Rächerin der Engel
worden. Ich bin ja nicht dafür verantwortlich, wenn in der Druckerei etwas schief gelaufen ist. Ich würde Ihnen raten, sich damit abzufinden.«
»Nun ja.« Finnegan wischte sich erneut den Nacken ab. »Jedenfalls werden wir der Sache nachgehen.« Er nickte Bree zu, da er offenbar nicht imstande war, Tully O’Rourkes triumphierendem Blick zu begegnen. »Sie werden von uns hören, Miss Beaufort.« Dann machte er auf dem Absatz kehrt und stolzierte davon.
»Aber ich vertrete Mrs. O’Rourke doch gar nicht«, rief ihm Bree hinterher.
»Natürlich tust du das«, mischte sich Cissy ein. »Das ist ein hiesiges Problem, da brauchst du eine Rechtsvertreterin vor Ort, Tully. Und mir fällt niemand ein, der geeigneter wäre als meine Nichte. Also schreib ihr schnell einen Scheck aus, dann wird sie sich in null Komma nichts um diesen grummeligen alten Finnegan kümmern.«
»Tut mir wirklich sehr leid«, sagte Bree in freundlichem Ton, »aber im Augenblick bin ich gar nicht in der Lage, neue Klienten anzunehmen. Wenn Sie einen Rechtsanwalt vor Ort brauchen, kann ich Ihnen ein paar Namen nennen.«
»Red keinen Unsinn, Bree«, sagte Cissy. »Tully, könntest du meine verrückte Nichte bitte mal zur Vernunft bringen?«
Tully zuckte die Achseln. »Ich könnte hier in Savannah wirklich ein freundliches Gesicht gebrauchen. Ich bin so aufgeregt wegen der Neugründung der Shakespeare Players. Und in diesem Zusammenhang werden unter Garantie alle möglichen rechtlichen Dinge auf mich zukommen, zum Beispiel der Mietvertrag für das Theater und die Verträge der Schauspieler.«
»Dafür bräuchten Sie jemanden, der auf Medienrecht spezialisiert ist«, meinte Bree.
»Die Neugründung wird eine wunderbare Sache für das Publikum sein«, sagte Cissy. »Und eine großartige Chance für Antonia.« Sie lächelte Tully vielsagend an. »Du weißt doch, dass Antonia eine hervorragende Schauspielerin ist. Sie ist meine andere Lieblingsnichte.«
»Ich kann jederzeit dafür sorgen, dass sie vorsprechen darf«, erwiderte Tully mit lächelndem Mund und eisigem Blick. »Natürlich ohne jede Garantie. Haddad ist in puncto künstlerischer Integrität absolut fanatisch. Aber das arme Ding soll zumindest eine Chance bekommen. Nun, was halten Sie davon, Bree?«
Von wegen ohne jede Garantie, überlegte Bree. Tully dachte nicht im Traum daran, Antonia einen Job zu geben. Doch ihre kleine Schwester strahlte wie die Sonne am Mittagshimmel.
Tully legte den Kopf schief und fügte scharfsinnig hinzu: »Ich habe den Eindruck, dass die kleine Kontroverse mit Mr. Finnegan Sie ein wenig verstimmt hat. Ihnen muss doch klar sein, dass der Mann nur auf eine höhere Provision aus ist.«
Brees Zorn regte sich, was nicht gut war. Tullys Hartnäckigkeit überraschte sie in keiner Weise. Sie kannte viele reiche Leute, und selbst die Besten von ihnen hassten es, wenn man sich ihnen widersetzte. Die Schlechtesten glaubten, man könne jeden kaufen, sofern der Preis stimmte, und Tully hatte genau dieses vertraute zynische Glitzern in den Augen. Für sie zu arbeiten würde die Hölle sein, sie rechtlich zu vertreten noch schlimmer.
Aber andererseits war da Antonia, die förmlich vor Hoffnung zitterte.
Lautlos zählte Bree von fünfundzwanzig an rückwärts. Als sie bei elf angelangt war, sagte sie: »Ich kann Ihnen ein paar Rechtsanwälte hier in der Stadt empfehlen, Mrs. O’Rourke.«
»Die so gut sind wie Sie?« Tully schaltete ihren Charme mit der gleichen Leichtigkeit an, mit der sie sich ein Paar Schuhe anzog. Sie hakte sich bei Bree ein. »Wo Cecilia mir doch gerade gesagt hat, dass Sie die Beste sind. Mit dem Zweitbesten gebe ich mich nie zufrieden, Miss Beaufort. Nie. Weißt du was, Cissy? Bring doch heute Nachmittag um zwei Uhr Bree und ihre Schwester mit zu mir. Ich habe ein paar Freunde zum Lunch eingeladen. Haddad wird auch da sein. Sicher würden Sie ihn gern kennenlernen.«
Antonias Augen wurden ganz groß.
»Und Ciaran natürlich ebenfalls.« Sie drückte Brees Arm an sich und fuhr in vertraulichem Ton fort: »Er hat versprochen, festes Mitglied der Savannah Shakespeare Players zu werden. Sir Ciaran Fordham. Der größte Shakespeare-Darsteller unserer Zeit. Sie sind übrigens eine der Ersten, die das erfahren. Also behalten Sie es bitte vorerst für sich, ja? Aber ist das für Savannah nicht eine wahrhaft aufregende Neuigkeit?« Sie trat zurück, während ihr Gesicht einen wehmütigen Ausdruck annahm. »Wenn mein Russ das doch noch erlebt hätte!
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