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Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frida Mey
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der Tasche, schlug unter dem Tisch die aktuelle Seite auf und zählte die Minusstriche, die Juliane Knörringer bisher kassiert hatte. Es waren 18 Stück – also noch kein eindeutiges Zeichen. Denn zu Elfies eisernen Grundsätzen gehörte, ein Projekt erst ab 20 negativen Eintragungen zu beenden. Sie seufzte.
    Vielleicht sollte sie Ludwig um Rat fragen. Der war ihr jedoch in letzter Zeit keine rechte Hilfe gewesen. Nach einem schnellen Seitenblick zu Trixi zählte sie die Minusstriche erneut zusammen und stellte enttäuscht fest, dass es trotzdem nicht mehr wurden. Sie besah sich die Daten der Einträgegenauer. Meist waren es mehrere an einem Tag, dazwischen gab es längere Pausen. Doch das lag nur daran, dass Juliane Knörringer oft unterwegs war. Wer weiß, wen sie dann schikaniert, schoss es Elfie durch den Kopf.
    Genau, das war die Lösung! Sie musste die Minusstriche für die Tage, an denen die Chefin außer Haus war, einfach hochrechnen. Sie könnte Paul-Friedrich dafür um Hilfe bitten. Er kannte sich mit Statistiken gut aus.
    Aber die Zeit drängte, wenn sie ihr Projekt zu einem erfolgreichen Abschluss bringen wollte, bevor die Polizei ihr zuvorkam. Eigentlich gab es auch nicht viel zu rechnen. Es ging lediglich um zwei fehlende Striche. Und bei den vielen Tagen, an denen Juliane Knörringer abwesend war, hätte sie diese mit hundertprozentiger Sicherheit bekommen, wahrscheinlich sogar noch etliche mehr.
    Trotzdem zögerte Elfie. Sie war bisher nie tätig geworden, ohne sich vorher der Unterstützung von Ludwig und ihrem Therapeuten Rüdiger versichert zu haben. Nun, auf Ludwig war offenbar kein Verlass mehr. Er sprach neuerdings sehr undeutlich und änderte seine Meinung wie Martin Ritter die Haarfarbe. Vielleicht wurde er langsam senil. In seinem Alter ließ das Gedächtnis oft nach. Und bis Rüdiger von seinem Trommelkurs bei den Aborigines zurückkam, konnte sie auf keinen Fall warten.
    Sie zuckte zusammen, als ihr Handy klingelte. Schnell holte sie es aus der Handtasche und ging nach draußen, um Trixi nicht zu zu stören. Auf dem Display erschien Paul-Friedrichs Nummer. Doch sie nahm den Anruf nicht an, sondern starrte gedankenverloren vor sich hin, lauschte nur dem immer lauter werdenden Klingelton  – der Melodie »Auf in den Kampf, Torero«.
    Nachdem die letzten Töne verklungen waren, strafftesich Elfie und steckte das Handy in ihre Rocktasche. Sie lächelte zufrieden. Letztlich fügte sich doch wieder alles. Statt Ludwig und Rüdiger hatte nun Paul-Friedrich ihr ein Zeichen gegeben, aktiv zu werden. Deutlicher als mit den Worten des Toreros aus »Carmen« hätte er sich nicht ausdrücken können.
    Auf ihrem Weg zum Chefbüro summte sie beschwingt »Auf in den Kampf …« und sah schon die gefährlich steile Treppe zum Kriechkeller vor ihrem inneren Auge.
    Die Tür stand offen, Carlos saß an seinem Schreibtisch und klebte Beerdigungsfotos in ein Album. Elfie klopfte und trat ein. Enttäuscht stellte sie fest, dass die Chefin nicht da war. Entgegen seiner sonstigen zuvorkommenden Art blieb Carlos sitzen, sah nur wortlos auf und versuchte ein Lächeln, das seine Augen jedoch nicht erreichte.
    »Ich suche Ihre Mutter«, erklärte Elfie. »Sie müsste dringend wegen der Lieferantenrechnungen mit mir in den Kriechkeller gehen.«
    »Da haben Sie Pech«, entgegnete Carlos. »Sie ist vor fünf Minuten gegangen. Ich weiß nicht, wann sie zurückkommt. Sie spricht kaum noch mit mir. Aber ich habe den Schlüssel. Wenn Sie möchten, gehe ich mit Ihnen hinunter.«
    »Nein, danke. Das ist nicht nötig«, wehrte Elfie hastig ab. »Es muss schon Ihre Mutter sein.«
    Vielleicht hatte sie zu viel Nachdruck in ihre Stimme gelegt, denn Carlos sah sie fragend an.
    Deswegen fügte sie schnell hinzu: »Nur sie weiß ja offenbar, was sich alles im Kriechkeller befindet und wo die Unterlagen für die Buchhaltung sind, wenigstens so ungefähr.«
    »Das stimmt. Wahrscheinlich wäre ich Ihnen keine große Hilfe.« Carlos lächelte entschuldigend. »Aber setzen Siesich doch einen Moment, Frau Ruhland. Ich würde gern mit Ihnen über den bedauerlichen Vorfall bei der Trauerfeier Gebhard reden.«
    Eigentlich wollte Elfie dieses Thema lieber nicht mit Carlos diskutieren. Je weniger er von den Machenschaften seiner Mutter wusste, umso besser für ihn. Doch er schien jemanden zu brauchen, dem er sein Herz ausschütten konnte. Also nahm sie auf dem Besuchersessel Platz. Eine Weile herrschte Schweigen.
    Dann begann Carlos

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