Rätsel um die alte Villa
— währenddessen schubste Tarzan den Schläger zu einer Bank.
„Bleib’ da sitzen! Rühr’ dich
nicht weg!“
Der Kerl betastete seine
Schulter. Sein Blick war klar, er schien plötzlich ernüchtert. Reue zeigte er
allerdings nicht. Vielmehr stand Haß in seiner Miene, als er Tarzan anstarrte.
„Wir sehen uns wieder, damit du
nicht frierst!“
Tarzan lächelte geringschätzig
und ging zum Schwimmmeister, um dort zu helfen.
„Sieh dich im Dunkeln vor“,
hörte er die giftige Stimme seines Gegners hinter sich. „Aber das wird dir
nichts nützen. Von deinen Zähnen kannst du dich jetzt schon verabschieden.“
„Geht es ihr besser?“ fragte
Tarzan.
Das Mädchen hatte sich
aufgerichtet. Sie zitterte nicht mehr.
„Gebrochen ist das Nasenbein
offenbar nicht“, sagte Herr Mailuft. „Aber ein Zahn wackelt. Unvorstellbar,
diese Roheit. Erstatten Sie Anzeige, mein Fräulein, wegen Körperverletzung!
Diese Brutalität gehört bestraft. Tarzan, sag’ bitte der Kassiererin, sie soll
die Polizei anrufen, daß die einen Streifenwagen herschickt.“
Zehn Minuten später traf er
ein. Zwei Beamte kümmerten sich um die Angelegenheit.
Das Mädchen hieß Marga
Cernikow, war 17 Jahre alt und arbeitete als Frisöse. Sie erzählte, wie rüde
der Blonde sie belästigt hatte. Vorher war sie ihm noch nie begegnet.
Auch Tarzan machte seine
Aussage.
Dann wurden die Personalien des
Blonden festgestellt. Er hieß Otto Galster, war 19 und gehörte als ungelernter
Arbeiter zu einer Schaustellerfamilie, die in der Stadt ansässig war, aber mit
einem Karussell, zwei Schießbuden und einem sogenannten Glückshafen (einer
Losbude) während der Saison im Lande umherzog — von Volksfest zu Volksfest.
„Diese Schaustellerfamilie“,
sagte einer der Polizisten zu Mailuft, „ist uns leider bekannt. Schlägereien
und Eigentumsdelikte gehören bei denen zur Tagesordnung. Ein Glück, daß nicht
alle aus dem Gewerbe so sind.“
Als Tarzan zum Internat zurück
radelte, fühlte er sich bedrückt. Es war schon schlimm, daß bei gewissen Typen
nur ein einziges Mittel wirkte: Gewalt. Das begriffen sie zwar, aber friedlich
wurden sie deshalb noch lange nicht. So würde es wohl immer sein. Aber dabei
handelte es sich eben um jene Menschen, die man nie zu seinen Freunden zählen
würde.
Den Rest des Nachmittags
verbrachte Tarzan mit weiteren Geschichtsstudien, wie er es nannte, über den
Dreißigjährigen Krieg.
Zum Abendessen war Klößchen
noch nicht zurück, und Tarzan setzte sich an einen anderen Tisch, wo
Klassenkameraden aus der 9b wie Raubtiere über die belegten Brote und die
Kakao-Kannen herfielen.
Klößchen kam um acht Uhr und
schien einigermaßen zufrieden. Denn wider Erwarten hatte es bei Onkel Paul
Schokoladentorte gegeben.
„Sie roch ein bißchen nach
Knoblauch“, erzählte Klößchen, „trotzdem habe ich vier Stücke verputzt. Was tut
man nicht alles, um dem Hungertod zu entgehen.“
„Besonders wenn man so
unterernährt ist wie du“, sagte Tarzan.
Natürlich berichtete er von
seinem dramatischen Erlebnis im Hallenbad. Klößchen staunte und meinte, es wäre
schon toll, wenn man so kräftig wie Tarzan und ein so trainierter Judo-Kämpfer
ist.
Pünktlich legten sie sich ins
Bett. Vermutlich stand ihnen morgen ein anstrengender Tag bevor. Beim Umzug der
Viersteins in ihre Villa wollten sie tüchtig mit zugreifen.
6. Tarzan verfolgt Geiergesicht
Strahlender Sonnenschein
begünstigte den Umzugstrubel. Zum Glück war es nicht allzu heiß.
Seit vier Stunden schufteten
sie nun im Grundstück Lindenhofallee Nr. 27: Professor Vierstein, seine Frau,
Karl, Tarzan, Klößchen und Gaby. Sogar Oskar half, indem er im Garten jeden Strauch
beschnüffelte, Amseln auf scheuchte und das Grundstück als sein Gebiet
absteckte. An allen Ecken hob er das Bein — wie das Rüden nun mal tun, überall
auf der Welt.
Ein großer Möbelwagen stand in
der Einfahrt. Schwitzend schleppten vier kräftige Männer Stück um Stück ins
Haus, wobei sie breite Tragegurte aus Leinen benutzten. An denen waren
Stahlhaken, die unter schwere Möbel — wie Schränke — gehakt wurden. Die Gurte
hängte man sich über die Schulter. Dadurch drückte das Gewicht auf die
Wirbelsäule und nicht etwa nur auf die Arme.
Die Jungs und Herr Vierstein
schleppten hauptsächlich Kisten, in denen Bücher und Hausrat verpackt waren.
Frau Vierstein und Gaby trugen Kartons ins Haus und anderes ,leichtes Gepäck’,
wie der Professor scherzhaft sagte.
Der
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