Rächende Geister
Mann.«
Imhotep war mit seiner Geduld am Ende und rief: »Wer ernährt dich? Wer kleidet dich? Wer denkt an die Zukunft? Wer denkt immer an dein Wohlergehen, an euer aller Wohlergehen? Als der Fluss tief stand und Hungersnot uns bedrohte, sorgte ich da nicht dafür, dass euch aus dem Süden Lebensmittel geschickt wurden? Du hast Glück, einen Vater zu haben, der an alles denkt! Und was fordere ich als Entgelt? Nur dass du arbeitest und meine Anweisungen befolgst…«
»Ja«, schrie Sobek, »wir müssen wie Sklaven für dich arbeiten, damit du Gold und Juwelen für dein Weib kaufen kannst!«
Zornerfüllt trat Imhotep auf ihn zu.
»Frecher Knabe, der so zu seinem Vater spricht. Nimm dich in Acht, oder ich dulde dich nicht länger in meinem Hause!«
»Und wenn du dich nicht in Acht nimmst, geh ich freiwillig! Ich habe Einfälle, das sage ich dir, gute Einfälle, die uns Reichtum bringen würden, wenn ich nicht durch kleinliche Vorsicht gebunden wäre, sondern handeln dürfte, wie ich es für richtig halte.«
»Bist du fertig mit deiner Rede?«
Imhoteps Ton klang Unheil verkündend. Sobek, ein wenig ernüchtert, murmelte ärgerlich: »Ja, ja, ich habe nichts mehr zu sagen – vorläufig.«
»Dann geh und sieh nach dem Vieh. Wir haben keine Zeit zum Nichtstun.«
Sobek wandte sich ab und ging wütend davon. Nofret stand in der Nähe, und als er an ihr vorbeikam, blickte sie ihn von der Seite an und lachte. Bei ihrem Lachen schoss Sobek das Blut ins Gesicht; er machte zornig einen Schritt auf sie zu. Sie rührte sich nicht, sah ihn aus halbgeschlossenen Augen an.
Sobek murmelte etwas vor sich hin und setzte seinen Weg fort.
Nofret lachte abermals, dann ging sie langsam auf Imhotep zu, der jetzt mit Yahmose sprach.
»Was ist in dich gefahren, dass du Sobek so töricht hast handeln lassen?«, fragte er gereizt. »Du hättest es verhindern müssen! Weißt du denn nicht, dass er von Kauf und Verkauf nichts versteht? Er glaubt, alles wird nach seinen Wünschen gehen.«
Yahmose antwortete in abbittendem Ton:
»Du bist dir über die Schwierigkeiten nicht im Klaren, Vater. Du sagtest mir, ich solle Sobek beim Holzverkauf vertrauen. Darum war es notwendig, ihm nicht dreinzureden, damit er sein Urteilsvermögen bewies.«
»Er hat gar kein Urteilsvermögen! Er soll tun, was ich befehle, und du hast darauf zu achten, dass er genau das tut.«
Yahmose errötete.
»Aber ich habe keinerlei Vollmacht. Wenn ich dein Teilhaber wäre…«
Er brach ab, als Nofret hinzutrat. Sie gähnte und drehte eine rote Mohnblume in den Händen.
»Willst du nicht zu dem kleinen Pavillon am See kommen, Imhotep? Dort ist es kühl, und es warten deiner Früchte und Keda-Bier. Gewiss hast du inzwischen alle deine Befehle erteilt.«
»Sofort, Nofret, sofort.«
Nofret bat mit weicher, dunkler Stimme: »Komm jetzt. Ich möchte, dass du jetzt kommst…«
Imhotep sah geschmeichelt und ein wenig einfältig aus.
Yahmose sprach schnell, ehe sein Vater etwas sagen konnte: »Lass uns dies erst beenden. Es ist wichtig. Ich möchte dich bitten…«
Nofret drehte Yahmose den Rücken und sagte zu Imhotep: »Kannst du in deinem eigenen Hause nicht tun, was dir beliebt?«
Scharf fuhr Imhotep seinen Sohn an: »Ein andermal, Yahmose, ein andermal.«
Er schritt mit Nofret von dannen, und Yahmose, der auf dem Vorplatz stehen blieb, blickte ihnen nach.
Satipy trat aus dem Haus und gesellte sich zu ihm.
»Nun«, fragte sie eifrig, »hast du mit ihm gesprochen? Was hat er gesagt?«
Yahmose seufzte.
»Sei nicht so ungeduldig, Satipy. Der Augenblick war nicht gerade günstig.«
Sie stieß einen Ruf des Ärgers aus.
»Ach, das ist deine ewige Ausflucht! In Wirklichkeit hast du Angst vor deinem Vater. Du bist furchtsam wie ein Schaf, du begegnest ihm nicht wie ein Mann! Weißt du nicht mehr, was du mir gelobt hast? Am ersten Tag wolltest du mit ihm sprechen. Stattdessen…«
Er fiel milde ein: »Du irrst dich, Satipy. Ich habe mit ihm gesprochen, aber wir wurden unterbrochen.«
»Unterbrochen? Durch wen?«
»Durch Nofret.«
»O dieses Weib! Dein Vater sollte sich durch diese Frau nicht stören lassen, wenn er mit seinem ältesten Sohn spricht! Das hätte er ihr von Anfang an klar machen müssen.«
Yahmose entgegnete trocken: »Er schien darüber nicht ungehalten gewesen zu sein.«
»Es ist eine Schande! Sie hat deinen Vater vollständig verhext. Er lässt sie reden und tun, was ihr beliebt.«
»Sie ist sehr schön«, sagte Yahmose
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