Radau im Reihenhaus
hinzu: »Der einzige Nachteil ist nur, daß er so
klein
ist.«
An einem verkaufsoffenen Samstag lud sie mich ein, mit ihr nach Düsseldorf zu fahren. »Schätzchen läßt mich nicht alleine weg, aber wenn ich einen Beifahrer mit Führerschein habe, wird er mir wohl seinen Segen geben.«
Rolf hatte auch nichts gegen meinen Abstecher in die große weite Welt einzuwenden, wünschte uns viel Vergnügen sowie gute Fahrt und fragte hinterhältig, ob wir auch genügend Telefongroschen bei uns hätten, um notfalls Abschleppdienst und Reparaturwerkstatt alarmieren zu können. Frau Heinze schenkte ihm einen vernichtenden Blick und tuckerte los.
»Am besten nehmen wir die Autobahn, da weiß ich wenigstens, wie wir vom Zubringer ins Zentrum kommen.«
Beruhigt stellte ich fest, daß sie zwar langsam, aber verhältnismäßig sicher fuhr. Erst als wir uns auf der Autobahn befanden, wurde sie unruhig. Obwohl wenig Verkehr herrschte, sah sie dauernd in den Spiegel und wendete sogar mehrmals den Kopf, um aus dem Rückfenster zu sehen.
»Was ist denn los?«
»Eine leere Autobahn macht mich nervös«, sagte sie. »Ich kriege da immer Angst, die anderen könnten etwas wissen, was ich nicht weiß.« Nach einer guten Stunde hatten wir endlich das Stadtzentrum von Düsseldorf erreicht und den Wagen in einem Parkhaus abgestellt. Parklücken, die sich parallel zur Fahrbahn fanden, hatte Frau Heinze angeblich immer erst zu spät entdeckt, was mich vermuten ließ, daß sie auch nicht rückwärts einparken konnte. Es scheint sich hierbei um eine ausschließlich weibliche Erbkrankheit zu handeln.
»Was machen wir jetzt?« fragte ich, nachdem ich mich aus dem Wagen geschält und mein zerknittertes Äußeres wieder etwas restauriert hatte.
»Erst Schaufensterbummel, dann Einkäufe und zum Schluß Essen gehen!« bestimmte Frau Heinze.
»Wollen Sie etwas Bestimmtes kaufen?«
»Conni braucht einen neuen Trinknapf!«
Nun hatten wir wenigstens ein Ziel, auch wenn wir es nur auf Umwegen ansteuerten. Es gab einfach zu viele Schaufenster.
»Ein Gutes haben die hohen Preise ja«, sagte Frau Heinze beim Anblick eines teuren Modellkleides. »Wenn man nichts kauft, spart man eine Menge Geld.«
Trotzdem betrat sie energisch ein sehr luxuriös ausgestattetes Modehaus und ließ sich Pullover vorlegen. Mit einem verschwand sie in der Kabine, äugte aber gleich wieder durch den Vorhang und fragte kleinlaut: »Haben Sie nicht etwas Breiteres in derselben Größe?« Eine Verkäuferin mit Plisseelächeln bedauerte.
»Dann eben nicht!« sagte Frau Heinze. »So gut, daß er mich zum Abspecken bewegen könnte, gefällt mir der Pulli nun auch wieder nicht.«
»Wozu wollen Sie überhaupt abnehmen?« fragte ich, als wir wieder draußen waren, »Sie haben doch eine erstklassige Figur.«
»Früher war ich 1,68 groß und trug Größe 36. Jetzt bin ich 1,66 und brauche Größe 40. Mathematik ist zwar nie meine Stärke gewesen, aber irgendwo stimmt da etwas nicht mit der Proportionalrechnung.« Wir bummelten weiter und blieben vor einem Pelzgeschäft stehen. »Ich könnte auch einen neuen gebrauchen«, seufzte sie. »Wie alt meiner schon ist, habe ich neulich gemerkt, als ich ihn ausbessern lassen wollte und nirgends ein Ersatzfell kriegen konnte. Wahrscheinlich ist das Tier längst ausgestorben.«
»Heutzutage trägt man doch gar keine Mäntel mehr aus den Fellen einer bedrohten Gattung!« Dann fügte ich hinzu: »Und die bedrohte Gattung, die die Mäntel bezahlen muß, wird wohl auch erleichtert sein.«
Nach einem zweistündigen Fußmarsch durch die City streikte ich. »Wenn ich geahnt hätte, daß ich Leistungssport betreiben soll, hätte ich mir keine Schuhe mit hohen Absätzen angezogen.«
Frau Heinze warf einen Blick auf meine Füße. »So was zieht man nur ins Theater an«, bemerkte sie fachmännisch. »Da kann man wenigstens sitzen.«
»Können wir jetzt nicht auch mal ein paar Minuten…«
»Sofort! Ich muß nur noch den Futternapf kaufen. Gleich um die Ecke ist eine Zoohandlung.«
Der Verkäufer zeigte uns eine Auswahl von Schüsselchen und Näpfchen, und als sich Frau Heinze für einen hellgrünen Trinknapf entschieden hatte, erkundigte er sich, ob sie darauf eine Inschrift »Für den Hund« wünsche.
»Nicht nötig«, erwiderte sie trocken. »Mein Mann trinkt kein Wasser, und der Hund kann nicht lesen.«
Mühsam verbiß ich mir das Lachen und prustete erst los, als wir wieder vor der Tür standen. »Müssen Sie immer so entsetzlich direkt
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