Radieschen von unten
Vorteil.«
»Sie gehören wohl zu den ganz Korrekten. Ihre Kollegen zieren sich nicht so. Aber bitte, wie Sie wollen. Dann profitieren Sie eben nicht von meiner Recherche.« Jacobs sah sie trotzig an.
Alex hielt seinem Blick stand. »Das sehe ich absolut nicht so. Sie wissen genau, dass Sie verpflichtet sind, mir für einen Mordfall relevante Informationen zur Verfügung zu stellen. Ich kann Sie über die Staatsanwaltschaft zu einer Aussage zwingen lassen. Oder Sie sagen mir jetzt gleich, was Sie wissen. Das ist für Sie wesentlich einfacher und angenehmer.«
Jacobs wandte den Blick ab und sah aus dem Fenster. Er schien seine Möglichkeiten abzuwägen.
»Also gut«, sagte er schließlich. »Bei Pietas häufen sich die Anzeichen, dass Schmuck und Geld von Verstorbenen gestohlen werden.«
»Wie soll das denn gehen?«, frage Alex verständnislos.
»Sie glauben gar nicht, wie viele Leute ihr Erspartes zu Hause aufbewahren. Und bei einem Todesfall sind die Bestatter in der Regel eine ganze Zeit allein mit dem Toten im Zimmer. Da kann man schon fündig werden. Das Gleiche gilt für Schmuck. Lässt sich alles unauffällig mitnehmen.«
Alex blätterte eine neue Seite in ihrem Notizbuch auf. »Ich brauche Namen und Adressen von Zeugen.«
Jacobs lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. »Kommt gar nicht in Frage. Meine Quellen gebe ich nicht preis. Und dazu kann mich auch kein Staatsanwalt zwingen. Das habe ich schon einmal durchexerziert.«
Alex klappte ihr Notizbuch zu, nahm ihre Sachen und verließ wortlos das Café.
»Wollen Sie wirklich noch in den Kriechkeller, Frau Ruhland?«, fragte Carlos Knörringer. »Es ist doch gleich Feierabend.«
»Auf jeden Fall«, erwiderte Elfie. »Jetzt wo Sie den Schlüssel von Ihrer Mutter bekommen haben, möchte ich schon wissen, wie viel Arbeit noch auf mich wartet. Dann kann ich mir alles besser einteilen.«
»Gut, dann sehen wir gemeinsam nach.« Mit dem Schlüssel in der Hand kam Carlos hinter seinem Schreibtisch hervor und folgte Elfie, die sich schon auf den Weg machte.
In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Carlos gab Elfie den Schlüssel. »Wenn Sie unten an der Kellertreppe sind, da wo die Regale mit den alten Ordnern und Fotoalben stehen, folgen Sie dem Gang bis zur Treppe, die zum Kriechkeller führt. Ich gehe schnell ans Telefon und komme gleich nach.«
Elfie hielt den Schlüssel fest, ein riesiges verschnörkeltesMonstrum, ging die erste Treppe hinunter, dann an den Regalen vorbei durch den Flur und stand schließlich vor einer Steintreppe mit extrem unebenen Stufen, die mit einem dicken Seil als Geländer gesichert war.
Unwillkürlich dachte sie an andere Treppen, etliche andere Treppen, die in ihrem Leben und dem Leben ihrer Mitmenschen eine Rolle gespielt hatten, zum Beispiel bei Nadine Schicketantz.
Die unterschiedlich hohen Stufen könnten auch Juliane Knörringer möglicherweise zum Verhängnis werden …
»Ganz schön gefährlich«, hörte sie Carlos sagen.
Erschrocken fuhr sie herum, taumelte die erste Stufe hinunter und griff hastig nach dem dicken Seil.
Carlos Knörringer stand direkt hinter ihr. Seine Augen hatten einen seltsamen Glanz – oder bildete sie sich das nur ein?
Elfie packte das Seil fester.
»Passen Sie gut auf beim Hinuntersteigen!« Auch Carlos’ Stimme klang irgendwie merkwürdig, oder hallte sie nur so in diesem alten Gemäuer?
Aus weiter Ferne war wiederum das Läuten des Telefons zu hören. Carlos stöhnte genervt.
»Sie kommen sicher auch allein zurecht«, befand er, drehte sich um und ging wieder nach oben.
Erst jetzt bemerkte Elfie, dass sie die Luft angehalten hatte, und atmete tief durch. Vorsichtig machte sie sich daran, die Treppe hinunterzuklettern, und stand dann vor der Tür zum Kriechkeller, einer schwarz gestrichenen halbhohen Holztür mit Eisenbeschlägen.
Überraschenderweise ließ sich das Schloss leicht öffnen. Die Scharniere knarrten allerdings, und das Holz schrammte über den Boden.
Elfie betätigte den Lichtschalter neben der Tür. Eine nackte Glühbirne erhellte den etwa einen Meter hohen Kriechkeller nur mäßig. Gleich neben der Tür stand eine Kiste mit leeren Weinflaschen. Weiter hinten konnte Elfie unter allem möglichen Gerümpel das Schaukelpferd erkennen. Dazu gab es jede Menge Kartons, mit denen sie sich wohl würde beschäftigen müssen.
Dann fiel ihr Blick auf ein Cello, das an der Wand lehnte. Während alle anderen Gegenstände mit einer dicken
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