Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
für
euch alle“, rief Thormir mit leicht erregter Stimme.
„Zum Beispiel?“, fragte eine
tiefe Stimme aus dem Rat.
„Zum Beispiel, dass unsere Vorhut
im Nordosten seit einigen Tagen keine Nachrichten mehr an unser Lager sendet.
Es gibt kein Lebenszeichen mehr von ihr.“
Betroffenheit machte sich unter
den Versammelten breit.
„Keine Nachrichten? Was ist mit
den anderen Kundschaftern?“, fragte Regnir sichtlich überrascht.
„Diese Frage werde ich Euch
beantworten, Meister Regnir.“ Bhelm, der das Zelt erst kurz zuvor betreten
hatte, erhob sich und beanspruchte das Wort für sich.
„Hohe Gemeinde. Ich bringe
weitere schlechte Meldungen aus dem Norden. Vor wenigen Minuten erst bin ich in
unserem Lager eingetroffen. Obwohl ich als Kommandeur unseres Spähtrupps meine
Aufgaben habe, habe ich es für wichtig erachtet, schnellstmöglich zu Euch zu
stoßen, auch, weil Meister Thormir mir schrieb, dass es dieses Mal sehr wichtig
sein würde, dass wir vollzählig zusammentreffen müssten.“ Bhelm atmete tief und
fuhr fort: „Unsere Einheit wurde in einen Hinterhalt gelockt. Von den
ursprünglich zehn Soldaten sind noch lediglich fünf unversehrt, zwei wurden
erschlagen und drei weitere wurden zum Teil schwer verwundet.“
Gharmon fragte misstrauisch:
„Durch wen? Wer tat dies?“
Bhelm erwiderte: „Orks.
Einundzwanzig große Burschen hatten uns in der Dämmerung vor etwa drei Tagen
aufgelauert. Vermutlich dachten sie, dass wir Reisende wären, doch unsere
Klingen haben wohl eine andere Sprache gesprochen.“
Regnir unterbrach Bhelm mit einer
vorsichtigen Frage: „Was ist mit ihnen geschehen?“
„Sie sind tot. Wir haben alle
erwischt. Keiner ist entkommen. Wir hatten zunächst einen Überlebenden, den wir
befragen wollten. Aus dem war aber nichts herauszuholen und die Orksprache ist
ohnehin nur schwer zu verstehen.“
Thormir fragte nun ungeduldig:
„Was ist mit ihm passiert? Mit dem Überlebenden? Warum habt ihr auch ihn
getötet?“
„Dies war nicht unsere Schuld,
Meister Thormir. Der Knabe hatte einen Steckschuss zwischen den Rippen, den wir
zu spät entdeckten. Er hatte vermutlich zuvor den Pfeilschaft abgebrochen. Als
wir ihn an diesem Morgen mit ins Lager bringen wollten, war er bereits
verblutet.“ Bhelm schwieg.
„Zumindest konnte er keine
anderen mehr von unserer Anwesenheit unterrichten“, sagte Thormir nach einer
Weile sichtlich enttäuscht, denn er setzte alles daran, die Gebräuche und
Sprache der Orks in Kenntnis zu bringen. Er war der Ansicht, dass im Wissen
über den Feind der Schlüssel zum Sieg lag, nicht etwa im puren Kampfe. Ein
gefangener Ork wäre ein wahrhaftiger Schatz gewesen, da sie gewöhnlich bis zum
Tod kämpften.
„In der Tat, dies sind schlechte
Nachrichten“, sagte Thormir, mehr zu sich selbst als zu den anderen gewandt.
„Und doch sollen sie den heutigen Tag in einem guten Abend münden lassen.
Ratsmitglieder! Wollen wir so weiterhin der Abschlachtung der Menschen tatenlos
zusehen und einfach darauf hoffen, unentdeckt zu bleiben?“
Ein leichtes Zucken durchging die
Anwesenden. Gharmon saß still, während Regnir Thormirs Worten lauschte.
„Edelmänner! Ich habe bereits vor
Wochen weitaus mehr Kundschafter ausgesandt, als dies den meisten von euch
geläufig sein dürfte.“ Bei diesen Worten raunten nicht wenige der versammelten
Hohen, war es eigentlich Aufgabe des Tribunals, jede Aktion zu genehmigen. Das
eigenmächtige Vorgehen des Magiers, der nun in seiner schwarzen Robe inmitten
des Halbkreises stand, zog den Unmut einer großen Minderheit auf sich. Gewiss
würde Gharmon das ausnutzen wollen. Doch Thormir blieb ruhig. Er hatte seinen
Plan bestens vorbereitet. Mit fester Stimme sprach er weiter:
„Ich habe sie nicht ausgesandt, um
mich etwa zu bereichern. Schon seit Langem liegt mir nichts mehr an
persönlichem Reichtum. Vielmehr entsendete ich sie mit dem Auftrag,
Informationen über die nähere Umgebung zu sammeln. Nach den aktuellen
Neuigkeiten fühle ich mich in meinem Vorgehen bestätigt, auch wenn es den
Traditionen zuwiderlaufen möge. Und wenn es der Rat verlangt, werde ich hier
und jetzt Rechenschaft über meine Taten ablegen. Wer verlangt dies von mir?“
Gebieterisch blickte er die Edelmänner an. Gharmon ergriff das Wort.
„Gewiss wird uns Thormir der
Gnädige über alle seine Machenschaften Rede und Antwort stehen“, spottete er.
„Gleich, welche Täuschung du uns gleich zum Besten geben wirst, so möchte ich
dir raten, deine
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