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Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frida Mey
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Diskussionen.
    Entschlossen machte sie auf dem Absatz kehrt und steuerte Ludwigs letzte Ruhestätte an. Dort angekommen, holte sie als Erstes ein neues Grablicht aus der Tasche und zündete es an.
    »Hallo Ludwig«, begrüßte sie ihren Verlobten und platzierte das Grablicht vor dem Gedenkstein.
    Es flackerte leicht.
    »Da bin ich richtig erleichtert, dass du noch mit mir sprichst«, sagte Elfie. »Es tut mir wirklich leid, dass ich dich so lange nicht besucht habe. Aber in letzter Zeit konnte ich mich vor Aufträgen kaum retten.« Sie zögerte, fuhr dann doch fort: »Und auch sonst hatte ich so einiges zu tun. Du weißt schon, meine ordnenden Hände werden einfach überall gebraucht.«
    Am besten beließ sie es bei diesen allgemeinen Formulierungen und ging nicht zu sehr ins Detail. Immerhin hatte Ludwig ihr über lange Jahre bei ihren Projekten stets zur Seite gestanden. Dass er sie beim letzten Mal im Stich gelassen hatte, ärgerte sie zwar immer noch. Aber es brachte ja nichts, weiter darauf herumzuhacken. Außerdem hatte sie sich fest vorgenommen, Ludwig nicht mehr in alle Geheimnisse einzuweihen. Trotzdem war ihr seine Meinung immer noch wichtig, und sie fühlte sich ihm eng verbunden, schon um der alten Zeiten willen. Sie setzte sich auf die Bank, packte ihren Korb aus und ließ sich das Frühstück schmecken.
    »Wie ist es dir denn so ergangen?«, fragte Elfie zwischen zwei Schlucken Kaffee. »Ich hoffe, gut.«
    Das Grablicht flackerte.
    »Schön, das freut mich«, sagte Elfie. »Ich habe dir auch etwas mitgebracht.«
    Sie stand auf, ging zum Grab und drückte zwei Radieschen in die Erde.
    »Die magst du doch so gern.«
    Das Grablicht flackerte heftig.
    Elfie setzte sich wieder auf die Bank und begann, von ihrer derzeitigen Arbeit zu erzählen.
    »Stell dir vor, Ludwig, im Moment arbeite ich in einem Beerdigungsinstitut. Da geht mir richtig das Herz auf, wenn ich die vielen schönen Särge sehe. Und erst die Urnen, da gibt es eine unendliche Vielfalt. Das eröffnet schier unbegrenzte Möglichkeiten.«
    Sie lächelte still vor sich hin. Doch dann verdüsterte sich ihre Miene.
    »Aber diese Frau Knörringer! Abgesehen von dem Chaos in ihren Unterlagen schikaniert sie ihre Angestellten und schwatzt den trauernden Hinterbliebenen möglichst teure Sachen auf.«
    Allein bei der Erinnerung richtete sich Elfie empört auf, griff automatisch in ihre Handtasche, holte die weinrote Fliegenklatsche heraus und schlug damit heftig gegen die Bank.
    »Das geht doch nicht.«
    Erwartungsvoll blickte sie zum Grablicht, doch Ludwig schwieg.
    Elfie stieß laut die Luft aus und packte die Fliegenklatsche wieder weg.
    »Ja, ich weiß schon, was du sagen willst. Wir waren übereingekommen, keine Projekte dieser Art mehr durchzuführen. Aber die Knörringer hätte schon am ersten Tag mehrere Minusstriche verdient. Natürlich hatte ich mein Notizbuch gar nicht dabei. Seit dem Fiasko im Fall Windisch liegt es ganz hinten im Schrank, noch hinter dem burgunderroten Pullover. Oder meinst du, dass ich es wieder hervorholen soll?«
    Elfie fixierte die Flamme des Grablichts genau. Doch diese bewegte sich kein bisschen. Ludwig hüllte sich weiterhin in Schweigen.
    »Also gut. Dann kein weiteres Büroprojekt, oder?«
    Elfie ging zum Grab und beugte sich über das Licht. Es flackerte. Ludwig blieb also bei seiner Meinung.
    Sie wollte ihren guten Vorsätzen auch gern treu bleiben – selbst wenn es sie zuweilen mächtig in den Fingern juckte. Aber ob sie das durchhalten würde? Sie seufzte und biss herzhaft in ihr letztes Butterbrot.
    Alex entfernte ein paar Efeuranken vom Grabstein und ärgerte sich, dass sie die Umgestaltung immer noch nicht in Angriff genommen hatte. Sie setzte sich auf die Bank, neben der sich Amadeus zu einem Schläfchen niedergelassen hatte, und betrachtete das Grab ihrer Eltern. Die langweiligen Buchsbaumeinfassungen, die knorrige Zwergzypresse und der alles überwuchernde Efeu hatten jetzt endgültig ausgedient. Noch vor dem Winter würde sie alles herausreißen und nach ihren Vorstellungen neu bepflanzen. Elfie Ruhland hatte ihr doch schon einmal Tipps gegeben. Die kannte sich mit Gräbern gut aus.
    Der Gedanke an Elfie Ruhland brachte Alex zum Fall Wilfert zurück. Sie musste Elfie dazu befragen, auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, dass diese etwas mit dem Mord zu tun hatte. Oder doch? Alex gestand sich ein, dass es bei den Fällen Schicketantz und Windisch durchaus Verdachtsmomente gegeben hatte. Und so ganz

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