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Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frida Mey
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»Weinen Sie ruhig. Das befreit.«
    »Wegen Harry weine ich keine Träne mehr. Das habe ich mir geschworen«, sagte Trixi. »Den Gefallen tu ich ihm nicht.«
    Sie putzte sich geräuschvoll die Nase. »Aber ich habe Angst vor ihm. Er wollte mich in sein Auto drängen. Glücklicherweise kam gerade jemand vorbei. Da habe ich mich losgerissen und bin wieder hierhergerannt. Er steht bestimmt noch draußen und wartet auf mich. Aber ich muss unbedingt los. Die Kita schließt in einer halben Stunde. Das schaffe ich kaum noch mit der U-Bahn.«
    Elfie schnürte es vor Empörung die Kehle zu. Was war das für ein Unmensch!
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Das bekommen wir schon hin«, sagte sie mit Nachdruck. »Ich bitte Herrn Knörringer, dass er Sie zur Kita fährt.«
    »Nein, das geht nicht«, wehrte Trixi entsetzt ab. »Wenn mich Harry mit einem Mann sieht, rastet er noch mehr aus. Wer weiß, was dann passiert. Außerdem will ich Carlos da nicht mit hineinziehen.« Dann setzte sie vorsichtig hinzu: »Könnten Sie nicht vielleicht …?«
    »Ja, schon.« Elfie zögerte. »Aber ich muss noch etwas Dringendes erledigen und warte deswegen auf Frau Knörringer. Ich darf sie auf keinen Fall verpassen. Außerdem bin ich heute gar nicht mit dem Auto da.«
    Trixi sah sie enttäuscht an.
    Dann kam Elfie ein reizvoller Gedanke.
    »Ich könnte Herrn Knörringer fragen, ob er uns ein Fahrzeug ausleiht. Bis zur Kita und zurück dauert es nur eine gute halbe Stunde. In der Zeit wird mir die Chefin schon nicht entwischen. Ich bin gleich wieder da.«
    Sie marschierte erneut zum Chefbüro und ging hinein, ohne anzuklopfen.
    Carlos sah erstaunt auf.
    »Wir haben einen Notfall«, erklärte Elfie kurzerhand. »Für Einzelheiten ist jetzt keine Zeit. Auf jeden Fall brauche ich ein Auto, um Trixi schnell zur Kita zu bringen.«
    Carlos sprang auf. »Das kann ich doch übernehmen.«
    »Nein, das ist ausgeschlossen«, beschied ihm Elfie. »Ich muss das tun.«
    Carlos überlegte einen Moment. »Juliane ist mit dem Mercedes unterwegs, der Golf ist in der Werkstatt. Sie müssten mit einem Leichenwagen fahren.«
    Elfie versuchte, sich ihre Freude nicht anmerken zu lassen.
    »Das macht nichts«, sagte sie.
    »Einer steht schon vor der Garage. Den können Sie nehmen.« Carlos gab Elfie die Autoschlüssel.
    »Tausend Dank«, sagte sie und eilte zu Trixi zurück. »Alles klar, es geht los.«
    Trixi stand auf. »Das ist sehr lieb von Ihnen, Frau Ruhland.«
    Elfie zog ihre Jacke an. »Sie warten am Hintereingang. Ich komme mit dem Auto direkt dorthin, damit Sie unbemerkt einsteigen können.«
    Trixi nickte.
    Elfie hastete zur Garage. Davor stand ein elfenbeinfarbener Leichenwagen. Die Fenster im Sargraum waren mit Gardinentafeln in demselben Farbton bespannt. Elfies Herz machte einen Hüpfer vor Freude, weil sie nicht eins der älteren Fahrzeuge, sondern dieses äußerst elegante Modell erwischt hatte.
    Rasch stieg sie ein und ließ den Motor an. Der Wagen machte einen Satz nach vorn und kam ein paar Zentimeter vor dem Garagentor zum Stehen. Elfie schlug das Herz vorAufregung bis zum Hals. Erst jetzt bemerkte sie die Automatikschaltung. Damit war sie noch nie gefahren. Aber so schwer konnte es wohl nicht sein.
    Sie stieg auf die Bremse, drehte erneut den Zündschlüssel um und legte den Rückwärtsgang ein. Vorsichtig manövrierte sie das lange Gefährt bis zur Remise und parkte so, dass die Sicht zur Straße versperrt war.
    Als Trixi die Beifahrertür öffnete, sagte Elfie: »Es ist besser, wenn Sie hinten mitfahren. Dann kann Harry Sie nicht sehen.«
    Elfie stieg aus und öffnete die Hecktüren. Dabei ging automatisch die Beleuchtung an und ließ den Innenraum sanft erstrahlen. Elfie war überwältigt von der schlichten und würdevollen Eleganz. Wände und Boden waren mit hellem Holz vertäfelt. Unzählige LED-Strahler unter dem Dach wirkten wie ein Sternenhimmel über dem Eichensarg.
    »Wie schön!« Elfie konnte sich gar nicht sattsehen. Sie kehrte erst in die Realität zurück, als Trixi sie am Arm stupste.
    »Frau Ruhland, wir müssen los«, drängte sie.
    »Ja, natürlich«, sagte Elfie entschuldigend. »Dann hinein mit Ihnen.«
    »Da ist schon ein Sarg drin«, flüsterte Trixi ehrfurchtsvoll.
    Der Sarg war mittig platziert. An den Seiten blieb nur jeweils ein schmaler Streifen, der zudem auf halber Höhe durch verschiedene Halterungen und Haken eingeschränkt wurde. Elfie musterte diese interessiert. Sicherlich wurden dort die Urnen befestigt und

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