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Rächerin der Engel

Rächerin der Engel

Titel: Rächerin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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aufeinander. Sie stand auf, ging zu dem grauen Aktenschrank, schloss die oberste Schublade auf und nahm ein Scheckbuch heraus. Nachdem sie einen Scheck ausgeschrieben hatte, riss sie ihn heraus und warf ihn auf den Schreibtisch. Dann setzte sie sich wieder. Bree nahm den Scheck an sich, der auf eine Bank auf den Cayman-Inseln ausgestellt war. Die Summe betrug fünfzehntausend Dollar. Wahrscheinlich würde der Scheck platzen. Andererseits war es natürlich möglich, dass dieses Auslandskonto dem Zugriff der Finanzaufsichtsbehörde entgangen war.
    Bree tat den Scheck in ihre Aktentasche. »In Ordnung«, sagte sie. »Ich werde mein Möglichstes tun. Zunächst muss ich Ihnen ein paar Fragen stellen. Einige davon werden Ihnen vielleicht ein bisschen abgedreht vorkommen, aber haben Sie bitte Geduld mit mir.«
    Sie würde jede Frage sorgfältig formulieren müssen. Bree hatte nicht die Absicht, den Rest des Nachmittags damit zu verbringen, sich durch einen Wust irrelevanter Details zu wühlen. Deshalb dachte sie eine Weile nach, bevor sie loslegte.
    »Tully, Sie müssen einen zwingenden Grund für die Annahme haben, dass Ihr Mann ermordet wurde.« Tully holte tief Luft, doch Bree hob die Hand. »Moment, ich bin noch nicht fertig. Die Polizei hat seinen Tod sorgfältig untersucht. Die New Yorker Polizei ist eine der besten der Welt. Warum sollten die sich irren?« Bree lächelte Tully an. »Ein einziger Satz genügt.«
    »Sie werden mich für verrückt halten«, gab Tully mürrisch zurück.
    »Na und? Meine Meinung ist Ihnen doch völlig egal, oder?«
    »Stimmt schon.« Tully zuckte die Achseln. »Na gut. Es ist so, dass Russell mich heimsucht.«
    »Okay.«
    Tully zog die Augenbrauen hoch. »Sie glauben mir?«
    »Natürlich.« Bei ihrem ersten Fall hatte Benjamin Skinner seine Finanzmanagerin heimgesucht; bei diesem Fall wurde Eddie Chin heimgesucht.
    Tullys Schultern sackten ein Stück nach unten. »Na, Gott sei Dank, dass mir überhaupt jemand glaubt.«
    Bree warf einen raschen Blick auf den Schreibtisch. »Erscheint er an einem bestimmten Ort?«
    »Er erscheint mir immer im Schlaf und sagt: Sie haben mich kaltgemacht, Tully. Sie haben mich kaltgemacht. Ich hätte dich doch niemals so im Stich gelassen. « Ihre Stimme zitterte, doch ihre Augen blieben trocken. »Deshalb weiß ich es. Russ hat mich nie im Leben angelogen. Jetzt, wo er tot ist, würde er mich erst recht nicht anlügen.«
    »Als ich das letzte Mal in diesem Zimmer war, versuchten Sie …«, Bree suchte nach einem Ausdruck, der sich nicht zu abgeschmackt anhörte, fand aber keinen, »… ihn heraufzubeschwören. Besser kann ich es nicht formulieren.«
    »Das habe ich schon an verschiedenen Orten versucht. Barrie behauptet, man könne die Toten an dem Ort, an dem sie gestorben sind, heraufbeschwören.«
    »Barrie? Sie meinen Lady Fordham?«
    »Ja.« Tully zuckte die Achseln. »Sie wissen ja, wie abergläubisch die Leute vom Theater sind. Zurzeit fährt Barrie ziemlich auf irgendsoeinen ägyptischen Quatsch ab. Letztes Jahr war’s die Kabbala. Wer weiß, was nächstes Jahr kommt. Ist doch alles Unsinn.« Sie brach in Lachen aus. »Ist das nicht eigenartig? Ich bin durch und durch Skeptikerin. Ich glaube vor allem an Geld, was so ungefähr das Konkreteste ist, was man sich vorstellen kann. Trotzdem sitze ich hier und erzähle Ihnen was von Geistern.« Sie erschauderte.
    »Ist es Ihnen denn gelungen, Mr. O’Rourke heraufzubeschwören?«
    »Nein. Barrie ist zwar sehr lieb, aber nicht sonderlich helle. Wir haben es mit etlichen kreuzdämlichen Ritualen versucht. Ohne Erfolg. Da sind nur die Träume, von denen ich Ihnen erzählt habe. Wenn ich schlafe, träume ich von ihm. Und ich bin sicher, dass er es ist. Dass er mich um Hilfe bittet.«
    »Mal sehen, was sich da machen lässt«, sagte Bree. »Können wir jetzt über Verdächtige reden?«
    »Natürlich.« Tully hatte keinerlei nervöse Angewohnheiten. Sie biss sich nicht auf die Unterlippe, zupfte nicht an ihrem Haar herum, trommelte auch nicht ungeduldig mit den Fingern auf den Tisch. Sie hielt sich beim Gehen gerade, saß aufrecht da und gab Befehle wie ein Fünfsternegeneral. Deshalb wirkte sie sehr verletzlich, als sie jetzt die Hände rang. »Er sagt nicht, wer es war«, stellte sie verdrossen fest. »Man würde annehmen, wenn die Toten schon die Möglichkeit haben zurückzukommen, dass sie einem so was dann auch sagen.«
    »Frustrierend«, pflichtete Bree ihr bei. »Das würde mir zweifellos das Leben

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