Radieschen von unten
Aufschriften der Kranzschleifen vermerkt. Die gehörten nun wirklich nicht in das Journal.
Elfie schüttelte den Kopf. Dann blieb ihr Blick an den Worten Auch Fifi vergisst Dich nicht hängen. Sofort hatte sie das Bild von Josef Wilfert vor Augen, der sich fürchterlich über den falschen Kranz aufregte. Mal sehen, wo der eigentlich hingehört hätte.
Bestattung Hertha Grundner, 20. September , las Elfie.
Das Datum irritierte sie. An dem Tag hatte sie sich bei Carlos Knörringer vorgestellt. Ihr erster Arbeitstag und die Beerdigung von Hilde Wilfert waren erst ein paar Tage später gewesen.
Sie blätterte im Journal weiter, bis sie den entsprechenden Eintrag fand.
Bestattung Hilde Wilfert, 23. September , stand da.
Elfie nahm ihre Lesebrille ab, bewegte sie gedankenverloren samt dem Band um ihren Hals hin und her.
Wie konnten Kränze verwechselt oder falsch ausgeliefert worden sein, wenn die Bestattungen gar nicht am selben Tag stattfanden? Elfie zermarterte sich das Hirn, fand jedoch keine plausible Erklärung.
Und wenn nun keine Verwechslung vorlag, sondern Absicht dahintersteckte? Sollte Juliane Knörringer so gewissenlos sein, einen Kranz mehrfach zu verwenden – und natürlich zu berechnen –, um größeren Profit zu erzielen? Das wäre Betrug.
Elfie nickte und ließ die Lesebrille los.
Juliane Knörringer traute sie so etwas durchaus zu. Abervielleicht war der Fifi-Kranz aus Versehen erst drei Tage später geliefert worden.
Sie musste herausfinden, ob er bei der Bestattung von Hertha Grundner schon da gewesen war. Aber wie? Sie könnte die Adresse der Angehörigen heraussuchen und sie fragen.
Nein, das sähe sehr seltsam aus. Dann fielen ihr Carlos’ Fotoalben ein. Sie sprang so abrupt auf, dass Trixi sie erstaunt anblickte.
»Mir ist gerade etwas Wichtiges aufgefallen«, murmelte Elfie und lächelte entschuldigend. »Im Keller müssen noch mehr von diesen Ordnern sein.«
Sie nahm wahllos einen der Ordner von ihrem Tisch. »Und diesen brauche ich nicht mehr. Den bringe ich gleich zurück.«
»Dann Waidmannsheil«, rief Trixi ihr hinterher. »Ich drücke die Daumen, dass Sie noch etwas Brauchbares finden.«
In ihrer Eile wäre Elfie fast die Treppe hinuntergestürzt, sie konnte sich gerade noch am Geländer festhalten. Mit laut klopfendem Herzen stand sie dann vor den Regalen und begutachtete die Fotoalben. Sie würde eines der letzten brauchen.
Mist – ausgerechnet die Bände ab Nummer 50 standen ganz oben. Elfie stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte sich, so weit sie konnte. Doch es reichte nicht.
Hilfesuchend sah sie sich um, konnte jedoch nichts entdecken, worauf sie steigen könnte. Kurz entschlossen nahm sie ein paar Bücher aus dem Regal – eine mehrbändige Ausgabe der »Grundlagen des klassischen Tanzes« –, legte den Stoß auf den Boden und stieg hinauf. Ganz schön wackelig, und es fehlten immer noch ein paar Zentimeter.
Sie stellte die Bücher wieder zurück und hielt nach dickeren Exemplaren Ausschau. Bei den Bildbänden wurde sie fündig. Sie stapelte »Das Bolschoi Ballett« auf »Schwanensee« und »Das Ballett der Pariser Oper«. Obenauf kam »Primaballerina Assoluta«.
Elfie versuchte erneut ihr Glück und angelte sich mit beherztem Griff das letzte Fotoalbum in der Reihe. Es trug die Nummer 52.
Schnell blätterte sie die Seiten durch und orientierte sich an den Daten: 15., 16., 19. September .
Dann entdeckte sie den gesuchten Eintrag in Carlos’ präziser Handschrift: Hertha Grundner, 20. September . Auf dem Foto ein Grab mit vielen Kränzen.
Elfie kniff die Augen zusammen. Doch sie konnte noch immer keine Details erkennen. Wie gut, dass sie ihre Lesebrille um den Hals hängen hatte. Rasch setzte sie sie auf und erkannte in demselben Augenblick den Kranz mit dem Konterfei des Hundes, der ihr schon bei der Beerdigung ins Auge gestochen war. Die Schleife war umgeknickt, so dass die Aufschrift nur halb zu lesen war: Auch Fifi vergisst …
Elfie ließ das Album sinken, schwang sich dann ein weiteres Mal in die Höhe, um es wieder am richtigen Ort zu verstauen. Schließlich räumte sie die Bildbände zurück ins Regal, klemmte sich ihren Ordner wieder unter den Arm und erklomm nachdenklich die Stufen.
Jetzt hatte sie einen Beweis dafür, dass Juliane Knörringer ihre Kunden betrog. Den dritten Minusstrich hatte sie also zu Recht bekommen.
Kaum saß Elfie wieder an ihrem Schreibtisch, betrat Carlos Knörringer das Büro. Auch wenn er ihr freundlich
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