Radieschen von unten
in aller Seelenruhe an einem Laternenpfahl erleichterte.
Mit Hund und Köfferchen hastete sie zum Eingang der Halle, blieb dann abrupt stehen, als sie sah, wer da aus einem Taxi stieg. Corinna Rieker, wie immer kühl und frisch wie eine Gurke, angezogen wie ein Model, während sie selbst sich total verschwitzt und zerzaust fühlte.
Am liebsten hätte Alex sich versteckt, um Corinna Rieker nicht zu begegnen, aber dann trat sie die Flucht nach vorn an. Während der Taxifahrer Huberts Kollegin mit einem ausgesprochen freundlichen Lächeln ihren Trolley aus dem Kofferraum reichte, sogar noch den Griff herauszog, damit sie das elegante Teil besser rollen konnte, drückte Alex ihr Huberts Köfferchen in die Hand.
»Wunderbar, dass ich Sie hier treffe, so muss ich Hubert gar nicht erst suchen, um ihm seinen Koffer zu geben.« Alex hörte selbst die falsche Freundlichkeit in ihrer Stimme, kochte dabei innerlich vor Zorn.
Das war ja wohl das Letzte! Hubert mit der Rieker gemeinsam auf dem Weg nach Paris, der Stadt der Liebe. Und alles, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Heute früh hatte sie noch darüber nachgedacht, das Abendessen mit Doktor Prinz abzusagen. Das würde sie jetzt aber in vollen Zügen genießen. Und wer weiß, wie viele Knöpfe sie an ihrer Bluse öffnen würde.
Während Alex diese Gedanken durch den Kopf gingen, hatte Corinna Rieker automatisch nach Huberts Koffer gegriffen und zog jetzt einigermaßen bepackt in Richtung Bahnhofshalle. Am liebsten hätte Alex ihr auch noch die Hundeleine in die Hand gedrückt. Das wär’s doch!
Leider spielte Amadeus nicht mit. Offenbar reizüberflutet durch eine weißlockige Pudeldame rechts vor ihm und einen winzigen ungekämmten Schleifchenhund auf der linken Seite hatte er sich in der Zwischenzeit einige Male umAlex gedreht, so dass sie wie ein verschnürtes Paket dastand und beinahe gefallen wäre. Zum Glück hatte Corinna Rieker das nicht mehr mitbekommen. Aber das war es auch schon mit dem Glück. An der Windschutzscheibe von Alex’ Wagen steckte ein Strafzettel wegen Falschparkens. Es passte doch alles zusammen.
15.
Elfie klappte das Terminbuch so fest zu, dass sie selbst über den lauten Knall erschrak. Auch Trixi zuckte zusammen und sah zu Elfie herüber.
»Sie haben heute aber eine Mordsenergie«, sagte sie augenzwinkernd und wandte sich wieder ihrem Bildschirm zu.
Elfie murmelte eine Entschuldigung.
Endlich hatte sie das letzte Puzzlestück gefunden, nachdem sie sich eine gefühlte Ewigkeit durch unsortierte Unterlagen und unsystematisch geführte Bücher gearbeitet und ein paar Telefonate erledigt hatte.
Sie ging noch einmal ihre Notizen durch. Nein, es gab keinen Zweifel. Am Montag, dem 26. September, hatten Carlos Knörringer und Martin Ritter um 17 Uhr einen Verstorbenen aus dem Marienhospital abgeholt und ihn bei Pietas hergerichtet. Um 20 Uhr wurden sie zu einem Sterbefall im Landkreis gerufen, von wo sie erst gegen Mitternacht zurückkehrten. Beide verfügten also über ein Alibi für die Zeit, in der Josef Wilfert erschlagen wurde.
Ganz anders sah es bei Juliane Knörringer aus. Nach Elfies Recherchen hatte sich diese zwischen 17 und 18 Uhr in der Filiale in der Bamberger Straße aufgehalten und war danach zum Südfriedhof gefahren, um eine Beerdigung vorzubereiten. Wilfert war kurz nach 18 Uhr in der BambergerStraße aufgetaucht. Die Mitarbeiterin, mit der Elfie telefoniert hatte, konnte sich noch gut an den älteren Herrn mit der silbernen Fahrradklammer erinnern, der sehr wütend war und unbedingt die Chefin sprechen wollte. Sie hatte ihn zum Südfriedhof weitergeschickt.
Elfie konnte sich lebhaft vorstellen, wie Wilfert Juliane Knörringer in der Aussegnungshalle zur Rede gestellt und ihr gedroht hatte, ihre Betrügereien aufzudecken. Und dann kam der Kerzenleuchter zum Einsatz, vielleicht sogar aus Notwehr. Immerhin war Wilfert auch bei Carlos schon handgreiflich geworden.
Elfie war erleichtert, dass Carlos unschuldig war. Doch was sollte sie jetzt tun? Eigentlich müsste sie Alex über alles unterrichten. Dann würde die Polizei Juliane Knörringer schnell auf die Schliche kommen und sie verhaften. Das lag jedoch nicht wirklich in Elfies Interesse. Denn sie hatte ja selbst noch ein Hühnchen mit der schikanierenden Chefin zu rupfen. Nachdem sie das Projekt nun einmal – wenn auch nach langem Zögern – begonnen hatte, musste sie es auch ordentlich zu Ende führen.
Verstohlen holte Elfie ihr bordeauxfarbenes Notizbuch aus
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