Rächer des Herzens (German Edition)
Diejenigen, die ein gutes Gedächtnis haben, werden sich erinnern, dass die schöne Fürstin und der galante Earl früher einmal mehr als nur gute Bekannte waren …
aus: The Gentlemen’s Athenian Mercury, 3. Juli 1816
Isabella seufzte und legte die Zeitung sorgfältig neben ihren Teller mit dem Frühstückstoast. Sich wieder in den Skandalblättern erwähnt zu sehen, kam für sie kaum unerwartet. Jemand, der den Ball der Duchess of Fordyce besucht hatte, musste erfreut gewesen sein, sich mit der Weitergabe einer so überaus wichtigen Information eine schnelle Guinee zu verdienen. Zu Ernests Zeiten war das immer wieder geschehen. Diesen jetzigen Skandal hatte sie jedoch ganz allein zu verantworten. Was hatte sie nur veranlasst, eine so empörende und dazu noch unwahre Aussage über die amourösen Fähigkeiten des englischen Mannes von sich zu geben? Sie hatte ja nicht einmal die Erfahrung, um ein solches Urteil zu fällen. Wenn sie sich nur nicht vom gemeinen Gerede der Duchess of Plockton zu dieser Aussage hätte hinreißen lassen! Aber deren Bemerkung über ihre Tochter Emma hatte sie so gereizt, dass sie sich in dem Augenblick um Sitte und Anstand nicht scherte. Denn bei diesem Thema war sie immer sehr angreifbar.
„Die Damen und Herren von der Presse“, ließ Belton sich mit Grabesstimme her vernehmen, „haben sich draußen niedergelassen, Durchlaucht. Und Miss Standish ist gekommen.“
„Ich musste durch die Hintertür hineingehen“, murrte Pen und ließ sich auf einen der Rosenholzstühle fallen. Geräuschvoll packte sie einen Stapel Zeitungen neben den Teller ihrer Schwester, sodass die Teller klirrten und Tee auf die Tischdecke schwappte. „Oh, du hast die Zeitungen ja schon gesehen!“
„Was ist nur passiert, dass du eine so schlechte Laune hast?“, fragte Isabella leicht verärgert. „Nach einem Ball kommst du doch sonst nicht schon mit der ersten Morgenpost.“
„Ich wollte dich hiermit bekannt machen.“ Pen deutete auf die Zeitungen. „Aber ich sehe, dass ich zu spät komme. Kann ich etwas Tee bekommen? Den brauche ich jetzt.“
„Aber bitte.“ Isabella legte ihre Toastschnitte mit Honig hin und wischte sich die klebrigen Finger ab. Dann griff sie nach den Zeitungen. „Ich hätte das eigentlich voraussehen müssen.“
„Das sagte ich dir bereits.“ Zur Untermalung ihrer Aussage schwenkte Pen die Teekanne herum. „Du kannst dich ja nicht einmal bewegen, ohne dass irgendein Skandal ausgelöst wird.“ Sie runzelte die Stirn. „Also wirklich, Bella! Wie kannst du dabei nur so ruhig sein? Draußen vor der Haustür hat sich eine große Meute eingefunden!“
„Ich weiß“, antwortete Isabella gleichmütig.
„Der Mercury und der Preceptor schlagen sich um die Klatschspalten“, murrte Pen. „Es ist äußerst ärgerlich.“
„Ärgerlich ist nur, dass es sich um die beiden ordinärsten Klatschblätter handelt“, erwiderte Isabella. Dabei betrachtete sie das erhitzte Gesicht ihrer Schwester mit Sorge. „Du scheinst das alles sehr persönlich zu nehmen, Penelope.“
„ Ich ?“, antwortete Pen erschrocken. „Nein … ja, ich denke, es ist eine Schande.“ Isabella zuckte die Achseln. „Der ganze Wirbel wird sich legen. Es ist immer so.“
„Offenbar bist du daran gewöhnt.“
„Natürlich.“ Isabella sah ihre Schwester mit ihren blauen Augen amüsiert an. „Ernest hat immer die Aufmerksamkeit der Blätter auf sich gezogen.“
Pen stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch und nahm einen großen Schluck Tee, wobei sie ihre Schwester über den Tassenrand lange ansah. „Ja, das verstehe ich“, sagte sie dann. Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Bella, was du gesagt hast, stimmt das?“
Eine Falte erschien auf Isabellas Stirn. „Was habe ich gesagt?“
„Dass Engländer die schlechtesten Liebhaber auf der ganzen Welt sind? Ich hoffe, dass das nicht stimmt. Gestern Abend hatte ich keine Gelegenheit, dich danach zu fragen, da Cousin Marcus so eifrig darauf bedacht war, deine Worte möglichst schnell zu widerlegen!“
Isabella sah ihre Schwester ernst an. „Ich bin entsetzt, dass du so etwas fragst, Penelope!“
Pen lachte. „Mein Interesse ist nur rein theoretischer Natur.“ Sie machte eine leicht wegwerfende Geste. „Ich bin jetzt siebenundzwanzig, Bella. Soll ich so tun, als ob ich diese Seite des Lebens nicht kenne?“
„Wohl nicht“, gab Isabella zu. „Es wäre ziemlich albern.“
Pen sah ihre Schwester erwartungsvoll an. „Also?“
„Ich
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