Radieschen von unten
Staubschicht bedeckt waren, glänzte das Musikinstrument in einem warmen Braunton.
So ein schönes Instrument! Warum wurde es nicht in dem am Boden liegenden Cellokasten aufbewahrt? Die modrige Kellerluft tat ihm sicher nicht gut.
Elfie bückte sich und öffnete den Deckel des Kastens. Beim Anblick des Inhalts fuhr sie hoch und stieß sich den Kopf an der niedrigen Decke.
In der rotsamtenen Tiefe der Schutzhülle blinkte ein großer Kerzenleuchter, der Kerzenleuchter aus der Aussegnungshalle, der bei der Beerdigung von Josef Wilfert gefehlt hatte. Am oberen Teil des Leuchters klebte etwas. Weiße Haare, geronnenes Blut, graugelbe Spritzer.
Elfie ließ den Deckel zufallen und erschrak über den lauten Knall. Sie konnte nicht glauben, was sie da gerade gesehen hatte.
Noch einmal öffnete sie den Kasten. Weiße Haare, geronnenes Blut. Waren die graugelben Spritzer vielleicht Hirnmasse? Vorsichtig klappte Elfie den Cellokasten zu, zog die Tür des Kriechkellers ins Schloss und sperrte sie sorgfältig ab. Den Schlüssel steckte sie in ihre Rocktasche.
Völlig verstört stieg sie die Treppe hinauf.
War mit diesem Kerzenleuchter Josef Wilfert erschlagenworden? Und wer hatte da zugeschlagen? Juliane oder Carlos Knörringer?
Sie fand das Büro der Angestellten leer vor. Sie griff nach ihrer Handtasche und wollte gerade das Beerdigungsinstitut verlassen, als Carlos Knörringer sich aus seinem Büro meldete: »Haben Sie gefunden, was Sie gesucht haben?«
Ohne sich umzuschauen, stammelte Elfie: »Ja … Nein … Ich weiß nicht … Ich glaube, es wird mir heute doch zu spät. Den Schlüssel für den Kriechkeller habe ich neben die Eisberg-Urne gelegt.«
Draußen lehnte sie sich einen Augenblick lang an die Wand und atmete in tiefen Zügen die frische Luft ein.
12.
Gudrun stürmte zur Tür herein, stülpte den Motorradhelm auf den Garderobenhaken, warf die Lederjacke auf einen Stuhl und setzte sich aufatmend an ihren Schreibtisch.
»Bin gerade neuen Rekord gefahren. Von Haus zu Haus in siebzehn Minuten! Super, was?«
Alex schüttelte den Kopf. »Irgendwann erwischen dich die Kollegen, und dann kommst du mit Eskorte hier an.«
»Kann schon sein«, grinste Gudrun. »Aber dann müssen sie sich ganz schön beeilen. – Übrigens, hast du nicht diesen Manni Schuler für heute Morgen zur Vernehmung bestellt?«
Alex nickte.
»Gerade hat sich so ein smarter Typ an der Pforte erkundigt, ist trotz aller Erklärungen des Kollegen in den falschen Flur geraten und irrt wohl noch durchs Haus. Er hat seinen funkelnagelneuen Sportwagen auf dem Polizeiparkplatz abgestellt. Könnte Ärger geben.«
Alex stand auf und ging zum Fenster. Manfred Schulers roter Flitzer stand tatsächlich unten im Hof. Ganz schön dreist der junge Mann.
Es klopfte an der Tür, und Manfred Schuler trat ein. Passend zu seinem Auto trug er einen lässig geknoteten rotschwarzen Schal um den Hals. Er hielt den Wagenschlüssel so in der Hand, dass er nicht zu übersehen war.
»Guten Morgen, Herr Schuler«, begrüßte Alex ihn freundlich, stand auf und fuhr dann fort: »Wir gehen in das Besprechungszimmer nebenan. Meine Kollegin, Kriminalkommissarin Zellner, wird uns begleiten.«
Alex ging voran, Manni Schuler trottete widerwillig hinter ihr her. Gudrun folgte ihnen.
»Bitte nehmen Sie doch Platz«, bot Alex einen der Holzstühle an.
»Ich habe nicht vor, mich hier lange aufzuhalten. Was wollen Sie eigentlich von mir? Ich habe meine Zeit nicht gestohlen.« Er ließ sich auf den Sitz fallen.
»Nun, ich hoffe, Ihre Sekretärin wird in der Zwischenzeit allein zurechtkommen. Besonders viel gab es wohl in den letzten Monaten in Ihrer Firma ohnehin nicht zu tun. Soweit wir herausgefunden haben, stehen Sie kurz vor der Insolvenz.« Alex behielt ihren freundlichen Tonfall bei.
»Wollen Sie damit sagen, Sie haben Erkundigungen über mich eingezogen?«, brauste Manfred Schuler auf.
»Allerdings«, mischte sich Gudrun ein. »Es handelt sich immerhin um einen Mordfall, und wir müssen in alle Richtungen ermitteln.«
»Und da halten Sie es für richtig, unbescholtenen Bürgern nachzustellen?«
»Das ist ganz normale Polizeiarbeit«, stellte Alex fest.
»Dann tun Sie mal was für meine Steuergelder, statt mir nachzuspionieren. Finden Sie lieber heraus, wo die zwanzigtausend Euro geblieben sind, die meine Tante mir zugedacht hatte.« Der junge Mann war aufgesprungen und starrte Alex wütend an.
»Jetzt setzen Sie sich wieder, Herr Schuler«, sagte Alex
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