Rächerin der Engel
»Was ist mit den anderen beiden?« Sie nickte in Richtung Wohnzimmer. Wenn sie zu Hause waren, saßen Miles und Bellum immer wie zwei riesige Tempelhunde links und rechts vom Kamin.
»Die sind noch im Büro«, schwindelte Bree. »Ron hat heute lange zu arbeiten und fühlt sich sicherer, wenn die zwei in der Nähe sind.« In Wirklichkeit wusste sie gar nicht, wo Miles und Bellum geblieben waren. Als sie Tullys Haus verlassen hatte, hatten sie nicht wie gewöhnlich unter dem Fenster auf sie gewartet. Sascha schien auch keine Ahnung zu haben.
Antonia holte das Hühnchen mit Reis aus dem Kühlschrank, tat es in den Napf und vermengte das Ganze mit einem Löffel. Dann setzte sie sich neben Sascha auf den Fußboden, während der Hund sein Dinner zu sich nahm. »Jetzt erzähl mir mal alles, was Anthony gesagt hat«, befahl sie ihrer Schwester. »Von Anfang an.«
»Im Augenblick hat er zwar keine Rolle für dich, aber er braucht eine Hilfsinspizientin.«
»Welche Stücke wollen sie denn in dieser Saison inszenieren?«
»Keine Ahnung.«
»Wenn er auch keine Ahnung hat, woher weiß er dann, dass er keine Rolle für mich hat?«
»Wenn du nicht sofort aufhörst, auf diesem Thema herumzureiten«, sagte Bree in drohendem Ton, »raste ich aus. Ich habe doch gesagt, ich habe keine Ahnung. Jetzt bist du am Zug. Ruf ihn an. Zum x-ten Mal. Bitte ihn um ein Gespräch. Und sag ihm, dass du bereit bist, den Job zu übernehmen. Oder lass es. Ist mir dann auch egal.«
Längere Zeit herrschte in der Küche Schweigen. Antonia stand auf und setzte sich Bree gegenüber an den Tisch. »Tut mir leid«, sagte sie.
»Schon in Ordnung.«
»Aber das alles ist so frustrierend! Niemand gibt mir eine Chance!«
Bree seufzte. »Du hast dir einen harten Beruf ausgesucht, Schwester. Ich helfe dir, so gut ich kann.«
»Und ich bin wie gewöhnlich undankbar und gemein.« Antonia starrte einen Moment ins Leere. Dann stieß sie einen tiefen Seufzer aus. »Jedenfalls danke, dass du mit ihm gesprochen hast. Sein Angebot ist besser als gar nichts.«
»Es ist noch mehr als das«, entgegnete Bree. »Es ist ein ganz entschiedenes Vielleicht.«
Antonia grinste. »Stimmt. Und ein Spatz in der Hand blablabla. Ich werd ihn anrufen. Tully hat dich also angeheuert, um den Mord an ihrem Mann zu untersuchen?«
»Ja.«
»Glaubst du auch, dass er ermordet wurde? Ob das genauso wie bei den anderen zwei Fällen läuft, wo sich herausstellte, dass die Toten Opfer eines Mordes waren?«
»Ich glaub schon«, erwiderte Bree.
»Und heute Morgen warst du bei Dr. Lowry.«
»So ist es.« Bree setzte sich gerade hin. Der Morgen schien ihr schon sehr fern zu sein. »Was hast du dir übrigens dabei gedacht«, fügte sie mit einiger Empörung hinzu, »mir einen Untersuchungstermin beim Bezirkscoroner zu besorgen?«
»Sie ist der Bezirkscoroner?«
»Zumindest eine seiner Assistentinnen«, erklärte Bree. »Sie hat gesagt, das gefalle ihr wesentlich besser, als lebende Patienten zu behandeln.«
»Ist ja nicht wahr.« Antonia kicherte.
»O doch.«
»Wo Tante Cissy die wohl ausgegraben hat?« Antonia brach in schallendes Gelächter aus. »Verstehst du?«
»Klar«, sagte Bree. Ihre kleine Schwester schaffte es immer, sie aufzuheitern. Wenn sie sie nicht gerade in den Wahnsinn trieb. »Wer weiß, wer weiß, woher Cissy sie kennt. Jedenfalls geht es mir gut. Ausgesprochen gut sogar. Offenbar bin ich besser in Form als je zuvor.« Bree spannte die Oberarmmuskeln an. »Extrem reaktionsschnell. Niedriger Blutdruck. Bin die reinste Athletin.«
»Im Ernst?« Antonia streckte den Arm aus und drückte Brees Handgelenk. »Freut mich sehr, Schwester. Offenbar habe ich mir unnötig Sorgen gemacht.«
»Außerdem«, setzte Bree selbstgefällig hinzu, »habe ich ein Date.«
»Ist ja irre! Mit wem denn?« Antonias Augen funkelten. »Mit Tony Haddad?«
»Oh-oh«, sagte Bree. »Ich glaube, ich habe sogar zwei Dates. Hunter hat mich zu einem Basketballspiel eingeladen, Tony zu einem Glas Wein. Wäre wohl besser, wenn ich Tony absagen würde.«
»Kommt gar nicht in Frage! Wenn du mit Tony schläfst, verhilft mir das zu einer Rolle.«
»Ich habe aber nicht die Absicht, mit irgendjemandem zu schlafen. Jedenfalls noch nicht«, erwiderte Bree. »Und so, wie sich dieser Fall gestaltet, habe ich für so was ohnehin keine Zeit.«
»Ach ja, deine Arbeit«, sagte Antonia geringschätzig. »Übrigens hattest du einige Anrufe. Ron lässt ausrichten, er habe sich sachkundig gemacht, wie die
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