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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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Schlafittchen hinaus.
Vor dem Haupthaus wartete bereits Besa auf sie. „Und – wie ist es gelaufen?“
    „Sehr gut, dieser Bengel hier gehört unter die fahrenden Leute!“, lachte sie.
    „Du hättest mich nicht so sehr zerren müssen!“, maulte Bertafrid.
    Besa stampfte ungeduldig mit dem Fuß auf. „Das meine ich nicht!“
    „Ach, der Soldat wusste leider nicht viel. Aber Chlothar war mit auf der Mauer, das hat er gesagt“, flüsterte Radegunde.
    „Das hätte mich auch gewundert! Was ist mit Gorrik?“
    Sie hob die Schultern. „Von ihm war nicht die Rede.“
    „Der Blitz soll mich treffen, wenn er nicht seine Finger im Spiel hat!“
    „König Chlothar bedarf bei seinen Schandtaten keiner Hilfe!“
    Die drei fuhren erschrocken herum.
    Agnes war unbemerkt aus der Tür getreten. „Er ist selbst Meister darin!“ Sie sah sich vorsichtig um. „Ihr solltet hier nicht stehen, kommt herein!“
    „Sie hat Recht!“, nickte Besa und schob Bertafrid vor sich her. „Vielleicht erfahren wir mehr, wenn der König endlich da ist.“
    Radegunde spürte eine kalte Hand nach ihrem Herzen greifen. Sie musste sich eingestehen, dass sie sich vor dem Wiedersehen mit Chlothar fürchtete.
    Besa hütete ihre Gössel weit draußen vor den Toren der königlichen Villa, denn saftiges Gras war um diese Zeit in der Nähe des Hofes nicht mehr zu finden. Das letzte Heu schaukelte auf Ochsenkarren in Richtung Scheunen und auf der Tenne trocknete der erste Weizen. Wenn sich das warme Spätsommerwetter noch eine Weile hielte, könnten die Bauern mit der Ernte zufrieden sein.
    Besa mutete ihren Gänsen jeden Tag einen ordentlichen Fußmarsch zu, doch am Ufer eines breiten Baches wuchs das Gras besonders kräftig und ihre inzwischen halbwüchsigen Lieblinge konnten ausgiebig baden. Zufrieden in der Sonne sitzend, betrachtete Besa das allmählich glatt und weiß werdende Gefieder der Tiere, als sie plötzlich Hufgetrappel vernahm. Erschrocken sprang sie auf und blickte um sich. Das geschützte Fleckchen am Ufer erlaubte keine Sicht auf die Umgebung. So konnte sie nicht sehen, woher die Reiter kamen und wie viele es sein mochten. Die Gänse wurden unruhig und begannen lauthals zu schnattern.
    „Schsch, schsch, seid still!“, rief Besa und versuchte, sie zusammenzutreiben. Da donnerte es auch bereits hinter ihr und mehrere mächtige Schlachtrösser galoppierten auf sie zu.
    Ein wildes Durcheinander brach aus. Besa schrie und rollte sich mit einem Sprung zur Seite. Die Gänse schnatterten laut, schlugen mit den Flügeln und rannten in alle Richtungen auseinander. Ein panischer kleiner Ganter lief dem ersten Pferd direkt zwischen die Hufe. Der Gaul scheute und stieg.
    „Was bei allen Göttern …?!“, brüllte der Reiter und versuchte mühsam, im Sattel zu bleiben.
    Die anderen Männer zügelten ihre Pferde und Besa hörte das Singen des Metalls, als sie ihre Schwerter blankzogen.
    „Halt!“, rief sie und richtete sich auf. „Es sind nur die Gänse unseres Königs!“
    Sie klopfte sich ein paar Federn vom Gewand und trat aus dem Schatten der Büsche. „Sie tun Euch nichts!“
    Die Männer klopften den Pferden beruhigend die Hälse und sahen sich ratlos um. Es dauerte einige Momente, bis einer von ihnen die kleine Frau im Gras erblickte. Er begann zu lachen und zeigte mit dem Schwert auf sie. „Seht nur, was für ein Gnom! Kein Wunder, dass die Pferde scheuten!“
    Besa ließ sich nicht beeindrucken. Obwohl ihr die Knie zitterten, trat sie zwischen die tänzelnden Pferde und hob den am Boden liegenden Unglücksvogel auf.
    „Ich bitte Euch, ihr Herren, lasst mir die Gänse in Ruhe! Sie gehören König Chlothar. Sicher wollt Ihr Euch nicht seinen Zorn …“ Sie verstummte, als ihr Blick auf den letzten der Reiter fiel, der jetzt im gemächlichen Trab näher kam.
    Es war Chlothar.
    „Was ist hier los?“, dröhnte seine Stimme über die Lichtung.
    „Oh, Herr“, der erste Reiter bog sich vor Lachen, „wir haben es hier mit der mutigen Gebieterin über Eure Gänse zu tun!“
    Sie stand mitten unter den Reitern und streichelte ratlos den Vogel, der sich nicht mehr rührte. Sie spürte jedoch sein Herz klopfen, langsam und gleichmäßig. Ihr eigenes dagegen schlug wie ein Schmiedehammer gegen ihre Rippen.
    Chlothar drängte sein Pferd nach vorn, die anderen machten ihm bereitwillig Platz. Vorsichtig schielte sie zu ihm hinauf. Er hatte sich nicht verändert, seit sie ihn in Thüringen zuletzt gesehen hatte. Sein blondes Haar war zu

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