Radau im Reihenhaus
spezielles Bleichmittel, mit dem man die Gardinen nach dem Waschen noch extra behandelt.«
Heinze schluckte auch das! Außerdem hatte er das Gesuchte endlich gefunden. »Wenn ich schon hier bin, dann könnte ich auch gleich…« Er setzte bereits seinen Fuß auf die unterste Treppenstufe.
»Nicht raufkommen!« schrie seine Frau entsetzt. »Mir ist die Badewanne übergelaufen, hier schwimmt alles!«
»Ich geh ja schon!«
»Frau Oelmann!« trompetete Frau Heinze oben über den Flur, »wischen Sie doch erst mal das Bad auf!« Mit einem entschuldigenden Achselzucken winkte sie ihrem Mann zu. »Sie hört nicht! Kann sie ja auch nicht bei dem Krach! Also auf Wiedersehen, Schätzchen, und laß es heute abend nicht so spät werden!«
»Bis sechs werdet ihr doch hoffentlich fertig sein!« Heinze öffnete die Haustür. »Auf Wiedersehen, Frau Oelmann!« schrie er in Richtung Obergeschoß.
»Ich werde es ihr sagen«, versprach seine Frau und schloß aufatmend die Tür. Dann raste sie wieder die Treppe hinauf. Gleich darauf verstummte der Staubsauger.
»Gott sei Dank, ich bin bald wahnsinnig geworden! Jetzt brauche ich erst mal einen Schluck!«
»Wollen wir nicht vorher die Überschwemmung im Bad beseitigen?« schlug ich vor.
»Da ist ja überhaupt nichts passiert. Aber ich konnte doch nicht zulassen, daß Schätzchen nach oben geht!« Aufatmend sank sie in einen Sessel. »Hoffentlich lassen die mich bald in die Prüfung. Lange halten meine Nerven das nicht mehr durch!«
Immerhin hatte die so unermüdlich und vor allem so geräuschvoll tätige Putzfrau Herrn Heinze von ihren Qualitäten überzeugt, und so war er selbstverständlich auch bereit, ein angemessenes Geburtstagsgeschenk für sie zu bezahlen und natürlich auch ein Kistchen Zigarren für den Ehemann der Putzfrau, der zwei Wochen danach seinen Sechzigsten feierte. Später mußte dann noch ein Weihnachtsgeschenk besorgt werden, im Januar beging die Putzfrau ihren dreißigsten Hochzeitstag, und im Februar brach sie sich endlich den Knöchel und gab ihre lukrative Tätigkeit auf. Frau Heinze hatte eine neue, diesmal wirklich existierende Hilfe gefunden. Schätzchen bezahlte noch ein Abschiedsgeschenk für Frau Oelmann, das sich flugs in ein Paar blaßblaue Cordhosen verwandelte, und wenn Frau Oelmann nicht gestorben ist, wird sie wohl heute noch von Frau Heinze gelegentliche Liebesgaben empfangen.
»Ist ja eigentlich gar kein Wunder, daß unsere Perle so plötzlich gekündigt hat«, erklärte mir später Patricia, die von dem ganzen Schwindel auch nichts mitgekriegt hatte. »Mutti hat sie anscheinend behandelt, als gehöre sie zur Familie.«
Jedenfalls konnte Frau Heinze mühelos ihren Unterricht bezahlen, und da sie offensichtlich viel intelligenter war als ich, wurde sie nach erheblich weniger Fahrstunden zur Prüfung geschickt. Zweifellos würde sie die auch auf Anhieb bestehen, und was dann kommen würde, kannte ich ja aus eigener Erfahrung. Hüte dich vor Sonntagsfahrern, die schon am Samstag unterwegs sind! Es erschien mir also ratsam, Sascha wieder einmal mit den allgemeinen Verkehrsvorschriften bekannt zu machen. Er hatte zu seinem fünften Geburtstag neben einer Schildkröte namens Lady Curzon ein Fahrrad bekommen, mit dem er ohne Rücksicht auf Verkehrsregeln durch die Gegend gurkte.
»Du mußt immer auf der rechten Seite fahren!« predigte ich ihm zum hundertsiebenundzwanzigsten Mal.
»Ja, Mami!« sagte Sascha und fuhr zum hundertacht- undzwanzigsten Mal auf der linken Seite.
»Du sollst rechts bleiben!« brüllte Sven und rettete sich mit einem Sprung in den Straßengraben.
»Ich bleibe ja rechts!« versicherte Sascha und bewegte sich links von der Mitte.
»Rechts halten!« schrie Rolf, stellte sich schützend vor sein Auto und wies gestikulierend auf die gegenüberliegende Fahrbahnseite. »Ja, Papi!« sagte Sascha, fuhr gegen den Bordstein und ließ sich vorsichtshalber fallen.
»Himmel noch eins! Wenn du zu blöd bist, um rechts und links auseinanderzuhalten, dann nehme ich dir das Rad wieder weg!«
»Ich w-will ja r-rechts fahren«, schluchzte Sascha, »aber wo is’n r-rechts eigentlich?«
»Mit welcher Hand ißt du deine Cornflakes?«
Gehorsam streckte Sascha seinen rechten Arm aus.
»Na also«, sagte Rolf besänftigend, »das ist rechts! Und wo die Hand ist, mit der du ißt, da ist auch die richtige Straßenseite.«
»Aber die Gabel nehme ich doch in die andere Hand!«
»Nein!! Oder vielmehr ja!! Aber du sollst dort fahren, wo du
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