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Radegunde von Thueringen

Radegunde von Thueringen

Titel: Radegunde von Thueringen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Knodel
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Futterkiste.
    „Da du nun schon mal auf ein Schäferstündchen eingestellt bist, kannst du auch mit mir vorliebnehmen. Ich teste gern mal, was meinem Vater gehört.“
    „Herr, ich bitte Euch! Lasst mich gehen. Versündigt Euch nicht!“ Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben, doch die Panik drohte über ihren Verstand zu siegen. Verzweifelt suchte sie nach einer List, um den drängenden Männerhänden zu entkommen.
    „Was ist, Täubchen? Zier dich nicht wie eine Prinzessin!“ Er lachte dröhnend. „Oh – ich vergaß! Du bist ja eine Prinzessin!“
    Er drückte sie rücklings auf den Futterkorb, schob ihr Gewand nach oben und nestelte an seinem Gürtel. Sein langes Haar fiel über ihr Gesicht. Es roch nach Schweiß.
    Jetzt gewann die Panik Oberhand. „Helft mir! Hilfe!“, schrie sie und schlug mit beiden Armen wild um sich.
    Chramn hielt ihr brutal den Mund zu. Mit der anderen Hand drückte er sie auf die Kiste. „Halt still, hörst du?“, keuchte er. „Ich dreh dir sonst den Hals um! Vergiss nicht, dass du nur eine Sklavin bist!“
    Sie strampelte ihre Beine frei, und Chramn hätte wohl vier Arme gebraucht, um sie zu bändigen. Während er ihre Fußtritte abwehrte, lockerte sich seine Hand auf ihrem Mund, und sie biss zu. Ihre unbändige Wut und ihre Angst verliehen ihr ungeahnte Kräfte.
Chramn schrie auf und riss seine Hand zurück. Ungläubig starrte er auf das blutunterlaufene kreisrunde Mal. „Na warte, du kleines Miststück. Das werde ich dir austreiben! Nie wieder wirst du …“
    „Was fällt dir ein?“ Die Stimme donnerte so laut durch die Kammer, dass die Sicheln an der Wand klirrten. Chlothar stand in der Tür. Sein Gesicht war dunkelrot und seine Augen schmal wie eine Messerschneide. Er trat einen Schritt vor und schlug seinem Sohn die Faust ins Gesicht. Es knirschte laut, als Chramns Nasenbein brach. Der junge Mann ging zu Boden.
    Sie sprang hastig vom Futterkasten und strich ihr Gewand glatt. Ihre Hände zitterten, ihre Kiefer schmerzten. Hinter dem König standen Bertachar und ein Soldat der Leibwache: Karol.
    Aus Chramns Nase stürzte das Blut und er richtete sich stöhnend auf.
    „Steh auf und komm rüber in die Halle! Sofort!“, befahl Chlothar. „Alle anderen auch!“ Er stürmte hinaus.
    Chramn stolperte an ihnen vorbei und zischte irgendetwas Unverständliches.
    Bertachar fasste ihre Hand. „Geht es dir gut?“
    Sie konnte kaum glauben, dass es vorbei war. „Es ist alles in Ordnung.“
    „Warum habt Ihr mir vorgestern nicht gesagt, wer Ihr seid?“, fragte Karol auf dem Weg über den Hof mit leichtem Vorwurf in der Stimme.
    „Ich glaubte, du würdest mehr erzählen, wenn du mich für eine Magd hieltest!“
    „Hätte ich Chramn mit Euch im Stall erwischt, ich hätte ihn gewähren lassen, im Glauben, er triebe es mit einer Magd!“
    Sie schauderte.
    Chlothar führte eine strenge Befragung durch. Es stellte sich heraus, dass Bertafrid auf dem Strohboden gesessen und Radegundes Schreien gehört hatte. Schnurstracks war er zu Karol gelaufen. Der Wächter wusste, dass er gegen Chramn nichts würde unternehmen können, und holte seinen Herrn aus der Kapelle, wo er gerade die Beichte ablegte.
    Chramn schwieg zu allem wie ein verstockter Junge und schniefte nur ab und zu in ein blutgetränktes Tuch.
    Chlothar verbot ihm, bis zu ihrer Abreise auch nur in Radegundes Nähe zu kommen.
    „Wenn du dich abreagieren willst, suche dir eine von den Mägden aus, es gibt hier wohl genug davon.“ Er wandte sich an Radegunde.
    „Und für dich wird es Zeit, dass du lernst, dich wie eine Königin zu benehmen. Ich werde dir aus Soisson ein paar edle Frauen schicken, die dich unterweisen.“
    Sie war empört. Das klang geradezu, als trüge sie eine Mitschuld. „Aber ich konnte doch nicht …“
    Chlothar hieb mit der Faust auf die Stuhllehne. „Widersprich mir nicht! Als künftige Königin hast du dich nicht im Pferdestall herumzutreiben!“
    Geliebter Amalafrid,
du musst eilen. Rufe deine Soldaten und reite nach Athies. Er wird mich zur Frau nehmen, sogar bald. Ich soll Königin der Franken werden! Oh, Amalafrid, gewiss hätte ich es ahnen müssen, doch meine Seele wollte es nicht glauben. Wie kann ich sein Lager teilen in der Nacht mit deinem Bild in meinem Herzen? Wie kann ich die Frau eines Barbaren werden, eines Kindermörders? Und wie kann ich Königin werden über ein Volk, das über meines triumphiert und meine eigenen Leute meuchelt? Nie! Niemals! Ich vermag nicht mehr zu weinen, meine

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