gar nicht mit dir gerechnet!«
»Ich hab’ dir doch gesagt, daß ich es eilig habe!« Er warf einen fragenden Blick auf die obere Etage. »Was ist denn das für ein infernalischer Krach?«
»Die Putzfrau, was denn sonst? »Frau Heinze schrie nach oben: »Machen Sie doch mal die Tür zu!«
Begreiflicherweise tat sich nichts, und so lief sie eilig die Treppe hinauf und schloß mit einem »Entschuldigen Sie, aber man versteht unten sein eigenes Wort nicht mehr!« nachdrücklich die Tür.
Inzwischen hatte Heinze auch mich entdeckt. »Wie ich sehe, bin ich in so eine Art Hausfrauen-Tornado geraten. Lassen Sie sich nicht stören, ich hole nur schnell meine Unterlagen von oben und verschwinde wieder.«
»Die habe ich dir schon heruntergebracht, Schätzchen«, beteuerte seine Gattin. »Du trinkst jetzt eine schöne Tasse Kaffee, suchst dir in aller Ruhe zusammen, was du brauchst, und dann fährst du hübsch langsam und vorsichtig wieder ins Büro.«
Entgeistert prallte Schätzchen zurück, als er die Papierstapel sah. »Was soll denn das?«
»Frau Oelmann putzt gerade dein Zimmer, und sie wird immer sehr ungemütlich, wenn man sie mittendrin stört«, versicherte Frau Heinze eilig.
»Blödsinn! Wie soll ich jetzt bei diesem Durcheinander den richtigen Schnellhefter finden? Er hat links auf dem Schreibtisch gelegen, gleich neben der Wanderkarte und dem Garantieschein für die Trockenhaube.« Knurrend machte er sich an die Suche. Zwischendurch trank er seinen Kaffee, den ich vorsichtshalber auf Babyflaschentemperatur abgekühlt hatte, und meuterte: »Wie lange will die da oben eigentlich noch saugen?«
»Wir machen doch heute gründlich!« erklärte seine Frau entschuldigend.
»Man kann doch aber nicht gleichzeitig saugen und baden!«
»Kein Mensch badet!«
»Und warum läuft dann das Wasser?«
»Himmel, meine Gardinen!« Frau Heinze enteilte treppauf. Kurz danach verstummte das Plätschern.
»Ich denke, heutzutage kann man auch Gardinen in der Maschine waschen?«
Segnungen der Fernsehwerbung! Angestrengt suchte ich nach einer Ausrede. »Gewaschen werden sie maschinell, aber die Nikotinrückstände bekommt man auf diese Weise nicht heraus. Es gibt da so ein
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